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      Unter der Bezeichnung „Kriminalkommissariat Kriminalprävention/Opferschutz“ (KK KP/O) existiert in der Direktion Kriminalität eine Dienststelle, die sich ausschließlich der Kriminalprävention und dem Opferschutz widmet. Arbeitsgrundlage für die Kriminalprävention ist unter anderem der Erlass „Polizeiliche Kriminalprävention“, der überarbeitet wurde und im Jahr 2019 neu erschienen ist.

      Vor einigen Jahren war es den Präventionsbeamt*innen noch möglich, anhand von Rollenspielen und kleinen Trainings Situationen aus dem Lebensalltag eines Grundschülers einzuüben und den Kindern dadurch mehr Handlungssicherheit zu verschaffen. In dem aktuellen Erlass sind die Standards polizeilicher Kriminalprävention enthalten und geben den Mitarbeiter*innen des KK KP/O eine Richtschnur für ihre Arbeit. In Kindergärten und Grundschulen beschränkt sich die polizeiliche Präventionsarbeit auf Vorträge und Fortbildungsveranstaltungen für Eltern und Fachkräfte, die dann die Präventionstipps an die Kinder weitergeben sollen. Nur in Ausnahmefällen „kann die Polizei Kinder auch unmittelbar informieren, wenn dies aus Gründen der Authentizität zielführend ist“ (Ministerium des Innern, Runderlass).

      Kriminalprävention gehört dann in die Schule, wenn etwas verhindert werden soll, das ohne entsprechende Intervention wahrscheinlich eintreten würde und mit einem nicht unerheblichen Schaden verknüpft wäre (Ohder 2010: 17). Dem allgemeinen Strukturmodell folgend, lässt sich die Kriminalprävention in primäre (universelle), sekundäre (selektive) und tertiäre (indizierte) Prävention einteilen. Adressat*innen der primären Prävention sind alle Schüler*innen.

       „Laut Erlass sollen Maßnahmen gegenüber Kindern und Jugendlichen in pädagogische Projekte der Schulen eingebettet sein, die über Risiken aufklären und Verhaltenstipps beinhalten, damit diese weder Opfer noch Täter von Straftaten werden.“

      Primäre Präventionsmaßnahmen sollen abweichendes Verhalten im Vorfeld verhindern. Dazu zählt unter anderem die Befähigung von Jugendlichen Konflikte gewaltfrei auszutragen. Die meisten primärpräventiven Projekte sind allgemein gehalten, häufig werden sie in den Schulalltag eingebaut, beispielsweise die Erarbeitung von Klassenregeln und Einführung eines Klassenrates, Stärkung des Selbstvertrauens und Förderung des Kommunikationsverhaltens (Steffen 2014: 12).

      Laut Erlass ist die Polizei für „die Verhinderung von Defiziten der Persönlichkeitsentwicklung durch Erziehung, Wertevermittlung und Bildung“ originär nicht zuständig. (Ministerium des Innern, Runderlass).

      Die sekundäre Prävention richtet sich an ge-fährdete Kinder und Jugendliche, sowie an Schüler*innen, die sich geringfügig abweichend verhalten. Adressaten sind bei den meisten Projekten Schulklassen. Maßnahmen im Bereich der sekundären Prävention entstammen der Verhaltensprävention und stehen zwischen den Programmen der Kompetenzförderung und den Programmen der Rückfallvermeidung. Thematisch beschäftigen sie sich explizit mit Cybercrime, Gewalt, Kinder- und Jugenddelinquenz sowie dem Konsum illegaler Drogen. Der Hinweis auf entsprechende Beratungsstellen und die Erläuterung der Rechtsfolgen gehören ebenfalls in diesen Bereich (Steffen 2014: 13). Laut Erlass sollen Maßnahmen gegenüber Kindern und Jugendlichen in pädagogische Projekte der Schulen eingebettet sein, die über Risiken aufklären und Verhaltenstipps beinhalten, damit diese weder Opfer noch Täter*innen von Straftaten werden (Ministerium des Innern, Runderlass).

      Adressat der tertiären Prävention ist schließlich der noch weiter eingeschränkte Personenkreis der bereits Täter*innen oder Opfer Gewordenen. Maßnahmen in diesem Bereich wollen die Rückfallwahrscheinlichkeit seitens der Täter*innen minimieren oder gänzlich ausschließen, zum Beispiel durch den Täter-Opfer-Ausgleich (Steffen 2014: 14). Sie finden vor ganzen Schulklassen keine Anwendung.

