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Umsatzsteuerrecht. Christian Möller
Читать онлайн.Название Umsatzsteuerrecht
Год выпуска 0
isbn 9783811466012
Автор произведения Christian Möller
Серия Schwerpunktbereich
Издательство Bookwire
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Eine Leistung setzt voraus, dass ein Leistender durch willentliches Verhalten (Tun, Dulden oder Unterlassen) einem identifizierbaren Leistungsempfänger einen individuellen Vorteil verschafft, also einen Vorteil, der zu einem Verbrauch i. S. d. Mehrwertsteuerrechts führt.[1]
§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › A. Leistung › I. Mehrpersonenverhältnis
I. Mehrpersonenverhältnis
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Eine Leistung setzt zunächst voraus, dass ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden sind.[2] Ohne ein Mehrpersonenverhältnis scheidet eine Steuerbarkeit aus. Dies gilt auch für Unternehmer, die mehrere geschäftliche Aktivitäten verfolgen: Wer gleichzeitig ein Autohaus und eine Gaststätte betreibt, hat umgangssprachlich zwei Unternehmen. Umsatzsteuerrechtlich umfasst das Unternehmen dagegen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers (§ 2 Abs. 1 S. 2 UStG). Ein Unternehmer hat daher stets nur ein Unternehmen, nicht zwei oder mehr. „Innenumsätze“ zwischen den einzelnen Unternehmensteilen sind nicht steuerbar.[3] Eine Ausnahme davon gilt nur beim innergemeinschaftlichen Verbringen (s. dazu Rn 251 ff).
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Beispiel:
Wenn ein Gastronom, der auch ein Autohaus betreibt, für eine große Neuwagenpräsentation im Autohaus das Catering aus seiner Gaststätte heranschaffen lässt, liegt ein nichtsteuerbarer Innenumsatz vor. Dies gilt auch dann, wenn der Unternehmer beide Betriebe völlig autonom arbeiten lässt und in der Kostenrechnung der beiden Betriebe den in Rede stehenden Innenumsatz wie ein „normales Drittgeschäft“ behandelt.
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Ein Mehrpersonenverhältnis liegt nicht vor, wenn ein Unternehmer „Entnahmen“ tätigt, etwa indem er Unternehmensgegenstände für private Zwecke nutzt. Die Steuerbarkeit kann sich in diesem Fall aber aus § 3 Abs. 1b, 9a EStG (unentgeltliche Wertabgabe) ergeben (s. dazu Rn 860 ff).
§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › A. Leistung › II. Willentliches Verhalten
II. Willentliches Verhalten
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Eine Leistung setzt ein willentliches Verhalten des Leistenden voraus. Ein Diebstahl begründet somit keine Leistung des Bestohlenen. Ebenso ist in einer Sachbeschädigung keine Leistung des Geschädigten zu sehen (weshalb der „echte Schadensersatz“ nicht steuerbar ist, s. noch Rn 203 ff). Nur ausnahmsweise ist eine Steuerbarkeit auch ohne willentliches Verhalten des Leistenden zu bejahen: Nach § 1 Abs. 1 Nr 1 S. 2 UStG entfällt die Steuerbarkeit nicht, „wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt“. Danach ist z. B. ein Umsatz steuerbar, der im Wege der Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Unternehmers bewirkt wird. In diesem Fall ist übrigens ausschließlich eine Lieferung des Vollstreckungsschuldners an den Erwerber zu bejahen; das Bundesland, dessen Gericht die Zwangsvollstreckung durchführt, ist weder Empfänger noch Leistender einer Lieferung.[4]
§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › A. Leistung › III. Individueller Vorteil
III. Individueller Vorteil
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Eine Leistung setzt voraus, dass ein Leistender einem identifizierbaren Leistungsempfänger einen individuellen Vorteil verschafft, also einen Vorteil, der zu einem Verbrauch i. S. d. Mehrwertsteuerrechts führt. Ein alleiniger Vorteil zugunsten der Allgemeinheit genügt nicht. Ist ein Vorteil zugunsten eines individuellen Leistungsempfängers zu bejahen, steht es der Annahme einer Leistung aber nicht entgegen, wenn der Leistende auch ein eigenes Interesse an der Leistung hat oder auch ein öffentliches Interesse an der Leistung besteht.[5] Die Frage, ob ein individueller Vorteil entgolten wird oder nicht, ist vor allem wichtig für die Abgrenzung zwischen „echten Zuschüssen“, die nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches gezahlt werden, und „unechten Zuschüssen“, die eine umsatzsteuerbare Leistung des Zuschussempfängers entgelten (s. noch Rn 216 ff).
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Beispiele:
Ein Getränkehändler wirbt auf Plakaten für seine Produkte. Die Werbung kommt zugleich einer Brauerei zugute, deren Bier der Getränkehändler vertreibt. Die Brauerei gewährt dem Händler daher aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung einen Zuschuss zur Finanzierung der Werbung. Der Händler erbringt an die Brauerei eine Leistung i. S. d. Umsatzsteuerrechts, obwohl die Werbemaßnahmen primär seinem eigenem Interesse dienen. Für die Annahme einer Leistung genügt, dass auch einem Dritten – hier der Brauerei – ein individueller Vorteil verschafft wird. Der von der Brauerei gewährte Zuschuss ist Entgelt i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr 1 UStG sowie § 10 Abs. 1 UStG.
§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › A. Leistung › IV. Verbrauchbarer Vorteil
IV. Verbrauchbarer Vorteil
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Eine Leistung setzt voraus, dass der Empfänger einen Vorteil erhält, der zu einem Verbrauch i. S. d. Mehrwertsteuerrechts führt. Die Zahlung von Geld fällt nicht darunter, weil sie dem Empfänger nicht unmittelbar einen verbrauchbaren Vorteil verschafft, sondern ihn lediglich in die Lage versetzt, sich einen solchen Vorteil zu verschaffen.[6] Als Beispiel erbringt beim Vollzug eines Kaufvertrages nur der Verkäufer eine der Umsatzsteuer unterliegende Leistung an den Käufer; der Käufer leistet durch Zahlung des Kaufpreises dagegen nicht an den Verkäufer. Auch die befreiende Übernahme von Verbindlichkeiten, die ganz oder teilweise an die Stelle eines Barkaufpreises treten kann, erfüllt den Leistungstatbestand nicht.[7]
§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › A. Leistung › V. Wirksamkeitsmängel
V. Wirksamkeitsmängel
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Das Umsatzsteuerrecht knüpft daran an, dass eine Leistung tatsächlich bewirkt wird. Daher steht es der Besteuerung nicht entgegen, wenn einer Leistung ein zivilrechtlich unwirksames Rechtsgeschäft zugrunde liegt oder die Leistungshandlung selbst zivilrechtlich unwirksam ist (s. auch § 41 AO: wirtschaftliche Betrachtungsweise im Steuerrecht). Auch wenn die Leistung selbst gesetzeswidrig (z. B. strafbar) ist oder gegen die guten Sitten verstößt, steht dies der Steuerbarkeit nicht entgegen.
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Beispiel 1:
Ein Sechsjähriger kauft Kaugummi. Der Vertrag ist nach §§ 104 f BGB (Geschäftsunfähigkeit) unwirksam. Dennoch unterliegt der Verkauf der Umsatzsteuer.
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Beispiel 2: