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Im Lande des Mahdi III. Karl May
Читать онлайн.Название Im Lande des Mahdi III
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Karl May
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Ich kehrte zurück und holte unsere Leute herbei. Sie konnten die Feinde deutlich sehen, denn das Feuer brannte so, daß der Schatten einer Hütte die Stelle, an welcher wir hielten, verdunkelte. Ich wollte dem Reis Effendina meine Ansicht über das, was nun zu geschehen habe, mitteilen, da nahm er mich beim Arme und sagte:
»Komm‘ hier zur Seite, sonst wirst du getroffen!«
Er zog mich bei diesen Worten fort. Ich folgte ihm ahnungslos und fragte:
»Getroffen? Die Kerle können doch gar nicht zum Schusse kommen. Wir fallen plötzlich über sie her und – «
»Effendi,« unterbrach mich Ben Nil, welcher uns nachgehuscht war, »ich muß dir sagen, daß die Feinde erschossen werden sollen, außer dem Mokkadem. Als du vorhin vorangingst, hat der Reis Effendina befohlen, daß – —«
»Schweig‘!« fiel ihm dieser zornig in die Rede. Dann deutete er nach dem Feuer hin und rief, ehe ich es zu verhindern vermochte, seinen Leuten laut zu: »Jetzt gebt Feuer! Schnell!«
Zwanzig Gewehre erhoben sich, und zwanzig Schüsse krachten. Alle, die noch soeben ahnungslos am Feuer saßen, brachen zusammen, nur einen ausgenommen, nämlich den Mokkadem, welcher aufsprang und entsetzt nach uns herüberstarrte.
Ich ahnte, was nun folgen werde, und sprang nicht etwa auf das Feuer zu, um ihn zu ergreifen, sondern links dem Ufer zu, welches, soweit die Savanne reichte, mit Büschen eingefaßt war.
»Was fällt dir ein!« rief mir der Emir nach. »Dort am Feuer steht doch der Kerl. Drauf!«
Er rannte, gefolgt von allen seinen Leuten, auf das Feuer zu. Das gab dem Mokkadem seine Geistesgegenwart zurück. Er wendete sich, um zu fliehen. Wohin? In den Wald, aus dem er die Feinde kommen sah, konnte er natürlich nicht. Hinaus in die Prairie, wo der Mond so hell schien? Das war auch gefährlich. Also gab es nur den einen Weg, zum Wasser hin; nur im Schutze des Ufergesträuches war Rettung zu finden; er sprang dorthin. Das war es, was ich vorhergesehen hatte, weshalb diese Richtung von mir eingeschlagen worden war. Ich war ihm, ohne daß er es beachtet hatte, zuvorgekommen. Eben als er sich zur Flucht wendete, hatte ich schon das Gebüsch erreicht und mich niedergeduckt. Jetzt kam er gerade auf mich zugerannt. Ich richtete mich auf. Er sah mich, prallte zurück und rief:
»O Allah! Der Effendi! Die Hölle verschlinge ihn!«
Er war so erschrocken, daß er gar nicht auf den Gedanken kam, sich einer Waffe zu bedienen; er sah sein Heil auch jetzt nur in der Flucht und machte eine neue Wendung, um in die Savanne hinauszueilen; da faßte ich ihn hüben und drüben bei den Oberarmen und warf ihn den Asakern zu, welche hinter ihm hergeeilt kamen und ihn niederrissen. Was sie dann noch mit ihm thaten, war mir gleichgültig; ich eilte an das Feuer, um nach den dort Liegenden zu sehen. Neun waren tot, einige von ihnen von mehr als einer Kugel getroffen, die übrigen schwer verwundet. Das hatte ich nicht gewollt!
Der Reis Effendina stand fern und beobachtete mich. Ich ging auf ihn zu und fragte ihn in so zornigem Tone, daß ich fast sagen möchte, ich fuhr ihn an:
»War dies notwendig? Warum hast du mir es nicht vorher gesagt? Mußten sie denn ermordet werden?«
»Ermordet? Ich verzeihe dir diese Frage, weil du dich in Aufregung befindest. Konnte ich diese Menschen laufen lassen und ihnen Gelegenheit geben, ihr Handwerk fortzutreiben?«
»Das hätte ich nicht von dir verlangt. Du konntest sie begnadigen und in deinen Dienst nehmen. Du hast ganz dasselbe schon mit ihren Kameraden gethan, welche wir in der Seribah Aliab gefangen nahmen!«
»Ich that das nur auf deine Bitte hin. Wollte ich mich stets und so weiter nach deinen Wünschen richten, so müßte ich alle Sklavenjäger des Sudans zu meinen Asakern machen, und die Folge davon wäre, daß sie mich schließlich zwängen, selbst auch Sklavenjäger zu werden.«
»Davon ist keine Rede. Es handelt sich nur um die zwölf Männer hier.«
»Nur um die Zwölf?! Nur? Nimm die dazu, welche ich in der Seribah Aliab begnadigte, so sind ihrer, denen ich nie trauen könnte, genug, mir meine bisher so zuverlässigen Soldaten nach und nach zu verführen und vollständig zu verderben. Nein. Wehe dem, der wehe thut! Diese Hunde haben den Tod verdient, und ich kenne meine Pflicht. Du hast sie gesehen. Leben noch welche?«
»Noch drei, die so schwer verwundet sind, daß sie unmöglich aufkommen können.«
»Man wird sie erlösen. Komm‘ zu dem Mokkadem! Er wird ganz entzückt darüber sein, dich sobald wiedergesehen zu haben.«
Während ich dieser Aufforderung folgte, winkte er drei seiner Leute zu sich und erteilte ihnen einen Befehl, den ich nicht verstehen konnte. Sie gingen nach dem Feuer. Ich sah nicht hin; aber drei rasch hintereinander fallende Schüsse sagten mir, daß sie den Auftrag erhalten hatten, die drei Verwundeten zu erschießen.
