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und leise an die Tür klopfte.

      »Que es eso? — Wer ist da?« fragte eine rauhe, kreischende Stimme.

      »Don Henriquez!«

      Nach einer Weile wurde die Tür aufgetan.

      »Ave Maria purisima!« sprach unser Führer.

      »Sin pecado concebeda!« antwortete der Öffnende.

      Beide verschwanden im Haus, die Tür schlug hinter ihnen zu. Wir standen einige Minuten, unsere Blicke auf die Haustür gerichtet. Sie wurde abermals geöffnet, unser Führer erschien und winkte uns herein. Er schritt vor uns her und führte uns in ein mäßig großes, aber unglaublich schmutziges Zimmer.

      Hinter einem Tisch, auf dem Schnürleibchen, Mosqueros, Fliegenwedel, alte Beinkleider, Gläser mit Überresten von Ananaspunsch, Strumpfbänder und derlei Sachen herumlagen, saß auf einem hochlehnigen Sessel die Person, der wir von unserem Führer mit einem tiefen Bückling vorgestellt wurden. Der Mann trug kurze, auf dem Knie offene Beinkleider, aber keine Strümpfe. Einer der Füße steckte in einem alten Pantoffel, der andere war bloß. Über dem Hemd hatte er einen schwarzen Rock, auf dem Kopf einen dreieckigen Hut, um den Leib einen Degen gegürtet. Das war Seine Herrlichkeit der Vize-Gobernador, die greulichste Affenfratze, die mir je im Leben begegnet ist.

      »Señor Conde de Manzanares?« redete er Vignerolles an.

      Dieser verbeugte sich und überreichte ihm mit einigen höflichen Redensarten unsere Pergamente. Der Senor warf nochmals einen amtlichen Blick auf uns und winkte dann Henriquez. Der brachte ihm die Brille, die Seine Herrlichkeit würdevoll auf der Nase befestigte. Darauf überlas er die Dokumente. Das dauerte ungefähr fünf Minuten. Dann erhob er sich und streifte, ohne ein Wort weiter zu sagen, mit seiner Rechten die Dinge auf dem Tisch mit Ausnahme des Punschnapfes und der Gläser hinweg, daß sie auf die Erde fielen. Dann setzte er sich wieder.

      »Por todos los Demonios! — Bei allen Teufeln!« schrie dieselbe rauh kreischende Stimme, die wir vor unserem Eintritt bereits gehört hatten.

      Eine Glastür zu einem anstoßenden Zimmer flog auf, und heraus eine Gestalt, die uns um ein Haar aus der Fassung gebracht hätte. Unser Señor schien ein wenig verblüfft über diese unvorhergesehene Erscheinung, aber nur ein wenig, obwohl er vollwichtigen Grund gehabt hätte, es mehr zu sein. Denn die Schöne, die so formlos hereinsprang, war eine Mulattin und im bloßen Hemd, übrigens noch jung und sehr wohlgenährt.

      »Caramba!« schrie sie stärker. »Que quiere decir eso? El viejo no vale! — Was soll das heißen? Der Alte hat seinen Verstand verloren!«

      »Que es este? — Was gibt‘s?« fragte Seine Herrlichkeit, der Vize-Gobernador und nahm mit unvergleichlich kastilianischem Phlegma eine Prise.

      »Que es este?« erwiderte sie höchst erbittert. »Que es este? En verdad, el bobo viejo no vale ... — Was es gibt? Wahrhaftig, der alte Geck ist nicht ganz gesund...«

      Sie bückte sich, um die Hemden, Schnürleibchen, Mosqueros von den Matten aufzuraffen, und nahm dann keinen Anstand, sich so, wie sie war, an Henriquez zu wenden.

      »Ah, cara mio, como estemos? Que hay de nuevo? Extranjeros? — Ah, mein Lieber, wie geht‘s? Was gibt‘s Neues? Fremde?«

      Sie überflog uns mit neugierigen Blicken.

      »Seas decente!« sprachen Seine Herrlichkeit mit demselben Phlegma und nahmen eine zweite Prise. »Seas decente, y menda por un padre, y trae un puerco, en donde echar el demonio! — Sei anständig! Und schick nach einem Padre und laß ein Schwein bringen, damit er den Teufel aus dir dahinein treibt!«

      Mit diesen Worten erhob er sich würdevoll und ging auf sie zu. Sie stieß jedoch die Hand, mit der er die ihre ergreifen wollte, zurück und verschwand lachend mit dem Ausruf »Gasta calzones — er macht den Hosen Schande!« hinter der Glastür.

      Wir standen, ohne eine Miene zu verziehen, und hielten den scharfen Rattenblick des alten Lüstlings ruhig aus. Und richtig! Ohne ein Wort zu sagen, setzte er sich abermals. Henriquez zog aus seiner Rocktasche Feder und ein Tintenfäßchen hervor. Der Alte unterschrieb die Dokumente und wies Henriquez an, das Staatssiegel beizudrücken. Mit einem »Buen viaje — gute Reise!« entließ er uns.

