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solange die Ahndung in der Zuständigkeit der BaFin liegt. Die BaFin erläutert dabei den Sachverhalt, die zumessungsrelevanten Umstände und die Rechtsfolgen: Die Sach- und Rechtslage wird erörtert. Die Settlementgespräche können frühestens beginnen, sobald die BaFin einen Überblick über die Zuwiderhandlungen hat. - Ein mehrköpfiger, in der Besetzung wechselnder Ahndungsausschuss des Bußgeldreferats der BaFin entscheidet über die Höhe der beabsichtigten, festzusetzenden Geldbuße. Die Bußgeldhöhe ergibt sich aus der Schwere des Tatvorwurfs und der Vorwerfbarkeit der Tat. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls wird die Höhe durch bußgeldmindernde Umstände, wie zum Beispiel eine funktionierende Compliancestruktur im Unternehmen, und ggf. durch bußgelderhöhende Umstände, wie zum Beispiel die Wiederholungstat, sowie durch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen bestimmt.[322] Erst danach wird über den bußgeldmindernden Settlementabschlag („von bis zu 30 %“) entschieden. In der Regel wird in solchen Fällen der „Bußgeldrabatt“ bis zu 30 % wegen spezialpräventiven Gesichtspunkten nicht voll ausgeschöpft werden. Maßgebend ist, dass die Geldbuße auf einem Niveau festgesetzt wird, das der Zuwiderhandlung angemessen ist und die Geldbuße hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet.

      Zulässig sind auch sog. Gesamtlösungen („package deals“), wenn zum Beispiel zu Lasten des Betroffenen mehrere Bußgeldverfahren bei der BaFin anhängig sind und „zugunsten“ des schwerwiegenderen Verstoßes ein weiteres Bußgeldverfahren aus Opportunität nach § 47 Abs. 1 OWiG eingestellt wird.[323]

- Nachdem dem Betroffenen die Bußgeldhöhe bekannt gegeben[324] worden ist,[325] wird ihm ggf. eine Frist zur Annahme des „Settlementvorschlags“ eingeräumt.
- Abgeschlossen wird die Settlementvereinbarung durch eine schriftliche Erklärung des Betroffenen[326]. Die Erklärung umfasst die Akzeptanz des angedachten Geldbetrages und das Anerkenntnis des Tatvorwurfs sowie des zugrundeliegenden Sachverhalts. Die Vereinbarung wird in der Bußgeldakte durch die BaFin dokumentiert. Ein Rechtsmittelverzicht kann nicht Gegenstand der Vereinbarung sein. Die Settlementvereinbarung ist rechtlich nicht bindend. Sollte der Betroffene aber gegen einen Bußgeldbescheid mit „verständigter“ Bußgeldhöhe Einspruch einlegen, wird die BaFin in der Regel diesen Bußgeldbescheid zurücknehmen und einen weiteren Bußgeldbescheid ohne „Settlementabschlag“ erlassen.
- Das Bußgeldverfahren wird durch einen sog. verkürzten Bußgeldbescheid beendet.[327] Dieser Bußgeldbescheid enthält keine über § 66 Abs. 1 Nr. 3 und 4, Abs. 3 OWiG hinausgehende Begründung; es fehlt eine ausführliche rechtliche Würdigung. Der verkürzte Bußgeldbescheid kann für den Betroffenen mit Blick auf nachfolgende etwaige Schadensersatzansprüche mangels vollständig begründeter Entscheidung und wegen seiner geringeren Aussagekraft vorteilhaft sein.[328]

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      Legt der Betroffene trotz Settlementvereinbarung Einspruch gegen den Kurzbescheid ein, wird der Bußgeldbescheid im Rahmen des Zwischenverfahrens aufgehoben und das Verfahren wird streitig zu Ende geführt, indem ein (neuer) vollständig begründeter Bußgeldbescheid erlassen wird, vgl. § 69 Abs. 2 OWiG. Festgesetzt wird die Geldbuße ohne den gewährten „Settlementrabatt“. Das ist in der Regel der sog. angepasste Grundbetrag nach den WpHG-Bußgeldleitlinien II.

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      Gegen den Bußgeldbescheid kann der Betroffene gem. § 67 Abs. 1 OWiG Einspruch einlegen. Der Einspruch ist Rechtsbehelf sui generis. Das Verbot der Verschlechterung (reformatio in peius) gilt – wie beim Strafbefehl[329] – nicht.

