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taten nun die einzelnen Staaten?« fuhr er darauf fort. »Pennsylvania, Delaware, New York und New Jersey folgten bald dem Beispiel der Neu-England-Staaten und schafften die Sklaverei ab. Von diesen zehn Staaten wurden bekanntlich die westlichen Territorien von Ohio, Indiana und Illinois bevölkert, in denen daher gleichfalls keine Sklaverei besteht. Michigan, das in wenigen Jahren in die Reihe als Staat eintreten wird, 1837 (also ein Jahr nach der Erstveröffentlichung dieses Romans) erfolgte die Aufnahme Michigans in die USA. hat ebenfalls keine, so daß die Mehrzahl der Vereinigten Staaten die ihnen aufgedrungene Sklaverei aufgehoben hat. Unfehlbar werden Maryland, Virginia und Kentucky diesem Beispiel bald folgen. Auf diese Art behandeln wir ein ohne unsere Schuld eingewurzeltes Übel und beseitigen es allmählich. Keiner von uns verhehlt sich, daß es unheilbringend auf unser bürgerliches Leben einwirkt und eine Radikalkur notwendig ist. Allein daß diese nur langsam vor sich gehen kann, wird niemand bestreiten, der nur einigermaßen Einsicht hat.«

      »Jawohl, jawohl!« stimmte d‘Ermonvalle zu.

      »In Europa haben sie mehr als zwölf Jahrhunderte gebraucht, ihre weißen Sklaven zu emanzipieren, und sind noch nicht am Ziel«, sprach Richard weiter. »Und diese Leibeigenen sind die Nachkommen von Menschen, die durch Ihre Vorfahren ihrer Freiheit, ihres Eigentums und ihrer bürgerlichen Rechte beraubt wurden, denen Sie also Ersatz schuldig waren. Bei uns ist der Fall anders. Um ihn nur einigermaßen zu würdigen, müssen Sie in Anschlag bringen, daß Großbritannien auf seine 24 Millionen Einwohner und seine 120 Millionen auswärtiger Untertanen nicht viel mehr als 800+000 Sklaven in seinen westindischen Besitzungen hat, Frankreich auf seine 32 Millionen Einwohner nicht 300+000 auf Martinique und seinen übrigen Inseln. Beide Regierungen dürften heute ihre Sklaven loskaufen oder freigeben, ohne daß ihren Völkern daraus ein sehr großer Nachteil erwachsen könnte. Sie sind zudem Tausende von Meilen von ihnen und kommen in keine Berührung. Aber bei uns ist es anders. Wir haben nahe an zweieinhalb Millionen Sklaven auf eine Bevölkerung von vier Millionen und wenn Sie die ganze Union nehmen, von 15 Millionen. Denken Sie sich in irgendeinem europäischen Reich einer Bevölkerung von 17 Millionen solch eine Masse fremden Blutes als Sklaven aufgedrungen! Könnten Sie diese so geradezu losgeben, sie heraufziehen zu sich, in bürgerliche Rechte einsetzen?«

      »Und warum nicht?« fiel Vergennes ein.

      Ein mitleidiges Lächeln auf allen Gesichtern war die Antwort.

      »Sie kennen diese Rasse nicht, Monsieur Vergennes! Lernen Sie sie in der Wirklichkeit kennen, dann werden Sie anders reden.«

      »Mag sein, Mister Moreland! Aber geben Sie mir auch zu, daß das Vorurteil Ihrer Mitbürger unbezwingbar ist. Selbst diese Emanzipation in den nördlichen Staaten! Nennen Sie das Emanzipation, wo der Farbige bloß dem Namen nach frei ist, aber nie in die Schranken mit Weißen treten darf, weder in bürgerliche, noch in politische? Wo er zum Betteln oder Dienen verdammt ist? Ihm ein unauslöschlicher Makel anklebt, selbst wenn er aufgehört hat, schwarz oder farbig zu sein, und so weiß geworden ist wie Sie oder ich? Weist sein Stammbaum auch nur einen Tropfen schwarzen Blutes nach, so ist er gebrandmarkt, darf an keiner Tafel, in keinem Theater, keiner Kirche erscheinen! Nennen Sie das Freiheit?«

      »Wer Ihnen das gesagt hat, hat Sie übel berichtet«, entgegnete Richard etwas frostig. »Gehen Sie in unsere Kirchen: auch am Tisch des Herrn werden Sie Schwarze und Weiße gemeinschaftlich sehen. Was aber Tafel und Theater betrifft, so finde ich nur natürlich, daß wir zu unseren Tafel- und Theaternachbarn solche nehmen, die uns gleich sind. Wenn Sie das Vorurteil nennen, dann muß ich nur sagen, daß wir es mit allen Völkern teilen. Ich habe von keinem zivilisierten Volk gehört, wo der unehelich Geborene — mit Ausnahme besonderer Fälle — auf gleiche Behandlung, gleiche bürgerliche Rechte mit ehelich Erzeugten Anspruch machen könnte.«

      Diese nicht ohne Selbstgerechtigkeit gesprochenen Worte brachten Vergennes nur noch mehr auf.