      Die Tür schloß sich hinter uns. Erst jetzt durften wir über die ungemein groteske Erscheinung des zweiten Stellvertreters des spanischen Königs in den Provinzen Louisiana und Westflorida, des bekannten Vidal, lachen. Aber das Lachen verging uns. Es lag etwas zu Unnatürliches in diesem gräßlichen Zerrbild des Lasters. Durch seine grenzenlose Raubsucht und Schamlosigkeit hat Vidal der sonst humanen Verwaltung Spaniens einen garstigen Schandfleck aufgedrückt.

      Wie getrieben vom Pestengel, eilten wir unserer Schenke zu, nur des einen Gedankens mächtig, so schnell wie möglich aus dieser jammervollen Hauptstadt zu entkommen.

      Wir waren kaum wieder bei unseren Freunden, als wir ihnen unseren Entschluß mitteilten, sogleich in die Attacapas zu fahren. Alle waren damit zufrieden, und unsere Abreise wurde auf den folgenden Morgen mit Tagesanbruch festgesetzt. Pajol erhielt die Weisung, mit Balot in Verhandlungen zu treten.

      Pajol jedoch schüttelte den Kopf und erklärte uns, er wolle mit unserer Abreise nichts zu tun haben. Wir täten besser, unsere Empfehlungsbriefe abzusenden und die Antworten abzuwarten. Die Antworten konnten aber vor einigen Tagen nicht eintreffen, und jede Stunde unseres Bleibens mußte uns, die wir das Klima nicht gewöhnt waren, in größere Gefahr bringen. Wir machten Pajol darauf aufmerksam und hielten ihm vor, wie er selber früher darauf gedrängt habe, daß wir schnellstens abreisten.

      Er geriet in einige Verlegenheit und blieb dabei, wir sollten die Antworten auf die abgesandten Briefe abwarten. Wollten wir nicht in Nouvelle Orleans bleiben, so könnten wir über den Pontchartrain Großer See nördlich von New Orleans gehen.

      »Und unser Gepäck mittlerweile in deiner Verwahrung lassen?« fragte Amadée und klopfte den Mann auf die Schulter.

      »Besser Ihr Gepäck bleibt hier als Sie selber«, meinte Pajol, der seine fröhliche Stimmung noch mehr als wir eingebüßt zu haben schien.

      Es war etwas Barsches, Mürrisches, Unruhiges in den Mann gefahren, das uns notwendig hätte auffallen sollen. Aber im halben Taumel, wie wir waren, hatten wir keinen anderen Gedanken, als so schnell wie möglich fortzukommen.

      »Kurz und gut«, sagte ich. »Du unterhandelst mit Balot, der sich anheischig gemacht hat, uns nach den Attacapas zu bringen.«

      »Oder ...!« Amadée hob seinen Stock.

      Pajol ließ sich jedoch durch diese Drohung nicht einschüchtern.

      »Ich will nichts mit Ihrer Abreise zu schaffen haben!« erklärte er. »Sie tun am besten, Ihre Empfehlungsschreiben abzusenden und sich durch Ihre Freunde eine Gelegenheit zur Fahrt in die Attacapas zu verschaffen. Wollen Sie mit Balot abgehen, so mögen Sie das tun, ich jedoch biete meine Hand nicht dazu.«

      Wir schauten einander an. Etwas war nicht richtig, das merkten wir. Aber in unserer Lage konnten wir uns nicht lange besinnen. Vignerolles nahm Pajol auf die Seite und fragte ihn um die Ursache seiner Meinungsänderung. Ob Balot ein verdächtiger Charakter sei? Er bat ihn, aufrichtig zu sein.

      Pajol kehrte sich ab und brummte etwas, das ich nur zur Hälfte verstand. Es war etwas von neun Zoll kalten Eisens. Dann wandte er sich wieder zu Vignerolles und versicherte ihm, daß Balot schon hunderte hinüber in die Attacapas gefahren habe. Er rate uns jedoch, an das jenseitige Ufer des Pontchartrain-Sees zu gehen, wo wir vom gelben Fieber nichts zu fürchten hätten.

      Unwillig wandten wir uns von dem Mann, bei dem weder Bitten noch Vorstellungen fruchten wollten. In diesem Augenblick trat der wilde Balot ein. Er warf einen fragend mißtrauischen Blick auf Pajol, der diesen noch verstörter zu machen schien.

      »Messieurs, ich bringe euch in die Attacapas!« lärmte Balot.

      Pajol stand mir zunächst und wisperte mir ins Ohr: »Gehen Sie nicht mit ihm, gehen Sie über den Pontchartrain!«

      Balot stand da und stierte einen nach dem

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