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die Vorlage steuerlicher Jahresabschlüsse für die Insolvenzmasse verlangen. Entstehen der Insolvenzmasse dadurch Kosten, die sie allein in fremdem Interesse aufwenden muss, kann der Insolvenzverwalter hierfür von den Gesellschaftern Ersatz und einen entsprechenden Auslagenvorschuss fordern.34

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      Stellt der Insolvenzverwalter fest, dass die vom Schuldner bzw. seinen Organen aufgestellten Jahresabschlüsse hinsichtlich der Zeiträume vor Verfahrenseröffnung Mängel aufweisen, z.B. weil der Schuldner in der Krise die Aktiva zu „optimistisch“ bewertet hat, um dadurch die Überschuldung zu verschleiern oder wertlose Forderungen, die wertmäßig abzuschreiben gewesen wären, weiterhin aktiviert, so sollte der Insolvenzverwalter prüfen, ob die fehlerhaften Jahresabschlüsse zu verwerfen und richtige Jahresabschlüsse aufzustellen sind.36

      Der Insolvenzverwalter ist für Mängel der Buchführung aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung dem Schuldner gegenüber nicht verantwortlich, wenn diese Mängel nach Insolvenzeröffnung nicht mehr korrigiert werden können. Der Insolvenzverwalter muss sich im Rahmen des ihm Zumutbaren aber darum bemühen, eine mangelhafte Buchführung „in Ordnung“ zu bringen.

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      Inhalt und Umfang der Pflichten, die der Insolvenzverwalter hat, hängen von den konkreten Umständen, insbesondere von Art und Umfang der Mängel der Buchführung ab. Auch die Belastbarkeit der Masse mit den Kosten solcher Arbeiten, mag sie auch für die Pflichtenstellung des Insolvenzverwalters gegenüber den Finanzbehörden unbeachtlich sein, kann für die Verantwortlichkeit gegenüber dem Schuldner eine Rolle spielen. Der Insolvenzverwalter hat unter Umständen wegen weiterer Klärung mit dem Schuldner Verbindung aufzunehmen; der Insolvenzverwalter kann auch gehalten sein, sich mit der Finanzbehörde zwecks Erleichterungen von den Buchführungspflichten ins Benehmen zu setzen.37

      Gemäß § 256 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AktG ist ein festgestellter Jahresabschluss, außer in den Fällen der §§ 173 Abs. 3, 234 Abs. 3 und 235 Abs. 2 AktG, nichtig, wenn er durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft gegeben sind. Aufgrund der Nichtigkeit eines Jahresabschlusses kann der Insolvenzverwalter Zahlungen, die auf der Basis der Jahresabschlüsse geleistet worden sind, insbesondere an Gesellschafter, zurückfordern und damit die Masse mehren.38

      Den Insolvenzverwalter treffen mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens alle Pflichten, die dem Schuldner oblägen, wenn über sein Vermögen nicht das Insolvenzverfahren eröffnet worden wäre. Dazu gehört auch die Steuererklärungspflicht gemäß § 149 Abs. 1 AO und, wenn der Schuldner eine gewerbesteuerpflichtige Personengesellschaft ist, die Verpflichtung zur Buchführung und Bilanzierung. Dies gilt auch für Steuerabschnitte, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegen.39

      Die Verpflichtung des Insolvenzverwalters zur Abgabe von Steuererklärungen ist unabhängig davon, ob die dafür erforderlichen Kosten – bei Beauftragung eines Steuerberaters – durch die Insolvenzmasse gedeckt sind. Ebenso wie der Steuerpflichtige selbst kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung der Abgabepflichten von Steuererklärungen nicht mit dem Argument zurückweisen, es seien keine hinreichenden finanziellen Mittel vorhanden. Der Insolvenzverwalter hat die ihm auferlegten Pflichten gegenüber der Finanzbehörde im übergeordneten öffentlichen Interesse zu erfüllen. Die Steuererklärungspflicht dient der ordnungsgemäßen Abwicklung des Besteuerungsverfahrens und nicht nur dem fiskalischen Interesse der Finanzverwaltung als Insolvenzgläubiger. Dabei soll nach Auffassung des BFH auch berücksichtigt werden, dass zu Insolvenzverwaltern in der Regel Personen bestellt werden, die aufgrund ihrer Ausbildung oder beruflichen Erfahrung zu dieser Vermögensverwaltung, zu der auch die Abgabe von Steuererklärungen für den Gemeinschuldner gehört, besonders qualifiziert sind. Dem kann der Insolvenzverwalter nicht entgegenhalten, dass er für die damit verbundene Arbeit kein angemessenes Entgelt zu erwarten habe.40

