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Die Regulatoren in Arkansas. Friedrich Gerstacker
Читать онлайн.Название Die Regulatoren in Arkansas
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Friedrich Gerstacker
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
»Ja, ‹s wird spät«, sagte Roberts, der vor die Tür getreten war und nach den Sternen sah, »es muß schon zehn Uhr vorbei sein.«
»Nur noch einen Augenblick!« wandte Harper mit schon etwas schwerer Zunge ein; »da wir gerade von Liebe sprechen, so fällt mir da eine Geschichte von meinem Bruder ein, wie er noch ein junger Bursche war. Den hättet Ihr kennen sollen – ein verfluchter Kerl; achtzehn Jahre alt, und schon drei Mädchen die Ehe versprochen. Kommt auch in Philadelphia zu einem Quäker, und das ist sonderbarerweise gerade der Bruder des einen Mädchens. Der erkennt ihn, ist aber ganz freundlich und lädt ihn ein, bei ihm zu Tische zu bleiben; doch nach dem Essen steht er auf, schützt einige Geschäfte vor und verläßt das Haus, um die Constabler zu holen und meinen Bruder einstecken zu lassen. Was meint Ihr aber, was er fand, als er wieder nach Hause kam?«
»Nun, Euer Bruder hatte sich wahrscheinlich aus dem Staube gemacht!«
»Ja – aber nicht allein, er war mit des Quäkers Frau durchgegangen.«
»Nee, kann der Mensch lügen!« flüsterte Bahrens heimlich Curtis zu, der neben ihm stand.
»Also zu Bett jetzt! Wo werden wir denn schlafen, Bahrens?«
»Ja, das müssen wir einteilen. Drei Betten sind nur da, eins müssen die Mädchen behalten, eins ich und meine Alte, und das dritte sollte dann wohl den Ältesten bleiben, also Roberts und Mr. Harper – Mr. Harper wird nach all den Geschichten recht gut schlafen —, und die anderen drei Gentlemen, Curtis, Mr. Hartford und Assowaum, nun für die finden sich Felle genug. So, das ist brav, Betsy, mach ihnen das Lager zurecht, und morgen brechen wir mit dem frühesten auf.«
Assowaum, der den ganzen Abend keine Silbe gesagt, sich bei den Erzählungen der beiden Männer aber sehr amüsiert zu haben schien und dem Whisky später keineswegs unbedeutend zugesprochen hatte, rollte sich jetzt ebenfalls in seine Decke. Als er aber nach dem Platz, wo er sich niederlegen wollte, ging und dicht an der Kaminecke, nahe beim Feuer vorbeikam, stolperte er und wäre beinahe gefallen.
»Hallo, Indianer!« sagte Harper lachend, »hast du zuviel Whisky im Kopf? Das ist nicht gut.«
»Ist nicht gut, von irgend etwas zuviel«, sagte der Befiederte Pfeil, indem er sich lang ausstreckte, und einen dort liegenden Klotz unter seinen Kopf schob. »Zuviel Whisky aber ist gerade genug!« Und mit dieser philosophischen Bemerkung legte er sich auf die Seite und war auch schon in wenigen Minuten eingeschlafen.
»Gebt Ihr irgendeiner besonderen Stelle des Bettes den Vorzug, Roberts?« fragte Harper, als sie sich entkleidet hatten.
»Nein«, sagte dieser in aller Unschuld.
»Nun, dann mögt Ihr Euch drunter legen«, meinte Harper lachend, indem er unter die darauf ausgebreiteten gegerbten Hirschhäute kroch.
Roberts schien aber doch mit dieser Stelle nicht ganz einverstanden, denn er lag bald an Harpers Seite, und in kurzer Zeit war weiter nichts als das leise Knistern des Feuers und das tiefe, regelmäßige Atmen der Schlafenden zu hören.
Die Nacht ging ruhig und ungestört vorüber; einmal ausgenommen, als Curtis aufsprang und mit wildem Fluchen sämtliche Hunde hinaustrieb. Diese hatten sich nämlich, einer nach dem andern, hereingeschlichen und sich auf und neben die am Boden ausgestreckten Jäger gelagert.
8. Ein Morgen in der Blockhütte – Die Blutspuren – Assowaum taucht nach dem Toten
Auf den dichtbelaubten Pfirsichbäumen, die das Blockhaus umstanden, krähten die Hähne und verkündeten den nahenden Morgen, draußen im Walde antworteten die wilden Welschhühner, und im Osten begannen die Sterne zu erbleichen. Da erhoben sich in der Hütte die drei Frauen, Mrs. Bahrens mit ihren beiden Töchtern, vom Lager, um sich in dem Raum, den sie mit so vielen Fremden teilen mußten, anzukleiden, ehe es heller wurde. Vorsichtig schritten sie dann über die am Feuer Lagernden hinweg und bliesen die verglimmende Glut wieder zu lebendigerem Feuer an. Bald loderte auch, von hellflackernden Kienspänen genährt, eine wärmende Flamme empor, die große blecherne Kaffeekanne wurde auf Holzscheite gestellt und schnell angerührter Brotteig flach geschlagen und auf eiserne Deckel vor die Glut gestellt.
