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Der Vaquero. Balduin Mollhausen
Читать онлайн.Название Der Vaquero
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Balduin Mollhausen
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
»Gewiß erkenne ich Ihre große Ordnungsliebe und treue Fürsorge dankbar an,« versetzte King wohlwollend auf die unzähligemal gehörte Einleitung, deren Endergebnis er vorhersah, »und daß ich Sie um keinen Preis verlieren möchte, brauch' ich wohl nicht zu beteuern.«
»Nein, Mr. King, sicher nicht. Aber auch ich darf behaupten, lieber einem Goldschmied mit den vornehmen Manieren eines Colonels zu dienen, als einem Gouverneur mit dem Anstande eines Niggers. Das waren die Grundsätze meines seligen Korporals, und die sind in mein Fleisch und Blut übergegangen. Also militärische Pünktlichkeit: Heut ist der Erste, mithin Traktamentstag.«
»Schon wieder. Wie die Zeit hingeht, und das Geld mit ihr! Ich werde alt, und an Sparen ist nicht mehr zu denken.«
»Was wollen Sie noch sparen? Geht's mit der Arbeit nicht mehr, so verkaufen Sie die vier Morgen Land hier herum. Die sind jetzt dreißigmal so viel wert, wie vor fünfzehn Jahren, und von dem Erlös können Sie behaglich leben, wie ein Major auf Halbsold. Hätte der Bob, der Taugenichts, nur nicht so viel verthan –«
»Nicht weiter, Frau Hickup, ich bitte darum. Mir fällt am wenigsten zur Last, wenn er mißriet. Am liebsten ist mir, wenn ich gar nicht mehr an ihn erinnert werde.«
»Und doch war er ein prächtiger Junge, ein geborener Flügelmann,« erklärte Frau Hickup mit großer Wärme, »nur Subordination und Disziplin fehlten ihm, die ersten Tugenden eines gebildeten Mannes. Und was für ein Paar wäre es geworden, hätte der Schlingel das Kind, meine Independence, geheiratet.«
»Ein sehr schönes Paar,« bestätigte King gefällig.
»Nun, vielleicht kehrt er zurück, und gebessert obenein. Das Kind ist ja noch da, und nebenbei hängt es heut noch mit rechter Liebe an ihm.«
»Nein, nimmermehr geschieht das,« erklärte King mit scharf hervorklingender Erbitterung, »er besitzt einen Eisenschädel, und wäre ich wirklich geneigt, zu verzeihen, so ginge er lieber zu Grunde, bevor er ein gutes Wort an mich verlöre.«
»Sie sind immerhin der Vater und nicht der erste, der Kummer an seinem Sohne erfuhr. Doch solange der Mensch lebt, soll er die Hoffnung nicht verlieren, und heut ist Traktamentstag.«
»Ja, das Geld,« ging King sofort auf die zarte Anspielung ein, »schicken Sie nach zehn Minuten Independence, und es liegt bereit. Sie soll sich das Schurzfell umhängen, um mit dem großen Hammer einige Schläge auf ein unhandliches Stück Eisen zu thun.«
Frau Hickup, an die Seltsamkeiten ihres Brotherrn ebenso gewähnt, wie er an die ihrigen, entfernte sich mit einem Blick, in dem aufrichtige Teilnahme und Verehrung sich einten. Er selbst begab sich in sein Schlafzimmer, wo er eine Weile mit verschiedenen Schlüsseln klirrte.
Er war eben in die Werkstatt zurückgekehrt und hatte eine kleine Reihe Goldstücke auf den Tischrand gezählt, als nach bescheidenem Klopfen das Kind des Hauses eintrat, dieselbe Independence, wie ihr patriotischer Vater sie hatte taufen lassen, von der ihre Mutter behauptete, daß unwiderstehliche Reize sie schmückten. Und Reize besaß sie in der That. Zunächst einen Körper von tadellosem Ebenmaß, einer Größe und einem Gliederbau, daß mancher Farmerbursche gewiß gern mit ihr getauscht hätte. Ihr Gesicht war rund und strotzend in dreiundzwanzigjähriger Gesundheit. Die etwas nach oben weisende veredelte Stumpfnase der Mutter hätte durch keine andere ersetzt werden können, die besser zu den vollen Wangen und den üppigen Lippen des hübsch geschnittenen Mundes mit den blendend weißen Zähnen passend gewesen wäre. Dazu kamen zwei große hellbraune Augen, von denen unentschieden war, ob sie mehr Gutmütigkeit oder Schlauheit ausstrahlten.
Auf ihren zutraulich höflichen Gruß wies King auf das Geld, und ohne es zu beachten bemerkte Independence munter:
»Ich hörte, Sie hätten ein gröberes Stück Arbeit für mich,« und bezeichnend traf die große Hand das von ihrem Halse niederhängende Schurzfell.