      »Nennen Sie das Freiheit? Entspricht das vielleicht dem Prinzip Ihrer Unabhängigkeitserklärung, daß alle Menschen frei geboren seien?«

      »Allerdings!« antwortete Richard. »Wir haben das Prinzip aufgestellt und konsequent durchgeführt, davon bin ich überzeugt. Wir wenden es eben jetzt auf Sie an, so wie auf jeden Fremden, er mag Deutscher, Franzose, Irländer oder Brite sein. Alle finden sie sich bei uns als freie Menschen behandelt. Wenn aber die freigelassenen Schwarzen es nicht so ganz sind, dann glauben Sie mir, muß die Schuld die ihrige, nicht die unsrige sein. Wenn unsere Mitbürger ein Vorurteil gegen die Farbigen haben, dann seien Sie versichert, daß dafür Gründe vorhanden sind ...«

      »Gründe? Gründe?« unterbrach ihn Vergennes. »Sie erklären ja selbst die Ehe mit Farbigen für ungültig, die öffentliche Meinung verdammt sie.«

      »Aber Sie werden doch nicht wollen, daß eine ganze bürgerliche Gesellschaft sich selbst das Schandmal aufdrückt, indem sie die Ehe mit einer so bedeutenden Masse von Mischlingen unehelicher Abstammung sanktioniert?«

      Doch diese Worte Morelands wurden bereits von allen Seiten überschrien.

      »Wollen Sie, daß unsere Mitbürger Farbige zu ihren Frauen nehmen?« rief Mistreß Houston.

      »Warum nicht?«

      Ein Schrei des Entsetzens brach von allen Lippen.

      »Der junge Mann hat schauderhafte Ansichten!« empörte sich die Maman.

      »Schamlos!« entrüstete sich Mistreß Houston. »Kommen Sie, meine Damen, so etwas kann man nicht mit anhören! Bürgerinnen in die gleiche Waagschale mit solchen Geschöpfen zu werfen!«

      »Abscheulich!« riefen Luise und Julie.

      »Horrible!« stimmten Menou und Genièvre bei.

      Der junge Mann stand und schaute umher wie ein Kind, das unvorsichtigerweise ein Loch in den Erddamm eines reißenden Stroms gegraben und nun das Wasser plötzlich rauschen, stärker und stärker brausen hört und auf einmal den Damm selbst krachend weichen und von der Wogenflut fortgerissen sieht. Er wandte sich links und wieder rechts.

      »Aber, mein Gott!« fragte er endlich. »Was hab‘ ich denn so Böses gesagt?«

      »Monsieur Vergennes«, nahm der Chevalier d‘Ecars kopfschüttelnd das Wort, »wenn Sie das sittliche Gefühl unserer Damen noch öfters auf diese harte Probe zu stellen sich gelüsten sollten, dann stehe ich Ihnen nicht dafür, daß Ihnen nicht bald überall die Tür gewiesen wird.«

      »Wirklich horrible!« rief Meurdon, der bisher noch kein Wort gesprochen hatte.

      »Abominable!« ließ Demoiselle Genièvre noch in der Tür hören.

      Sie und die anderen Damen nahmen Reißaus.

      »Wissen Sie denn auch, wer und was diese Farbigen sind?« schrie Lassalle.

      »Sie sind Menschen!« erwiderte Vergennes hitzig. »Wenigstens zu einem Fünftel!« fiel Meurdon ein.

      »Wissen Sie, daß Sie unseren Damen einen wirklichen Schimpf antaten, sie auf gleiche Stufe mit den Farbigen zu stellen?« fragte Lassalle.

      »Schimpf?« Vergennes war naiv verwundert. »Nennen Sie das einen Schimpf antun, wenn man die Rechte einer gedrückten Menschenklasse verteidigt?«

      »Gedrückt? Gedrückt?« versetzte Hauterouge. »Hier ist nicht vom Druck die Rede, hier ist von Menschen die Rede, die sich durch ein fortgesetztes Laster, durch ungesetzliche Vermischung in die weiße Rasse eingestohlen haben! Und diese wollen Sie auf gleiche Stufe mit sittsamen Töchtern und Frauen stellen!«

      »Sobald Sie diese Sprößlinge ungezügelter Leidenschaften den übrigen Bürgerinnen gleichstellen, stoßen Sie das Grundprinzip der Ehe um!« schrie Lassalle.

      »Ungeregelte Leidenschaften führen zum Verderben, sind ansteckend durch ihre Berührung«, erklärte Hauterouge.

      Der Aufruhr wurde immer heftiger.

      »Messieurs, Messieurs!« rief da der Graf de Vignerolles mit seiner hellen, klaren Stimme. »Messieurs, hören Sie, was Amadée sagt!«

      Und seltsam, das babylonische Stimmengewirr legte sich. Alle wandten sich, um zu hören,

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