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wechseln regelmäßig. Jede Show ist anders. Ich möchte die Menschen überraschen – bei jedem Besuch aufs Neue.« Sie trank ihr Wasserglas halb leer und schaute sich dann um. »Die meisten Gäste scheinen schon müde geworden zu sein. Ich sollte mich auch bald zurückziehen und schlafen. Morgen reise ich früh wieder ab.«

      Für einen Augenblick blieb sein Herz stehen, sie durfte nicht gehen, er hatte doch gerade erst ein Gespräch begonnen. Riley überlegte, wie er sie noch ein wenig hinhalten konnte. Er musste sie irgendetwas fragen, aber was? »Lady Moonlight ist bestimmt nur Ihr Künstlername, oder?«

      »Das stimmt. Aber sag doch bitte Du. Wenn ich gesiezt werde, fühle ich mich immer so alt.« Lachend streckte sie ihm ihre Hand entgegen. »Ich bin Luna.«

      Erleichtert ergriff er sie. »Riley. Freut mich sehr. Darf ich dich noch auf einen Wein einladen, Luna?« Damit würde er sich ein bisschen Zeit verschaffen, um sie besser kennenzulernen. »Wir könnten uns an einen Tisch setzen und ein wenig erzählen. Ich bin so fasziniert von deiner Show und würde verdammt gerne mehr über dich erfahren.«

      Riley entging Lunas zögerlicher Blick nicht. Sie musterte den mittlerweile leeren Raum und schließlich den Barkeeper, der als Einziger mit ihnen zurückgeblieben war. Schließlich nickte sie ergeben. »Ja, gerne, aber nicht mehr so lange. Wie gesagt, ich reise morgen sehr früh ab.«

      »Keine Sorge. Was möchtest du trinken?«

      »Eine Weißweinschorle, bitte.« Luna erhob sich und steuerte einen kleinen Tisch an, an dem sie sich auf einem der zwei schwarzen Cocktailsessel niederließ.

      Nachdem Riley mit den Getränken ihr gegenüber Platz genommen hatte, hoben sie ihre Gläser und stießen an. »Auf einen zauberhaften Abend.«

      Obwohl er sich einen genauen Plan zurechtgelegt hatte, wie er das Gespräch in Gang bringen konnte, waren alle Erinnerungen daran wie weggeblasen. Doch der Moment des Schweigens war nicht unangenehm, sondern in gewisser Weise inspirierend.

      Riley betrachtete Luna fasziniert. Ihre sanften Bewegungen, die wohlüberlegt schienen, ihr schüchternes Lächeln, als sie von ihrem Glas aufsah und seinem Blick begegnete. Auf der Bühne wirkte sie unnahbar und taff, doch hier bemerkte er eine andere, zurückhaltende Seite an ihr. Ob es an ihm lag?

      »Wie lange machst du das schon?«, fragte Riley schließlich in das Schweigen hinein, das von leiser Klaviermusik untermalt worden war.

      Ob das stilvolle Ambiente Teil ihres persönlichen Wiedererkennungswertes war? Hatte sie überhaupt Einfluss darauf oder lag es an der Location? Im Kopf versuchte er sich all diese Dinge zu notieren, um sie später über das Veranstaltungspersonal herauszufinden.

      »Seit ungefähr drei Jahren.« Ihr bohrender Blick ließ Riley kurz innehalten. Luna schien müde und leicht abwesend zu sein – bestimmt dachte sie an ihr Bett.

      »Was hast du davor gemacht? Abitur?«

      Ihr Blick verfinsterte sich für den Bruchteil einer Sekunde.

      Wenn Rileys Vater ihm nicht schon im Kindesalter beigebracht hätte, die Reaktionen seiner Mitmenschen aufmerksam zu beobachten, wäre es ihm nicht aufgefallen. Das mussten gute Zauberkünstler können. Jedoch hatte sein Vater irgendwann aufgegeben, ihn weitere Dinge zu lehren, da Riley nicht der Typ für filigrane Kartentricks war. Strobinhos Bitte, ihm zu helfen, bot Riley die Chance, ihm endlich etwas recht zu machen und so die Beziehung zwischen ihnen zu retten. Er sehnte sich nach der Anerkennung seines Vaters. Deshalb saß er hier. Deshalb musste er sich konzentrieren.

      »Du wirst lachen, aber ich habe davor ganz klassisch eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau gemacht«, antwortete Luna schließlich.

      »Ach, wirklich? Wie bist du dann zum Zaubern gekommen?«

      Sein Plan war es, sie mit Fragen so im Griff zu haben, dass sie ihn nicht ebenfalls ausfragen konnte. Er hatte sich zwar eine gute Geschichte zurechtgelegt, doch er wollte sie nur im Notfall einsetzen. Bisher gelang es ihm ganz gut, sie antwortete nur und hakte nicht nach.

