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(1946, Film 1948) erzielte er seinen zweiten Welterfolg. Roman wurde bald zum größten Bestseller des Autors. Im Mittelpunkt des Geschehens steht auch hier das vom Faschismus gejagte Individuum – ein deutscher Frauenarzt, der aus der Gestapo-Haft flüchtet und ohne Papiere unter anderen europäischen Flüchtlingen in der Pariser Unterwelt in den Jahren 1938/39 leben muss. Das Lebensnotwendige verdient sich dieser Chirurg in einer Privatklinik, wo er Schwarzarbeit verrichtet. Er trinkt, bummelt, spielt Schach und philosophiert. Er. ist ein erfahrener Spötter. Verloren und einsam steht er vor uns. Er will nichts von Politik wissen, er weiß nichts von der internationalen Solidarität mit dem kämpfenden spanischen Volk. Und er handelt darum isoliert. Auf einem Boulevard trifft er zufällig seinen Peiniger aus dem KZ und ermordet ihn.

      Im KZ-Roman „Ein Funke Leben“ (1952), der auf Dokumenten und Zeugenberichten basiert, gestaltet E.M. Remarque den heroischen Widerstand deutscher Antifaschisten in einem nazistischen KZ-Lager in den letzten Monaten des 2. Weltkrieges. Er denkt dabei auch an seine Schwester, die von den Nazis ermordet war. Der Hauptheld des Romans, an dem im KZ medizinische Todesexperimente vorgenommen werden und der als Nummer 509 zusammen mit den anderen Arbeitsunfähigen untergebracht werden soll, hilft der organisierten Widerstandsbewegung. Als er erfährt, dass sich die Alliierten dem KZ-Lager nähern, erwacht in ihm ein Funke Leben – der Wille, um jeden Preis zu überleben. Bei der Befreiung des Lagers schießt er einen SS-Anführer nieder, wird aber selbst tädlich verletzt und stirbt zusammen mit seinem Feind. Er handelt allein, aber er handelt für die Gemeinschaft. Seine Tat ist also ein letzter heroischer Aufstand des Indviduums gegen die Naziherrschaft.

      Der Roman „Zeit zu leben und Zeit zu sterben" (1954) ist E.M.Remarques Beitrag zur Diskussion der nationalen Schuld des deutschen Volkes am 2. Weltkrieg. E.M. Remarque macht den Versuch, den Roman einer nationalen Tragödie zu schreiben und seinen Widerstand gegen den wiedererstehenden Militarismus durch die Darstellung der Trümmerwüsten deutscher Städte, der faschistischen Grausamkeiten in Russland und anderer Schrecken des Krieges zu zeigen. Das Gefühl der Mitschuld lässt E.M. Remarque seinen Haupthelden „mit höchster Strenge" (dem sinnlosen, unheroischen Tod) verurteilen, was das tragische Geschick des deutschen Volkes symbolisiert, das zweimal während eines Vierteljahrhunderts vom deutschen Militarismus in den Krieg getrieben wird und für die Interessen der Weltherrscher und Finanzoligarchie bluten muss.

      Die Helden dieses Romans repräsentieren auch die verlorene Generation. Als sie zur Kenntnis gelangen, dass der Krieg unwiderruflich verloren ist, meint der Hauptheld des Romans, der junge Soldat Ludwig Graeber: „Wir können nirgendwo mehr hin. Was träumen wir nur! Wir sind gefangen und ausgeschlossen und verflucht… Ich weiß seit einiger Zeit nichts mehr. Früher war alles klar, und jetzt ist alles durcheinander. Ich möchte einschlafen und in einer anderen Zeit erwachen. Ich habe verdammt spät angefangen zu denken. Ich bin nicht stolz darauf.“

      Der junge Soldat erlebt den Zusammenbruch der verlogenen Welt mit ihren versteinten „heroischen" Vorstellungen von dem Krieg, mit denen er aufgewachsen ist, und er beginnt nachzudenken. In ihm erwacht der Widerstandswille, er fühlt einen Antrieb zur Aktion gegen den Faschismus und will die Schuld der Deutschen reinigen. Sein Gefühl der Mitschuld läßt ihn handeln und er hilft flüchtigen Antifaschisten. Aus humaner Empörung erschießt er einen Massenmörder; um ihn an weiteren Mordtaten zu hindern, und rettet gefangene russische Bauern. Diese humane Tat des jungen Soldaten zeigt, dass die Kräfte des Guten in der deutschen Nation über das Böse triumphieren können.

      E.M. Remarque lässt aber seinen Helden unmittelbar nach vollbrachter Tat einen sinnlosen Tod finden (er wird von einem der geretteten Bauern niedergeschossen), um auf die Sinnlosigkeit des Kriegs hinzuweisen und die kollektive Schuld der Deutschen zu betonen. So verurteilt er den Krieg, den der Faschismus dem deutschen Volk aufgezwungen hat, als widersinniges Schicksal. Sein Held lebt das Schicksal voll aus, das das deutsche Volk betrifft. Er symbolisiert die deutsche Nation im Widerstreit zwischen Barbarei und Humanität. Der Widerstand gegen den Faschismus ist zugleich die Hoffnung, dass das deutsche Volk einen Weg in die Zukunft findet, wo alles anders werde. Die Geliebte des gefallenen Soldaten bringt ein Kind zur Welt gerade deshalb, um es gegen den Krieg zu erziehen. „Sollen nur die Barbaren Kinder haben? Wer soll dann die Welt in Ordnung bringen?" fragt sie. Ihre Liebe hat also einen Sinn. Dieser Optimismus ist etwas Neues in E.M. Remarques Werken.

