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Im Lande des Mahdi III. Karl May
Читать онлайн.Название Im Lande des Mahdi III
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Автор произведения Karl May
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Er hielt mit beiden Händen die Zügel und nebenbei das Messer in der Rechten. Er ließ es fallen, als ich bei meinen Worten die Arme fester um ihn schlang.
»Halt ein!« stöhnte er, »du zermalmst mir die Brust!«
»Falls du gehorchst, geschieht dir nichts; im ersten Augenblicke des Ungehorsams aber zerquetsche ich dich wie eine faule Frucht. Du hast die Zügel. Lenke den Ochsen mehr nach links!«
Seine Leute waren immer noch so weit zurück, daß ich sie nicht zu beachten brauchte. Meine beiden Begleiter hatten die Savanne durchquert; sie näherten sich, wie ich sah, dem jenseitigen Walde und konnten nicht mehr belästigt werden. Es handelte sich nur noch darum, ihnen zu folgen, und zwar nicht allein; der Muza‘bir mußte mit. Darum zwang ich ihn, nach links einzubiegen, in die Richtung, welche mich zu unserm Boote führte. Ich preßte ihm die Rippen so zusammen, daß er gezwungen war, meinen Befehl auszuführen. Er stöhnte laut unter meinem Griffe, gehorchte aber, ohne ein Wort zu sagen.
Der Ochse stürmte in vollem Laufe über die Prairie dahin und dem Walde zu. Die Sklavenjäger schlugen hinter uns unter der Leitung des Mokkadem dieselbe Richtung ein. Sie schrieen wie besessen, konnten mir aber nun nicht die geringste Sorge mehr machen. Wir hatten beinahe den Wald erreicht, da hob der Muza‘bir das eine Bein, um es auf die andere Seite des Ochsen zu bringen und dadurch vielleicht meiner Umarmung zu entschlüpfen. Ich war keineswegs gewillt, mich damit zu begnügen, daß ich meinen Feinden entkommen war. Hatte ich diesen Menschen einmal in meinen Händen, so sollte er auch in denselben bleiben. Darum ließ ich ihn für einen kurzen Augenblick los, faßte ihn mit der Linken am Halse und schlug ihm die Faust gegen die rechte Schläfe. Er ließ das bereits erhobene Bein wieder sinken und wollte mit dem Oberkörper nach vorn fallen. Ich riß die Zügel aus seinen erschlaffenden Händen und zog mit der andern Hand seinen jetzt wie leblosen Körper wieder an mich.
In diesem Augenblicke hatte ich den Wald erreicht und mußte den Ochsen zügeln. Er gehorchte und schritt langsamer vorwärts. Dennoch war es nicht leicht, mich auf seinem Rücken zu halten, ohne den Muza‘bir fallen oder mich von dem Gezweig abstreifen zu lassen. Später, als die Bäume dichter zusammentraten, sah ich mich gezwungen, abzusteigen. Ich ließ den Ochsen laufen, nahm den Muza‘bir auf die Schulter und eilte der Stelle zu, an welcher ich das Boot wußte.
Es lag noch da. Ben Nil und Selim saßen, meiner ängstlich wartend, darin.
»Hamdulillah!« rief mir der erstere, als er mich sah, entgegen. »Wie gut, daß du kommst! Wir hatten große Sorge um dich, Effendi. Aber wen bringst du da getragen? Das ist – —bei Allah, das ist ja der Muza‘bir!«
»Allerdings! Er wollte uns haben, und da haben wir ihn!«
»Welch ein Glück! Welch ein Streich von dir! Wie hast du das fertig gebracht?«
»Davon später. Jetzt müssen wir rasch fort, denn die Verfolger werden bald da sein.«
»Sie haben unsere Waffen und Sachen. Wollen wir ihnen das lassen?«
»Nur für einstweilen. Jetzt gilt es, von hier fortzukommen.«
»Direkt über den Maijeh?«
»Nein. Sie würden uns sehen und also erfahren, wohin wir uns wenden. Wir rudern immer nahe am Ufer zurück, wo sie uns nicht entdecken können. Sind wir dann unserer Nilpferdfalle gegenüber angekommen, so ist es inzwischen dunkel geworden, daß sie unser Boot nicht mehr sehen können, wenn es quer über den Maijeh geht.«
Ich war während dieses kurzen Wortaustausches in das Boot getreten, hatte den besinnungslosen Muza‘bir niedergelegt und mich dann an das Steuer gesetzt. Die beiden legten sich in die Ruder, und wir flogen, uns so nahe wie möglich an das Ufer haltend, unter den Bäumen dahin. Die Sonne stand schon tief hinter dem jenseitigen Walde, und mußte in einigen Minuten hinter dem Horizonte verschwinden. Wir beeilten uns, bis dahin diejenige Stelle zu erreichen, an welcher wir, der Nilpferdfalle gegenüber, vorhin gelandet waren und vergeblich nach Federwild gesucht hatten. Während die beiden fleißig ruderten, erzählte ich ihnen, auf welche Weise es mir gelungen war, mich des Muza‘bir zu bemächtigen. Als ich diese Mitteilung beendet hatte, sagte Ben Nil:
»Wer hätte das gedacht! Als man uns fortschleppte und von unserm Tode sprach, glaubte ich alles verloren. Und nun ist das Gegenteil geschehen; wir kehren als Sieger zurück, denn wir haben den Muza‘bir gefangen.«
Er war meines Lobes voll; sein Mund floß über. Selim aber verhielt sich schweigend; er sagte kein Wort, sodaß Ben Nil ihm unwillig zurief:
»Und du bist still? Kannst du dem Effendi nicht danken? Ohne ihn hingst du jetzt, gerade wie ich auch, an einem Baume!«
Selim begann nun wieder seine gewöhnlichen Prahlereien; ich gebot ihm aber Schweigen, weil wir an der ins Auge gefaßten Stelle angekommen waren und der Muza‘bir sich zu regen begann. Wir legten an und fesselten den letzteren mit seinem eigenen Gürtel. Er ließ das geschehen, ohne einen Laut von sich zu geben oder nur den leisesten Versuch des Widerstandes zu machen.