      Im Bereich Schule ist das KK KP/O explizit für die Aufgabenfelder politisch motivierte Kriminalität, Cybercrime und Betäubungsmittelkriminalität zuständig. Andere Bereiche, wie zum Beispiel die Gewaltprävention kann auch von fachlich kompetenten Polizeibeamt*innen anderer Dienststellen übernommen werden. Die Polizist*innen bringen sich in die entsprechenden Unterrichtsreihen oder Projekttage mit ein, indem sie die polizeilichen Erkenntnisse an die Zielgruppe weitergeben (Ministerium des Innern, Runderlass).

      Heute bedarf es keiner Überzeugungsarbeit für präventive Projekte an weiterführenden Schulen. Polizist*innen sind gern gesehene Gäste, sowohl Lehrer*innen als auch Schulsozialarbeiter*innen wissen, dass „vorbeugen besser ist als heilen“. Sie bauen auf das schulfremde Personal, weil Schüler*innen häufig „lehrertaub“ sind und es regelrecht überhören, wenn Lehrkräfte versuchen, den Schüler*innen bestimmte Verhaltensweisen mit Worten zu übermitteln. In der von Görgen et al. durchgeführten YouPrev Studie wird deutlich, dass Jugendliche der Polizei eine hohe Kompetenz in der Prävention zuschreiben. Nach Eltern und Freund*innen folgt die Polizei an dritter Stelle (Görgen et al. 2013: 24). Das positive Bild der Polizei in der Öffentlichkeit begründet sich in hohem Maße aus der Präventionsarbeit, die eng an den Ängsten und Bedürfnissen der Bürger orientiert ist (Mayer 2016: 46).

       „Prävention baut auf der Annahme auf, zukünftige Gefährdungen erkennen zu können, es ist ein Handeln auf Verdacht. Je früher, desto besser.“

      Was bedeutet es, wenn kriminalpräventive Inhalte auf dem Stundenplan stehen? Prävention baut auf der Annahme auf, zukünftige Gefährdungen erkennen zu können, es ist ein Handeln auf Verdacht. Je früher, des-to besser. Möglicherweise führt das zu einer Legitimation der Schule gegenüber den Eltern. „Es ist etwas zum Schutz der Kinder getan worden! Sogar durch die Polizei!“ Kriminalpräventive Projekte intervenieren und können auch stigmatisieren (Ohder, 2010: 17). Aus diesem Grund bedürfen sie einer Evaluation hinsichtlich Wirksamkeit und Folgen. Wenn jeder Besuch von Präventionsbeamt*innen mit dem Label „Kriminalprävention“ versehen wird, besteht die Gefahr, dass ganze Schulklassen als potentiell kriminell dargestellt werden. Es würde bedeuten, dass jeder Schüler, jede Schülerin potentielles Opfer oder potentiell gefährlich wäre. Darum sollten nur die Maßnahmen und Projekte die Bezeichnung „kriminalpräventiv“ tragen, bei denen durch empirische Forschungen belegt werden konnte, dass sie Devianz mindern (Steffen 2014: 5). Folglich dürften Maßnahmen der primären (univer-sellen) und sekundären (selektiven) Prävention, die ohne Zweifel notwendig und effektiv sind, nicht das Label „kriminalpräventiv“ tragen, sondern müssten als kompetenzfördernde Maßnahmen oder aufklärende Unterrichtseinheiten bezeichnet werden.

       Literatur:

      Görgen e.a. (2013): Jugendkriminalität und Jugendgewalt

      Mayer (2016): Strategische Überlegungen zur Rolle der polizeilichen Kriminalprävention, In: Forum Kriminalprävention

      Ministeriums des Innern (2019) Runderlass Polizeiliche Kriminalprävention

      Ohder (2010): Ein Blick zurück nach vorn. In: Evaluation und Qualitätsentwicklung in der Gewalt- und Kriminalitätsprävention.

      Steffen (2014): Kriminalprävention braucht Präventionspraxis.

      Polizei im Kindergarten: https://polizei.nrw/artikel/polizei-im-kindergarten [07.01.2020]

      Polizei in der Schule: https://polizei.nrw/artikel/polizei-in-der-schule [07.01.2020]

      Polizei in der schulischen Verkehrsprävention: https://polizei.nrw/artikel/crash-kurs-nrw-realitaet-erfahren-echt-hart [07.01.2020]

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