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Der Vaquero. Balduin Mollhausen
Читать онлайн.Название Der Vaquero
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Balduin Mollhausen
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Und herein zu King und Independence schallten die herrischen Worte:
»Zu Hause? Ja. Ob aber zu sprechen, ist eine andere Frage. Bei Gingo! Eine Sünde wär's, ihn um Kleinigkeiten bei seiner schweren Arbeit zu stören.«
»Um Kleinigkeiten kam ich nicht den weiten Weg von Deutschland herüber –« begann der Fremde.
Die Pfeife aus dem Munde nehmend, fiel Frau Hickup unwirsch ein: »Einerlei. Ist Ihr Anliegen so schrecklich wichtig, mein junger Mann, so reden Sie herunter von Ihrer Leber. Hier ist alles militärisch geordnet. Sagen Sie, wer Sie sind, was Sie wünschen, sag' ich, und ich werde es pflichtschuldigst dem Herrn melden.«
»Was würden Sie antworten, meine verehrte Dame, befragte ich Sie um Ihr Herkommen, um Namen und das, was Sie in Gedanken führen?« erwiderte der Fremde, durch die formlose Abfertigung gereizt.
Frau Hickup betrachtete den nunmehr vor ihr Stehenden mit einer Miene, wie etwa der selige Knockhimdown zuzeiten einen ihm zugewiesenen krummbeinigen Rekruten. Er übte indessen offenbar einen erträglichen Eindruck auf sie aus; denn sich etwas straffer aufrichtend, ließ sie sich zu der Erwiderung herbei:
»Was ich antworten würde, brauche ich vor keinem Menschen zu verheimlichen,« und die Gelegenheit, sich einem Unbekannten in ihrer ganzen Glorie vorzustellen, willkommen heißend, fuhr sie mit einer gewissen Feierlichkeit fort: »Mein ehrlicher Name ist Hickup, würde ich sagen, Witwe eines der berühmtesten Korporale, der durch einen fürchterlichen Hieb, mit dem er einem Apachewilden den Schädel spaltete, sich den ehrenvollen Beinamen Knockhimdown erwarb. Einer der berühmtesten Korporale, der jemals mit Weib und Kind an die Indianergrenze kommandiert und dort von den hündischen Rothäuten regelrecht skalpiert wurde.«
»Wie traurig –« hob der Fremde an.
Achselzuckend unterbrach ihn die stolze Korporalswitwe mit den Worten: »Traurig, aber immerhin kein unrühmliches Ende. Dagegen jetzt, nach den vielen langen Jahren, noch darüber zu winseln, wie ein verzogenes Muttersöhnchen, das unversehens in die Söldlingsjacke geriet, kann von mir nicht erwartet werden.« Zu ihrer Befriedigung entdeckte sie nach dieser Erklärung in den Zügen des Fremden ungeheuchelte Teilnahme, und dadurch aufgemuntert, gab sie ihrer Neigung, von sich selbst zu sprechen, weiteren Spielraum: »Weichmütigkeit lag nie in meiner Natur, wäre auch der Witwe eines Korporal Knockhimdown unwürdig gewesen; und da meine Pension nicht ausreichte, mich und meine Tochter, ein liebliches Soldatenkind, anständig zu ernähren, so entschied ich mich dafür, als Haushälterin bei dem weit und breit bekannten und geachteten Kunstschlosser King anzumustern, was zu bereuen ich nie Ursache fand, und er noch weniger. Sie ersehen daraus, daß ich berechtigt bin, nicht nur über sein leibliches Wohl zu wachen, sondern auch dafür zu sorgen, daß er ungestört bleibt.«
»Und ich bekenne ebenso gern, daß ich auf den Namen Bertrand höre und mich auf dem Wege befinde, jemand zu suchen, über den Herr King mir vielleicht Auskunft erteilen kann.«
»Und wer erlaubte sich, Sie in dieser Angelegenheit auf den Herrn King zu hetzen, wie 'ne Bulldogge auf 'nen wütigen Stier?«
Zu dem wenig schmeichelhaften Vergleich lächelte Bertrand ergötzt, antwortete aber ernst: »Von der Stadt Kansas komme ich herunter. Dort verbrachte ich längere Zeit mit Nachforschungen nach der betreffenden Persönlichkeit, erfuhr indessen nur, daß ein gewisser Thomas King in St. Charles, wenn er noch lebe und nicht verzogen sei, der einzige sei, von dem vielleicht nähere Aufschlüsse zu erwarten seien. Gestern abend traf ich mit dem Dampfer ein. Bin ich aber trotz zeitraubender Erkundigungen nach dem Herrn King und seiner Wohnung schon hier, so zeugt das sicher für die Dringlichkeit meines Anliegens.«
»Wie heißt die Persönlichkeit? Wie lautet Ihr Anliegen?« fragte Frau Hickup.