»Ich hab’ es dem Vater nun wohl fünfzigmal gesagt«, brummte die Frau, als sie die gebrannten Kaffeebohnen in einen Blechbecher tat und auf dem Herdstein mit dem Griff des Tomahawks zerstieß, »er sollte mir von Morrisons Bluff oder Little Rock eine Kaffeemühle mitbringen, aber nein – Gott bewahre. An seine Jagdgerätschaften denkt er, doch wenn’s einmal etwas für mich ist, da kann ich’s wer weiß wie viele Male sagen. Gestern war er wieder drüben im Laden, den Whiskykrug, den vergaß er nicht, o nein – aber die Kaffeemühle…«
»Brumme nicht, Alte!« rief Bahrens aus dem Bett herüber, »nicht räsonieren!« —
»Ach, es ist wahr!«
»Nein, es ist nicht wahr – greif einmal dort in die Ecke, wo das Salzfäßchen steht – mehr rechts – so – wie heißt das Ding?«
»Ei, meiner Seele eine Kaffeemühle, und da läßt du mich hier in einem fort stoßen!«
»Wenn ich die Augen zu habe, kann ich doch wohl nicht sehen, was du machst?«
»Hört einmal, Roberts«, sagte Harper jetzt und setzte sich im Bett auf, »mit Euch zu schlafen ist wahrhaftig eine Kunst – Ihr seid gar nicht unverschämt.«
»Nun, Ihr werdet mir doch wohl die Hälfte vom Bett zugestehen!« murmelte Roberts, noch halb schlaftrunken.
»Allerdings«, erwiderte Harper, »aber nicht aus der Mitte heraus, daß ich an beiden Seiten liegen muß, um mein Teil zu haben – das ist gegen alles Völkerrecht.«
»Allons, Boys – get up! get up!« rief nun der alte Bahrens, der an den Kamin getreten war und die Whiskyflasche hoch emporhielt. »Hier ist ein Magenstärker – wer will sein Bitteres?«
Das tat seine Wirkung, alles sprang auf die Füße, nur der Yankeekrämer lag noch und schnarchte, als ob im ganzen Haus Totenstille herrschte. Curtis bearbeitete seine Rippen lange vergebens und behauptete zuletzt fluchend, der Bursche sei so lang, daß man ihn nur stückweise wecken könne. Als die Sonne ihre ersten Strahlen durch die feurig erglühenden Baumwipfel sandte, saßen die Männer um den Frühstückstisch herum, während die Mädchen draußen die Pferde fütterten und Schweine und Hühner von den Trögen scheuchten.
»Aber sagt einmal, Bahrens«, fragte Roberts während der Mahlzeit, »was wird denn jetzt aus unserer Schweinejagd? Wenn wir dem Mord nachspüren wollen, müssen wir die Schweine laufen lassen, und da wird meine Alte schön brummen.«
»Nun, Ihr könnt ja ein andermal wieder herüberkommen; überdies glaub’ ich, daß wir sie ziemlich alle, die natürlich ausgenommen, die von den Bären gefressen sind, etwa zwei Meilen weiter den Fluß hinunter antreffen werden. Ich habe vorgestern eine Menge mit Eurem Zeichen bemerkt, und apropos – auch die Sau, die Eurem Vater gehört, Curtis, der der Bär das Stück Fett aus dem Nacken gebissen hat.«
»Was, die lebt noch?«
»Ja, und hat elf allerliebste Ferkel bei sich.«
»Den Teufel auch!« rief Curtis. »Hört, Bahrens, haltet reinen Mund darüber. Ich sprach noch vorgestern mit dem Alten über die Sau, und er hält sie für tot. Die kauf’ ich ihm ab, ’wie sie im Walde läuft‹, das heißt, auf Finden und Nichtfinden. Für einen Silberdollar bekomme ich sie, und dann treib’ ich sie heim.«
»Auch nicht übel!« Harper lachte, »jetzt will der seinen eigenen Vater betrügen.«
»Das ist doch kein Betrug!« verteidigte ihn der Krämer. »Wer auf ehrliche Weise einen Dollar verdienen kann, betrügt niemanden. Sein Vater ist ja nicht verpflichtet, ihm die Sau zu verkaufen.«
»Das wäre auch das letzte, was ein Yankee verdammen würde«, sagte Bahrens, der ruhig zugehört hatte. »Aber jetzt fort, Boys – die Sonne ist auf, und wir dürfen keine Zeit verlieren. Ist es wirklich ein Mord, der da verübt