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rechtswidrigen Verhalten der Verwaltung die Ursache für lange Verfahrensdauern und die Verhinderung von Vorhaben sah. Zentrale öffentlich-rechtliche Zuständigkeiten im Bereich des Regulierungs- (§ 75 Abs. 4 des Energiewirtschaftsgesetzes) und Vergaberechts (§§ 116ff. des Gesetzes über Wettbewerbsbeschränkungen [GWB]) wurden deshalb später, anders als in den romanischen Staaten, den ordentlichen Gerichten zugewiesen.

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      Der in Art. 19 Abs. 4 GG enthaltenen Systementscheidung entsprechend gewährt das deutsche Verwaltungsprozessrecht Rechtsschutz grundsätzlich nur bei der Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte. Klagen sind nur zulässig, wenn der Kläger eine „Klagebefugnis“ besitzt, also die Möglichkeit geltend machen kann, in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt zu sein (§ 42 Abs. 2 und § 47 Abs. 2 VwGO), und sie haben zudem nur dann Erfolg, wenn der Kläger nach Feststellung des Verwaltungsgerichts tatsächlich in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO). Über den Wortlaut des Gesetzes hinaus gilt dies für alle Verwaltungsklagen, auch in der Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit (§ 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes und § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung).

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      Angesichts der Fixierung auf den gerichtlichen Rechtsschutz kann es nicht verwundern, dass die Frage nach dem subjektiv-öffentlichen Recht und seiner Bestimmung in der letzten Phase der Herausbildung des „klassischen“ deutschen Verwaltungsrechts im Mittelpunkt vieler Debatten stand. Die Betroffenheit in einem subjektiv-öffentlichen Recht löst den Vorbehalt des Gesetzes aus, begründet Anforderungen an das Verwaltungsverfahren (§ 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes [VwVfG]) und hat Konsequenzen für die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsentscheidungen sowie für ihre gerichtliche Kontrolle.

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      Konsequenterweise erscheinen das Gesetz und die es konkretisierenden Normen, Verwaltungsakte und Verwaltungsverträge damit als entscheidende Grundlage der subjektiv-öffentlichen Rechte, so dass sich die verwaltungsrechtlichen Probleme vor allem auf die richtige Auslegung der einschlägigen Normen reduzieren. Offen bleibt freilich, wie weit der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Zuerkennung subjektiv-öffentlicher Rechte reicht. Hier hat sich, hinter der intakt gebliebenen Fassade der aus dem Konstitutionalismus übernommenen Schutznormtheorie im Zeichen der Konstitutionalisierung des Verwaltungsrechts seit den 1970er Jahren eine tektonische Verschiebung vollzogen, über deren Konsequenzen bis heute kein vollkommenes Einvernehmen besteht.

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      Der Weg zu dieser Einsicht war steinig und ist noch immer nicht vollständig durchschritten. Gleichwohl lässt sich feststellen, dass seit Beginn der 1970er Jahre eine signifikante Ausweitung der subjektiv-öffentlichen Rechte stattgefunden hat, bei der die – erst später so genannten – norminternen Direktiven der Grundrechte zumindest im Hintergrund die entscheidende Rolle gespielt haben und das Dogma von der politischen Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Zuerkennung subjektiv-öffentlicher Rechte zu Recht ins Wanken geraten ist.

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