Der Mokkadem war an Händen und Füßen gebunden und an das Feuer geschafft. Dann nahm der Reis Effendina einen Feuerbrand und forderte mich auf, mit ihm das Innere der Tokuls zu untersuchen.
Wir fanden in der ersten Hütte einige Fettlampen, welche wir anzündeten, da der brennende Ast gefährlich war, denn es stand zu erwarten, daß ein Vorrat von Pulver vorhanden sei. Die Hütte gehörte, wie wir später von ihm selbst erfuhren, dem Mokkadem. Da lagen meine, Ben Nils und Selims Waffen. Es fanden sich auch alle andern Gegenstände vor, welche uns abgenommen worden waren. Wir erhielten natürlich alles zurück.
Es versteht sich ganz von Selbst, daß wir alles, was wir außerdem in diesem Tokul und den andern Hütten fanden, für gute Beute erklärten, und zwar sollte dieselbe unter die Bor verteilt werden. Als das der Häuptling derselben hörte, geriet er vor Freude beinahe außer sich und floß von Versicherungen seiner Treue und Ergebenheit geradezu über.
Unser Zweck war erreicht, und wir beschlossen, nun zurückzukehren. Einige Asaker wurden dagelassen, um die Hütten während der Nacht zu bewachen. Am Morgen sollten die Bot die Beute abholen und die Tokuls in Brand stecken.
Die Heimkehr geschah in gerader Fahrt quer über den Maijeh hinüber, so daß wir in kurzer Zeit das Lager erreichten. Dort wurde der Mokkadem so niedergelegt, daß er die noch an dem Baume hängende Leiche seines Sündengenossen nicht sehen konnte. Sein vom Feuer beleuchtetes Gesicht hatte einen sehr ruhigen Ausdruck. Entweder besaß er Beherrschung genug, seine Angst zu verbergen, oder er hatte gar keine Sorge, sondern gab sich der Ueberzeugung hin, daß selbst unter den gegenwärtigen Verhältnissen einem Manne von seiner Stellung nichts Schlimmes geschehen könne. Diese Meinung wurde dadurch bestätigt, daß er, als man sich eine Zeit lang scheinbar nicht um ihn zu kümmern schien, mir in fast befehlendem Tone zurief:
»Soll ich etwa so liegen bleiben? Ich will losgebunden sein!«
Da trat der Emir zu ihm und antwortete:
»Du scheinst mißmutig zu sein? Wohl weil du Langeweile hast! Gut, du sollst Unterhaltung haben. Willst du vielleicht die Gnade haben, mir deine Wünsche mitzuteilen?«
»Spotte nicht, sondern bedenke, wer und was ich bin!« fuhr der Gefangene auf. »Gieb mich frei!«
»Was wirst du dann thun, wenn ich diesem deinem Befehle Gehorsam leiste?«
»In diesem Falle bin ich bereit, euch die Mißhandlung, welche ich erduldet habe, zu verzeihen.«
»Wenn ich dir aber den Willen nicht thue?«
»So erinnere ich dich daran, daß ich Mokkadem der heiligen Kadirine bin und es mich nur ein Wort kostet, dich und euch alle zu verderben.«
»So! Laß uns dieses große Wort doch einmal hören!«
»Effendina, verhöhne nicht den Mann, der so hoch über dir steht! Hunderttausende, die zur Kadirine gehören, sind mir unterthan!«
»Aber ich gehöre nicht zu ihr!«
»Dennoch besitze ich die Macht, dir zu beweisen, wie tief du dich unter mir befindest!«
»Du brauchst dich nicht zu bemühen, o großer Mokkadem, denn ich besitze ganz dieselbe Macht und bin gern bereit, zu zeigen, daß du recht hast. In wenigen Augenblicken werden wir alle tief unter dir stehen, und du