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ordnungsgemäß geführt worden. Er hat vielmehr im Einzelnen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, welche der in den Liquiditätsstatus eingestellten Verbindlichkeiten trotz entsprechender Verbuchung zu den angegebenen Zeitpunkten nicht fällig und eingefordert gewesen sein sollen.75

      Bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO anhand einer Liquiditätsbilanz sind auch die innerhalb von drei Wochen nach dem Stichtag fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten (sog. Passiva II) einzubeziehen.76

      Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer daraufhin deutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden.77

      Als Beweisanzeichen für Zahlungsunfähigkeit bzw. Zahlungseinstellung kommen nach der sog. „wirtschaftskriminalistischen Methode“

       – Schließung des Geschäftslokals,

       – Verlegung des Geschäftssitzes zur Begründung einer anderen Gerichtszuständigkeit,

       – Kreditkündigungen durch Banken,

       – Wechsel des Hauptlieferanten zur Inanspruchnahme anderweitigen Lieferantenkredits,

       – Zahlungen mit vordatierten Schecks,

       – Abgabe der eidesstattlichen Versicherung,

       – Häufung von Pfändungen,

       – Nichtbezahlung von existenzbedingten Betriebskosten, fruchtlose Vollstreckung,

       – Nichtzahlung oder schleppende Zahlung von Löhnen und Gehältern,

       – Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen,

       – Nichtzahlung von Umsatzsteuerrückständen,

       – Flucht des Schuldners,

       – Wechselproteste sowie

       – Einräumung der Zahlungsunfähigkeit durch den Schuldner

       b) Drohende Zahlungsunfähigkeit

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      Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt gemäß § 18 Abs. 2 InsO vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Durch das SanInsFoG wurde der Prognosezeitraum gesetzlich auf 24 Monate festgelegt (§ 18 Abs. 2 Satz 2 InsO).

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       c) Überschuldung

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      Überschuldung liegt gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 InsO zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 5 InsO bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO bei den Verbindlichkeiten nicht zu berücksichtigen. Durch das SanInsFoG wurde der Prognosezeitraum gesetzlich definiert, in dem § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO folgende Fassung erhalten hat: Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten 12 Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.

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      Die Überschuldungsprüfung erfordert nach Auffassung des IDW in aller Regel ein zweistufiges Verfahren, wobei zunächst auf der ersten Stufe die Überlebenschancen des Unternehmens und auf der zweiten Stufe – im Falle einer negativen Fortbestehensprognose – Vermögen und Schulden des Unternehmens in einem stichtagsbezogenen Status zu Liquidationswerten gegenüberzustellen sind.80

      Bei einer positiven Fortbestehensprognose liegt keine Überschuldung i.S.d. § 19 Abs. 2 InsO vor. Im Falle einer negativen Fortführungsprognose sind Vermögen und Schulden des Unternehmens gegenüberzustellen. Ist das sich aus dem Überschuldungsstatus ergebende Reinvermögen negativ, liegt eine Überschuldung vor.81

      71 So Uhlenbruck/Pape, InsO, § 1 Rn. 2. 72 So Uhlenbruck/Pape, InsO, § 1 Rn. 2. 73 So BGH, Urt. v. 6.12.2012 – IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228ff. = ZVI 2013, 65ff. = NZI 2013, 140ff., dazu EWiR 2013, 175f. (Bremen); BGH, Urt. v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222ff. = ZVI 2006, 577ff., dazu EWiR 2007, 113f. (Wagner); BGH, Urt. v. 24.5.2005 – IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134ff. = ZIP 2005, 1426 (m. Bespr. Hölzle, ZIP 2006, 101) = ZVI 2005, 408 = WM 2005, 1468ff., dazu EWiR 2005, 767f. (Bruns). 74 So BGH, Beschl. v. 21.5.2019 – II ZR 337/17, ZIP 2019, 1719ff.; dazu EWiR 2019, 551f. (Baumert). 75 So BGH, Urt. v. 19.12.2017 – II ZR 88/16, ZIP 2018, 283ff. = EWiR 2018, 179f. (Karsten Schmidt) = NZI 2018, 204ff. mit Anm. Haneke; vgl. Mylich, ZIP 2018, 514ff. 76 BGH, Urt. v. 19.12.2017 – II ZR 88/16, ZIP 2018, 283ff. = EWiR 2018, 179f. (Karsten Schmidt) = NZI 2018, 204ff. mit Anm. Haneke; vgl. Mylich, ZIP 2018, 514ff. 77 So BGH, Urt. v. 12.12.2006 – IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228ff. = ZVI 2013, 65ff. = NZI 2013, 140ff. Rn. 20, dazu EWiR 2013, 175f. (Bremen); BGH, Urt. v. 29.3.2012 – IX ZR 40/10, WM 2012, 998f. = NZI 2012, 663f. Rn. 11; BGH, Urt. v. 30.6.2011 – IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416ff. = ZVI 2011, 452ff. Rn. 13, dazu EWiR 2011, 571f. (Henkel). Hilfreich in diesem Zusammenhang ist auch der IDW Standard: Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen (IDW S 11) v. 22.8.2016, IDW Life 3/2017, 332ff.; vgl. zu der Vorgängerversion Frystatzki, NZI 2014, 840ff.; Schmittmann, StuB 2014, 607ff. 78 Vgl. BGH, Beschl. v. 21.8.2013 – 1 StR 665/12, NZI 2013, 970ff. = ZIP 2013, 2469, dazu EWiR 2014, 121f. (Floeth); BGH, Urt. v. 29.3.2012 – IX ZR 40/10, WM 2012, 998f. = NZI 2012, 663f.; BGH, Urt. v. 14.2.2008 – IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706ff. = NZI 2008, 299ff., dazu EWiR 2008, 533f. (Dörnscheidt); BGH, Beschl. v. 13.6.2006 – IX ZB 238/05, ZIP 2006, 1457ff. = NZI 2006, 591f. = NJW-RR 2006, 1422f.; Schmittmann/Theurich/Brune, Das insolvenzrechtliche Mandat, § 2 Rn. 48. 79 So IDW Standard: Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen (IDW S 11) vom 28.8.2016, IDW Life 2017, 332ff. Rn. 93. 80 So IDW Standard: Beurteilung des Vorliegens

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