»Die Stütze einer Nähmaschine versprach ich zu erneuern, und die verlangt schon die Nachhilfe eines schwereren Hammers,« erklärte King, und während er aus dem Eisenvorrat ein geeignetes Stück hervorsuchte, rollte Independence die Aermel auf, und neben den Amboß hintretend, ließ sie den zur Hand liegenden Hammer probeweise auf demselben klingen. Bei diesem Geräusch sprang Kornett, wie Frau Hickup den Spitz getauft hatte, unter dem Werktisch hervor und in das Rad hinein und beobachtete von dort aus aufmerksam die Bewegungen seines Herrn. Kaum aber schürte dieser die Glut, als er seinen endlosen Weg schweifwedelnd antrat. Gleichzeitig begann das Fauchen des Blasebalgs und das Sprühen der Funken. Bis zum Erglühen des Eisens dauerte es indessen eine Weile, und die füllte Independence mit lebhaften Mitteilungen aus.
»Ich will es nur bekennen,« begann sie munter, »der Mutter traue ich in manchen Dingen nicht über den Weg. Immer und immer wieder hechelt sie an mir herum. Daher stellte ich mich neben der Thür auf, um zu horchen –«
»Was nicht das erste Mal gewesen ist,« schaltete King gelassen ein.
»Hoffentlich auch nicht das letzte Mal, Mr. King, und das gereut mich nicht. Denn alles, was sie über mich redete, war Unsinn. Dachte ich doch ebensowenig daran, Ihren ungeratenen Jungen zu heiraten, wie da den Kornett. Gut war ich ihm zwar von Herzen, oder ich hätte seine Quälereien nicht so geduldig ertragen; aber heiraten? Brrr! Was sollte ich mit einem Manne, der stärker wäre als ich, den ich also fürchten müßte?«
»Sie sprach wohl nur im Scherz,« meinte King mit dem matten Anfluge eines Lächelns.
»Nein, ihr blutiger Ernst war's, und den Plan mit uns beiden hat sie heut noch nicht aufgegeben. Dabei weiß keiner besser als sie, daß er vor zwei, drei Jahren in der Ferne mit einem halbwilden Squattermädchen anbändelte. Das mag ein schönes Ding sein!«
Die Unterhaltung stockte, indem King das Eisen in der zischenden und schnaubenden Glut drehte, Wasser über die Kohlen spritzte und das sich rötende Metall prüfte. Endlich packte er es mit der Zange fester, legte es auf den Amboß, und unter der Wucht des Hammers, den Independence mit der Gewalt und Sicherheit eines Vulkan schwang, bebte die ganze Werkstatt. Aber als hätten die umherspritzenden Funken ihren frohen Lebensmut erfrischt, begann sie ohne große Anstrengung ein Lied zu singen, nach dessen Takt sie die Schläge regelte:
»Und der Grobschmied ist schwarz,
Seine Dollars sind weiß;
Er verdient sie bei Tag,
Nachts verthut er sie mit Fleiß!
Quenkedillo, Quenkedillo dillo dillo dillo –«
hieß es dann immer wieder mit einem Atem, den sie von dem Blasebalg entlehnt zu haben schien.
»Sei nur froh, daß es mit dir und dem Robert nichts geworden ist,« nahm King bei der ersten Pause das Gespräch mit heimlichem Widerwillen wieder auf, »der wäre nimmermehr ein Mann für dich gewesen. Du bist eine stattliche Person und wirst schon einen anderen und besseren finden –«
»Ich heirate nie,« fiel Independence zutraulich ein, wie vor Jahren, wenn sie den stillen Hausherrn mit ihrem endlosen Geplauder bei der Arbeit störte, »ich will Ihnen auch sagen, weshalb. Ich hatte nämlich einen Schatz – Sie entsinnen sich vielleicht des lustigen Jerry – und seitdem der mir untreu wurde und als Söldling Handgeld nahm, schlug ich mir das Freien gänzlich aus dem Kopf.«
»Schade; du wärest sicher eine vortreffliche Hausfrau geworden.«
»Mag sein, Mr. King; aber lieber mein Brot als Grobschmied verdienen –« sie brach ab. Nachlässig durch das offene Fenster spähend, wurde sie eines Fremden ansichtig, der, von dem Hain her den Gemüsegarten durchschreitend, eben nach dem Hofe hinaufbog.
»Da kommt einer,« bemerkte sie leise, denn sie wußte, daß King, außer im Geschäftsverkehr, jeden Umgang ängstlich mied, »der sieht freilich nicht wie jemand aus, der große Bestellungen auf dem Herzen trägt.«
King stellte die Arbeit ein,