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      In formeller Hinsicht sind die nachfolgenden Voraussetzungen zu beachten:

- Einspruchsberechtigung: Neben dem Betroffenen und dem gesetzlichen Vertreter (§ 67 Abs. 1 OWiG, § 298 StPO) ist der Verteidiger (§ 67 Abs. 1 OWiG, § 297 StPO) einspruchsberechtigt. War der Verteidiger im Zeitpunkt der Einspruchseinlegung nicht bevollmächtigt, ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen, §§ 96 Abs. 1, 70 OWiG.[330] Auch die nebenbeteiligte Gesellschaft ist wie der Betroffene berechtigt, Einspruch gegen den sie belastenden Bußgeldbescheid einzulegen. Problematisch ist die Wirksamkeit des Einspruchs, wenn dieser von dem betroffenen Organ der Gesellschaft eingelegt wird. Das betroffene Organ ist nach h.M. wegen Interessenskollision von der Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen.[331] Stellt die BaFin den Bußgeldbescheid an die Gesellschaft – vertreten durch das betroffene Organ (z.B. an den betroffenen Vorstand) – zu, ist die Zustellung gleichwohl wirksam.[332] Mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens wäre es nicht vereinbar, wenn die BaFin in dieser Situation den vom betroffenen Vorstand für die Gesellschaft eingelegten Einspruch wegen Vertretungsmangels als unwirksam behandeln würde; denn wenn sich die Gesellschaft trotz einer etwaigen Interessenkollision die Zustellung des Bußgeldbescheids entgegenhalten lassen muss, wäre es überraschend und damit unzulässig,[333] sodann den durch dasselbe Organ eingelegten Einspruch als unwirksam zu behandeln. Betrachtet man dies hingegen streng zivilrechtsakzessorisch und behandelt den eingelegten Einspruch als schwebend unwirksam (nach h.L. sollen die Grundsätze der §§ 177 ff. BGB Anwendung finden[334]), verbietet das Bedürfnis nach Rechtssicherheit im streng formalisierten Strafprozessrecht, die Wirksamkeit des Einspruchs von einer etwaigen Genehmigung durch die Gesellschaft abhängig zu machen. Insoweit wäre der Einspruch zwar als unwirksam zu betrachten, indes wäre bei Fristversäumung über § 52 OWiG i.V.m. §§ 44 f. StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn ein vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaft verfristet Einspruch einlegen sollte.
- Einspruchsform: Der Einspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der BaFin einzulegen. Dem Schriftformerfordernis ist schon dann Genüge getan, wenn sich aus dem Schriftstück in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erkennen lässt, von wem die Erklärung herrührt, ob sie als endgültig gedacht war sowie ernstlich und willentlich in den Verkehr gebracht wurde.[335] Die eigenhändige Unterschrift ist nicht erforderlich.[336] Wird der Einspruch mittels Telefax eingelegt, soll es die eigenhändige geleistete Unterschrift allerdings enthalten.[337] Auch der durch E-Mail eingereichte Einspruch kann formgerecht sein. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Bußgeldbescheid der BaFin eine E-Mail-Adresse des Fallbearbeiters ausweist und in der Rechtsmittelbelehrung die Einlegung des Einspruchs durch E-Mail nicht ausgeschlossen ist.[338] Denn dadurch gibt die BaFin nach außen zu erkennen, dass sie sowohl den Übermittlungsweg als auch die Form des Einspruchs als E-Mail akzeptiert.[339] Ob es zusätzlich einer qualifizierten elektronische Signatur bedarf, wird unterschiedlich gesehen.[340] Richtigerweise ist dies zu verneinen.[341] Entscheidungen des zuständigen AG Frankfurt a. M. sind hierzu bislang nicht veröffentlicht.
- Einspruchsfrist: Der Einspruch muss innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheids bei der BaFin an ihrem Sitz in Frankfurt/Main (vgl. § 1 Abs. 3 S. 2 FinDAG) eingelegt werden. Wird der Einspruch versehentlich am Sitz der BaFin in Bonn eingelegt, ist die Frist gewahrt, wenn der Einspruch noch innerhalb der Einspruchsfrist am Sitz in Frankfurt/Main eingeht.[342] Die Fristberechnung richtet sich nach § 43 StPO. Wurde die Frist nicht eingehalten, ist unter den Voraussetzungen der §§ 52 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 44, 45 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Hierüber entscheidet die BaFin gem. § 52 Abs. 2 S. 1 OWiG als zuständige

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