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Im Lande des Mahdi III. Karl May
Читать онлайн.Название Im Lande des Mahdi III
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Karl May
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Zwischen zwei der größten Feuer lagen sie, die unglücklichen Menschen, welche vor kurzer Zeit noch so ruhig, so ahnungslos geschlafen hatten. Sie lagen lang ausgestreckt, in Reihen eng nebeneinander. Die Männer waren von den Frauen und Mädchen, diese wieder von den Kindern getrennt. Zwischen diesen Reihen gingen Wächter auf und ab, mit Peitschen in den Händen. Die Gefangenen waren alle gebunden; wenn sich trotzdem einer von ihnen nur einigermaßen bewegte, bekam er Hiebe, daß, wie ich bei einem deutlich sah, sofort die Haut aufplatzte. Ich wendete mich von dieser Scene ab; Ben Nil und Selim thaten desgleichen.
Ibn Asl stand bei den Kindern. Er befühlte ihre Gliedmaßen, um die Beschaffenheit derselben zu untersuchen. Er hatte uns kommen sehen; er sah auch, daß wir uns abwendeten. Da kam er herbei, deutete auf einige starke Pfähle, welche den Negern zum Anbinden der Schlachtochsen gedient hatten, und befahl:
»Die Hunde wollen nicht sehen, was sie sehen sollen! Bindet sie an die Pfähle, so daß ihre Blicke auf die Neger gerichtet sein müssen, und wenn sie etwa die Augen schließen, so gebt ihnen die Peitsche solange, bis sie dieselben wieder öffnen!«
Dieser Befehl wurde ausgeführt. Man band uns in der Weise an, daß wir die ganze grauenhafte Scene vor uns hatten. Zu meiner Rechten lag das niedergebrannte Dorf. Ich sah zwischen den glimmenden und qualmenden Trümmern zahlreiche Ueberreste halbverkohlter Menschen liegen. Links hielten die Herden, von einer Anzahl Djangeh zusammengehalten und bewacht. Und gerade vor mir lagen die Reihen der Neger, zwischen denen sich die Wächter mit ihren drohenden Peitschen bewegten.
Ibn Asl war zu den Kindern zurückgekehrt. Er setzte seine Untersuchung fort. Diejenigen von ihnen, die er für kräftig genug fand, den weiten Transport auszuhalten, blieben liegen; die andern, die er mit einem verächtlichen Winke seiner Hand bezeichnete, wurden zur Seite getragen und dort niedergeworfen. Noch ahnte ich nicht, was er mit diesen Unglücklichen vornehmen werde. Da sie ihm als unbrauchbar erschienen, so war ich überzeugt, daß er sie ihrer Fesseln entledigen und einfach laufen lassen werde. Aber wie hatte ich mich da geirrt!
Als seine Untersuchung zu Ende war, hörte ich ihn einen Befehl aussprechen, und sogleich eilten mehrere seiner Leute zu den ausgeschiedenen Kindern – die Messer dieser Unmenschen blitzten – ich schrie laut auf und schloß die Augen – mehrere Peitschenhiebe zwangen mich, sie wieder zu öffnen – — als ich dort hinübersah, lebte keines von den Kindern mehr.
Die Mütter und Väter der Ermordeten schrieen und heulten vor Schmerz; sie sträubten sich gegen ihre Fesseln; sie wollten auf, um den Tod ihrer Kinder zu rächen. Die Armen! Man brachte sie durch Peitschenhiebe zum Schweigen, und einige, bei denen dieses Mittel nicht fruchten wollte, wurden einfach erschossen.
Ich fühlte eine Wut in mir, welche gar nicht zu beschreiben ist. Meine Glieder zitterten förmlich, nicht aus Schwäche, sondern infolge des inneren Grimmes. Wie oft hatte ich Ibn Asl und mehrere, ja alle seiner Mitschuldigen geschont! In diesem Augenblicke bereute ich dies auf das bitterste. Ich machte mir die schwersten Vorwürfe und nahm mir fest und heilig vor, nun nicht wieder so schwach und nachsichtig zu sein, falls ich in die Lage kommen Sollte, diesen Massenkindermord zu rächen.
Leider hatte ich noch nicht alles gesehen; es sollte, wenn auch nicht noch schlimmer, aber doch auch nicht besser kommen. Es ging nämlich jetzt an die Untersuchung der Erwachsenen. Dabei wurden die als untauglich erscheinenden gar nicht erst entfernt, sondern an Ort und Stelle getötet. Um nicht aufzubrüllen, preßte ich die Zähne zusammen; aber ich behielt die Augen offen, jetzt nicht aus Furcht vor der Peitsche, sondern ich wollte nun Augenzeuge dieser Schlächterei bis zum letzten Ende derselben sein.