Bis dahin hatten King und Independence dem deutlich zu ihnen hereindringenden Gespräch gelauscht, ersterer mit verheimlichter Unruhe, Independence brennend vor Neugierde und strahlend im Triumph über die Art, wie ihre Mutter den vermeintlichen Störenfried abfertigte. Bei der letzten Wendung aber, welche das hochnotpeinliche Verhör nah, kehrte King sich mit einer gewissen Entschiedenheit dem Mädchen zu.
»Geh hinaus und führe den Fremden zu mir,« befahl er. »Gieb das Geld der Mutter, das stimmt sie milder, und wenn ich dein Freund bleiben soll, sorgst du dafür, daß keine unberufenen Ohren, auch die dienigen nicht, an Thür und Fenster horchen.«
Independence strich ihr braunes krauses Haar, das beim Hämmern wild geworden, hinter die Ohren zurück und schlüpfte hinaus. Ein kurzer, durch die Geldstücke günstig beeinflußter Wortwechsel folgte; die Thür der Werkstatt wurde geöffnet, herein schritt Bertrand, und hinter ihm schlug die Thür krachend in ihre Fugen.
»Ich hörte Ihr Gespräch mit meiner Haushälterin,« erklärte King nach der ersten Begrüßung in dem fließenden Englisch eines Deutschen, dem die Muttersprache bereits unbequem geworden, und mit unverkennbarem Mißtrauen suchte er in Bertrands Zügen; »wir sind dadurch der gegenseitigen Vorstellung überhoben; außerdem wurde ich vertraut mit dem Zweck Ihrer Anwesenheit hier, so weit Sie für gut befanden, ihn vor der Frau Hickup zu offenbaren. Es hindert daher nichts, ohne weitere Einleitung auf Ihr Anliegen einzugehen.«
Er verriegelte die Thür und führte seinen Gast in das Schlafzimmer, dessen Einrichtung sehr anspruchslos und nur durch einen großen diebs- und feuersicheren eisernen Geldschrank der kunstvollsten Arbeit sich auszeichnete. Nachdem sie vor einem mit Briefschaften und Federzeichnungen bedeckten Tisch Platz genommen hatten, knüpfte er un- verweilt an das abgebrochene Gespräch mit den Worten an:
»Da Sie nicht als Geschäftsmann kommen, halte ich für angemessen, Sie zu bitten, mit der dürftigen Umgebung vorlieb zu nehmen. Mehr kann von einem schlichten Handwerker nicht erwartet werden.«
Eine gewisse steife Zurückhaltung lag in dem Tone, in welchem King sprach. Bertrand glaubte sogar herauszufühlen, daß er wenig willkommen sei, und ebenfalls verschmähend, sich der deutschen Sprache zu bedienen, antwortete er zwar höflich, jedoch nicht verbindlich:
»Forscht man nach jemand, so dürfte das nicht minder als Geschäftssache zu betrachten sein, deren Erledigung keine lästigen und daher störenden Formen bedingt.«
»Keine Störung,« versetzte King nach Art der Amerikaner, denen Zeit gleichbedeutend mit Geld, kurz und ausdruckslos. »Haben Sie nur die Güte, denjenigen zu nennen, dem Ihre Bemühungen gelten. Liegt es im Bereich meines Könnens, sollen Sie sicher befriedigt werden.«
»Ich muß auf einem Umwege ans Ziel gelangen,« erwiderte Bertrand. »Als ich mich zur Reise nach den Vereinigten Staaten entschloß, wurde ich beauftragt, in der Stadt Kansas die Spuren eines gewissen Felix v. Pardelstein auszukundschaften und ihnen bis zu ihm selbst nachzufolgen. Was ich dort erfuhr, klang nur wenig ermutigend. Die mühevoll errungenen und daher unverbürgten Nachrichten beschränkten sich nämlich darauf, daß in der That vor vielen Jahren ein Pardelstein dort in tiefer Zurückgezogenheit gelebt habe, jedoch nach kurzer Zeit ohne Angabe seines Zieles weitergewandert sei. Seiner Person entsann sich keiner mehr. Dagegen erwähnte man einen ungefähr vierjährigen Knaben, der sich in seiner Begleitung befunden habe. Man hätte beide längst vergessen gehabt, wäre die Erinnerung an ihn nicht durch einen gewissen King lebendig erhalten worden, der später zureiste und bei einem Schlossermeister sich in dessen Handwerk vervollkommnete. Auch der besaß einen Knaben, in dem man – so berichtete des Schlossermeisters noch lebende Witwe mir selber – den kleinen Pardelstein erkannt haben wollte. Inwieweit ich richtig belehrt wurde, vermag ich nicht zu beurteilen; hoffe aber, daß Sie in der Lage sind, mich über den wahren Sachverhalt zu unterrichten.«
Solange Bertrand sprach, hatte King regungslos gesessen. Nur die rechte Hand rührte sich mechanisch,