      Der Roman „Der schwarze Obelisk“ (1956) führt in die Weimarer Republik des Jahres 1923 zurück. Die Kriegsgewinner und Schieber und die deutsche Bourgeoisie wollen politisch im trüben fischen und bereichern sich an dunklen Geschäften und an Spekulationen, indem sie Arbeiter, Bauern, Angestellte, kleine Geschäftsleute und Künstler in unvorstellbare Not und Verzweiflung stürzen. In diesem Roman bestätigt sich E.M. Remarques Einsicht aus den 30ger Jahren: „Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind, besonders die, die nicht hineingehen müssen."

      Die Hauptfigur des Buches, der Ich-Erzähler Ludwig Bodmer, erlebt die wirre Zeit der Inflation in Deutschland. In seinem Lebensgang begegnen ihm Ereignisse von grotesker Komik und erschütternder Tragik, die davon zeugen, dass seine Wahrheitssuche nie zu Ende ist. Bodmer hat viel durch das Leben gelitten. Im ersten Weltkrieg hat er als jünger Soldat das Töten und den Zynismus kennengelernt. Jetzt rettet er sich oft in eine bittere Ironie. Er verdient sein Brot im Grabsteinunternehmen seines Kriegskameraden als Zeichner und Werbeleiter und ab und zu auch als Orgelspieler. Aber sogar unter seinen ehemaligen Frontkameraden fühlt er sich unendlich einsam und verlassen. Die Frontkameradschaft und seine Liebe scheitern vor der rauhen Wirklichkeit. Doch sagt er: „Ich will wissen" statt „Ich weiß nicht". Darum strebt er nach Wahrheit und forscht nach dem Sinn des Lebens, des Todes, der Liebe und des Gottes. Er interessiert sich für Wissenschaft und Religion und streitet über Krieg und Frieden. Am Anfang des Romans fragt sich Bodmer: „Wozu lebe ich?" Am Ende weiß er es: „Um zu leben.“ Er hat es durch Isabelle, seine schwerkranke Geliebte erfahren, die in ihrem Zustand frei war und ausrufen konnte: „Du süßes und geliebtes Leben, ich glaube, ich habe endlich gefunden, was Liebe ist! Es ist Leben, nichts als Leben!"

      In diesem Roman zeigen sich deutlich starke autobiographische Züge. E.M. Remarque will durch sein Werk Rechenschaft über seine verlorene Jugend und weltanschauliche Entwicklung ablegen. Eindrucksvoll und realistisch gestaltet er viele Szenen im Roman, besonders die Kriegsdenkmalenthüllung, die Demonstration der Kriegskrüppel und die Straßenschlacht mit faschistischen Schlägern. Er fühlt sich verantwortlich für die Entwicklung Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg. Voll Besorgnis erklärt er 1962, es sei ihm unbegreiflich, dass in der Bundesrepublik Deutschland alte nazistische Verbrecher wieder in führenden Positionen in Wirtschaft, Politik und Justiz tätig sein dürfen, und dass der militaristische Geist immer noch lebendig und gefährlich sei.

      1961 veröffentlicht E.M. Remarque seinen Roman „Der Himmel kennt keine Günstlinge“. Die Handlung spielt nach dem 2. Weltkrieg. E.M Remarque berichtet in diesem Roman von der Liebe eines männlich charmanten Rennfahrers und einer schönen unheilbar kranken Frau, die auf den Tod hin lebt und deswegen zur Lebenserfülltheit neigt. Die Stationen dieses Lebens sind ein Luxussanatorium, Schweizer Luxusbars, ein Liebesnest zuerst in einem Pariser Hotel und dann in einem Märchenschloß im italienischen Süden. Dass der Himmel wirklich keine Günstlinge kennt, versteht man aus dem Umstand, dass nicht die todgeweihte Frau, sondern der kerngesunde Rennfahrer aus dem Leben scheidet, denn er verunglückt bei einem Autorennen an der Riviera..

      Dem Thema des Antifaschismus ist auch der Roman „Die Nacht von Lissabon" 1962, Film 1971) gewidmet. Am Beispiel der Lebensgeschichte des Antifaschisten Josef Schwarz wird hier das Emigrantendasein geschildert, was zweifellos wieder auf den Einfluß der geschichtlichen Ereignisse zurückzuführen ist. Obwohl auch hier dem Haupthelden die Lebenstüchtigkeit fehlt, entschließt er sich zum Widerstand und zur Aktion gegen den Faschismus. Er ist gebrochen und wird jahrelang gejagt. Er bleibt noch in seiner Einsamkeit, aber er fragt schon wenigstens nach seiner Verantwortung und seiner Mitschuld am Krieg. Seine krebskranke Frau folgt ihm in die Emigration und teilt mit ihm das elende Dasein der flüchtigen Emigranten. Als sich die Frau das Leben nimmt, rettet er sich nicht nach Amerika, sondern er will in die französische Fremdenlegion eintreten, denn für ihn wäre es „ein Verbrechen, ein Leben mit Selbstmord zu verschwenden, das man gegen Barbaren einsetzen kann.“ Auch wenn E.M. Remarque in diesem Roman

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