Als sie vorüber war, wurden die Schebahs und Eisenketten gebracht. Die Gefangenen waren bis jetzt nur mit Stricken und Riemen gebunden gewesen; nun aber bekamen sie die Handschellen und Gabeläste angelegt, und es wurde einer immer in der Weise an den andern gefesselt, daß sie alle nur auf der einen Seite liegen konnten und, wenn sie dessen müde waren, sich alle zugleich auf die andere Seite legen mußten. Sie verhielten sich jetzt still; sie sahen ein, daß offener oder auch nur heimlicher Widerstand ihr Schicksal nur verschlimmern konnte.
Als Ibn Asl diese seine Arbeit vollbracht hatte, kam er wieder zu mir, grinste mir höhnisch in das Gesicht und fragte:
»Nun, wie gefällt es dir? Meinst du nicht, daß wir einen guten Fang gethan haben und ausgezeichnete Geschäfte machen werden?«
Ich drückte alle meine Empörung nieder und antwortete, wie ich glaube, im ruhigsten Tone:
»Der Fang ist allerdings ein sehr reichlicher. Ich schätze die Schwarzen, welche du leben ließest, auf wenigstens zweihundert. Laß unterwegs auch den vierten Teil zu Grunde gehen, so sind es doch hundertfünfzig, für welche du Bezahlung bekommst. Dazu die Herden. Ich beneide dich!«
Wäre die Scene eine andere gewesen, so hätte ich im stillen über das Gesicht lachen müssen, welches er mir bei diesen meinen Worten zeigte. Er fuhr förmlich um einige Schritte zurück, staunte mich an und meinte:
»Du beneidest mich? Allah thut Wunder über Wunder! Es muß ganz plötzlich ein anderer Geist in dich gefahren sein.«
»Das ist allerdings der Fall, und ich denke, daß du diesen Geist sehr bald kennen lernen wirst.«
»Willst du etwa auch Sklavenjäger werden?«
»Nein, das nicht. Sklaven suche und mag ich nicht. Es sind nur einige ganz besondere Menschen, welche ich fangen will und hoffentlich auch fangen werde.«
»Wer ist das?«
»Ich könnte es verschweigen, will es dir aber doch sagen, damit du mich nicht für feig oder hoffnungslos hältst. Wen ich fangen will? Zunächst vor allen Dingen dich und sodann deine weißen Asaker.«
Er schlug ein schallendes Gelächter auf und rief:
»Mich und meine weißen Asaker! Warum nicht auch meine schwarzen Soldaten?«
»Weil diese getäuscht, belogen und verführt worden sind. Darum wird die Strafe, die dich und deine Weißen erwartet, nicht auch sie mittreffen.«
Er starrte mir eine ganze Minute lang in das Gesicht, trat dann näher zu mir heran, untersuchte meine Schebah und die Handschellen sehr sorgfältig und sagte, als er diese ganz in Ordnung fand:
»Fast glaubte ich, du habest dich deiner Fesseln schon halb entledigt und seist also der Hoffnung, wieder freizukommen; da ich aber sehe, daß dies nicht der Fall ist, so kann ich nur annehmen, daß du plötzlich verrückt geworden bist.«
»Ich bin vollständig bei Sinnen und weiß ganz genau, was ich sage.«
»So? Nun, ich werde dir jetzt zeigen, wie ich solche – —«
Er hielt inne und betrachtete mich abermals mit stechendem Auge, während ich seinen Blick ruhig aushielt. Er hatte die letzten Worte im zornigsten Tone gesprochen und dabei das Messer aus dem Gürtel gerissen, als ob er es mir in die Brust stoßen wolle. Aber er besann sich eines andern, fletschte mir mit überlegenem Lachen seine Zähne entgegen, steckte das Messer wieder zurück und fuhr fort:
»Doch nein! Mich überrumpelst du nicht! Ich bin klug genug, zu wissen, was du beabsichtigst.«
»Dazu gehört keine besondere Klugheit. Ich beabsichtige, dir meine Meinung, die Wahrheit zu sagen. Das ist alles.«
»O nein! Verstelle dich, so sehr du nur willst, mich täuschest du doch nicht. Du giebst dich verloren; du weißt, daß du meiner Rache hoffnungslos verfallen bist und daß dich Martern erwarten, die noch niemand vor dir erlitten hat. Um diesen Qualen zu entgehen, um leicht und schnell zu sterben, hast du dir vorgenommen, mich zu reizen. Du meinst, daß ich dich im Zorne rasch töten werde; aber da hast du dich verrechnet; ich bin klüger als du denkst. Ich werde dich schonen, bis ich Wagunda auch überfallen und verbrannt habe. Dann befindet sich dein geliebter Freund, der Reis Effendina, auch in meinen Händen, und ich werde euch die Freude bereiten, euch gegenseitig in Schmerzensschreien und Jammertönen überbieten zu können.«
Nun