      Der BFH hat offengelassen, ob es für einen Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter auch dann zumutbar ist, die Steuererklärungen des Gemeinschuldners selbst zu erstellen, wenn dies mit umfangreichen Buchführungs- und Abschlussarbeiten verbunden ist und die Kosten für die Beauftragung eines Steuerfachmannes aus der Insolvenzmasse nicht gedeckt werden können.41

      Der Insolvenzverwalter muss sich nach der Rechtsprechung des BGH im Rahmen des ihm Zumutbaren auch um die Vervollständigung einer der bei Insolvenzeröffnung mangelhaften Buchführung bemühen, wenn diese mit Blick auf die steuerlichen Anforderungen noch in Ordnung gebracht werden kann.42

      Bei der Nichtaufstellung von Jahresabschlüssen und der damit einhergehenden Nichtabgabe von Feststellungserklärungen bei einer Personenhandelsgesellschaft sind die Gesellschafter schutzlos Steuerschätzungen durch die Finanzverwaltung ausgeliefert. Das gesetzliche Schuldverhältnis zwischen dem Insolvenzverwalter und den Gesellschaftern verlangt, der Insolvenzmasse entsprechend §§ 669, 670 BGB einen Aufwendungsersatzanspruch zuzubilligen, der auch als Vorschuss eingefordert werden kann, um einerseits die Insolvenzmasse nicht mit den Kosten der Erstellung des Jahresabschlusses und der Steuererklärung zu belasten, andererseits aber auch den Gesellschaftern die Möglichkeit zu bieten, ihren steuerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen.43

      Durch die Kostentragungslast der Gesellschafter werden die Interessen der Gläubiger und Gesellschafter sachgerecht ausgeglichen.44

      Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, unrichtige Steuererklärungen zu korrigieren, wenn solche zuvor vom Schuldner eingereicht worden sind.45

      Die vorstehend umschriebenen Pflichten bestehen auch nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit fort.46

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      Eine Ausnahme ist nur zulässig, wenn es sich um besonders schwierige und umfangreiche Arbeiten handelt.47

      Regelmäßig wird eine Person zum Insolvenzverwalter bestellt, die aufgrund ihrer Ausbildung oder beruflichen Erfahrung zu dieser Vermögensverwaltung besonders geeignet ist. Als Folge daraus ist es ihr zuzumuten, die Erstellung der Buchführung und die Abgabe der Steuererklärungen für den Gemeinschuldner in Fällen der Massearmut ordnungsgemäß vorzunehmen. Die Richter des BFH ziehen aus dieser Ansicht die Konsequenz, dass die Erzwingung der Abgabe von Steuererklärungen von einem dazu verpflichteten Insolvenzverwalter für das Finanzamt Vorrang gegenüber einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen hat.48

      Sofern dem Insolvenzverwalter keine Mittel zur Verfügung stehen, um etwaige aus dieser Verpflichtung entstehenden Honoraransprüche zu erfüllen, muss der Insolvenzverwalter die Einstellung des Verfahrens mangels Masse gemäß der Vorschrift des § 207 InsO beantragen.49

      Als Folge daraus fällt die Erfüllung der versäumten steuerlichen Pflichten durch den Insolvenzverwalter ex nunc weg.50

      Nach der Rechtsprechung des BGH steht dem Verwalter bei gewährter Kostenstundung im eröffneten Insolvenzverfahren ein Anspruch auf Erstattung angemessener Kosten für einen Steuerberater als Auslagen gemäß §§ 4a, 63 InsO, § 4 Abs. 1, 2 InsVV aus staatlichen Mitteln zu, wenn das Finanzamt den Insolvenzverwalter trotz Masseunzulänglichkeit des Verfahrens nachhaltig auffordert, umfangreiche steuerliche Tätigkeiten zu erbringen.51

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