Die Schatten des Waldes lagen schon längst auf dem Wasser; jetzt begann es zu dunkeln, und wir stießen nun wieder ab, um den Kiel gerade nach der Nilpferdfalle zu richten, wo das Schiff im Dunkel des Abends lag. In Anbetracht der Feinde, denen wir entkommen waren, war es mir lieb, daß kein Licht auf demselben brannte. Sie hätten es vielleicht doch drüben sehen können.
Der Reis Effendina hatte Posten ausgestellt, befand sich aber bei den Tokuls der Bor. Wir begaben uns dorthin, indem wir den Muza‘bir so fest zwischen uns nahmen, daß es keine Möglichkeit des Entkommens für ihn gab. Wie staunte der Emir, als er ihn sah und von mir hörte, was geschehen war! Man hatte schon ein Feuer angezündet. Er nahm den Gefangenen beim Arme, schob ihn näher zu der Flamme, warf einen finstern, forschenden Blick auf ihn und fuhr ihn dann an:
»Kennst du mich?«
Als der Gefragte nicht antwortete, wiederholte er:
»Weißt du, wer ich bin? Antworte, sonst laß ich dich hauen, daß dir das Fleisch von den Knochen fällt!«
»Du bist der Reis Effendina,« erklang es in trotzigem Tone.
»Ja, der Reis Effendina, der bin ich. Aber weißt du denn auch, was das für dich bedeutet? Als Reis Effendina bin ich dein Richter, und du wirst von mir gehört haben, daß ich nicht zu fackeln pflege.«
»Ich habe dich nicht zu fürchten!«
»Ob du dich vor mir fürchtest oder nicht, das ist deine Sache; die meinige aber ist, den Stab der Gerechtigkeit zu schwingen.«
»Falls du gerecht bist, mußt du mich entlassen. Ich habe dir nichts gethan.«
»Du bist Sklavenjäger!«
»Beweise es mir! Bringe mir einen Sklaven, den ich gefangen habe!«
»Belle nur, Hund; bald wirst du winseln! Hast du nicht diesem Effendi nach dem Leben getrachtet?«
»Er lügt. Und selbst wenn es wahr wäre, müßte er sich nicht an dich, sondern an seinen Konsul wenden.«
»Du irrst. Du bist Unterthan des Vizekönigs, an dessen Stelle ich hier vor dir stehe. Deine Missethaten sind mir alle bekannt. Der Effendi hatte sehr oft Nachsicht mit euch; ich aber wußte, daß du in dem Augenblicke, an welchem ich dich fassen würde, verloren seist. Jetzt habe ich dich, folglich ist es aus mit dir.«
»Bringe mir Beweise! Was andere sagen, geht mich nichts an. Ich kann Zeugen dafür bringen, daß ich nichts gethan habe und fälschlicherweise angeschuldigt werde.«
»Ich will mich durch deine Worte nicht erzürnen lassen, weil du in meinen Augen bereits eine Leiche bist und ich mich über einen Toten unmöglich ärgern kann. Deine Zeugen gelten nichts; ich glaube denen, die deine Ankläger sind. Mein Gesetzbuch ist dasjenige der Wüste: Gleiches mit Gleichem. Wehe dem, der wehe thut! Aziz, bringe einen Strick!«
Aziz war bekanntlich der Liebling und Urteilsvollstrecker des Reis Effendina. Er ging in einen Tokul, um den verlangten Strick zu holen. Als er ihn brachte, rief der Muza‘bir aus:
»Effendina, willst du etwa Ernst machen?