      In erster Linie war es Rileys Ziel, herauszufinden, was für eine Frau hinter der Magierin Lady Moonlight steckte. Doch in seinem Kopf formten sich Fragen, die überhaupt nichts mit dem Plan seines Vaters zu tun hatten. Er wollte mehr wissen, jedes Wort saugte er förmlich auf, weil es so schön war, ihr zuzuhören.

      Luna schien auch diesmal genau zu überlegen, was sie ihm antworten sollte. »Durch Fernsehsendungen. Ich habe sie schon als Kind geliebt und immer versucht, die Tricks der großen Magier zu Hause nachzuahmen. Jetzt habe ich aber so viel von mir erzählt, du bist dran.« Ein triumphierendes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. »Was magst du außer Zaubershows?«

      Auch wenn diese Frage nicht zu seinem Plan passte, brauchte Riley für die Antwort nicht einmal zu lügen. Trotzdem wollte er sich nicht zu viel entlocken lassen. Sein Vater hatte ihm klargemacht, dass er so wenig wie möglich von sich preisgeben sollte. »Ich zeichne gerne. Änderst du tatsächlich jede deiner Shows ab, sodass sie immer unterschiedlich sind?«

      »Nein, nein, mein Lieber. So geht das nicht. Wenn ich so viel über mich erzähle, dann musst du auch etwas mehr über dich erzählen. Also, was zeichnest du?«

      Riley seufzte. So sollte das Gespräch eigentlich nicht verlaufen. Doch ihre Art gefiel ihm weit mehr, als sie es dürfte. »Mangas. Viele davon mit Zauberern, so verbinde ich beide Interessen.«

      »Mangas, wow. Kann ich die mal sehen?« Ein Strahlen breitete sich auf ihrem Gesicht aus.

      Ihr Interesse schmeichelte ihm, zumal es echt wirkte. »Ja, ich kann dir gerne mal eine Zeichnung zeigen. Aber dann musst du mir verraten, wie dein Trick mit den bunten kleinen Bällen funktioniert.«

      Luna lachte herzhaft. »Riley, du bist ein interessanter Mann. Allerdings verrät ein Zauberer niemals seine Tricks.«

      Es half alles nichts. Er musste seine Neugier bremsen, damit er nicht zu auffällig agierte.

      »Na gut, neue Frage. Dein liebster Urlaubsort?« Irgendwo hatte Riley einmal gehört, dass man Menschen anhand ihrer Interessen und Vorlieben deutlich leichter einschätzen konnte. Ob das stimmte, wusste er nicht so genau. Selbst wenn nicht, die Antwort interessierte ihn trotzdem.

      Ein Lächeln umspielte Lunas volle Lippen. »Das wäre dann eine Hütte mitten im Wald, weit entfernt von dem Trubel der Stadt. Und bei dir?«

      »Urlaub am Strand. Ich finde das Rauschen der Wellen und die unendliche Weite des Ozeans total inspirierend. Dein Lieblingsgetränk?«

      »Heiße Schokolade mit Sahne und Minimarshmallows. Und deins?«

      »Klingt lecker. Ich liebe einen guten Whiskey. Hmm, Lieblingseis?«

      »Schokolade.« Sie lachte amüsiert.

      Immer wieder warfen sie sich gegenseitig den imaginären Gesprächsball zu. Als der Barkeeper sich verabschiedete und die Bar schloss, wurden ihre Fragen ziemlich verrückt.

      »Würdest du lieber von einem Vampir oder einem Werwolf gebissen werden?«, brachte Riley unter glucksendem Kichern hervor.

      Zu seiner Überraschung verstummte Lunas Lachen und sie schien intensiv über diese Frage nachzudenken. »Hmm. Lieber von einem Wolf. Ich würde die Sonne zu sehr vermissen, obwohl ich den Mond und die Nacht liebe.«

      Verständnisvoll nickte Riley. »Ja, geht mir auch so. Außerdem kann ich kein Blut sehen und bekomme allein bei dem Gedanken, einen Menschen auszusaugen, eine Gänsehaut. Siehst du?« Er hielt ihr seinen Arm unter die Nase, den Luna sanft mit ihrer warmen Hand streichelte.

      »Stimmt. Aber ich glaube das liegt daran, dass es langsam sehr kalt wird.«

      Sie hatte recht. Die Klimaanlage lief auf hoher Stufe, denn sie hatte vorher einen Raum voller aufgewärmter Menschen herunterkühlen müssen. Nun waren sie bereits seit einiger Zeit allein.

      »Ich sollte wirklich ins Bett gehen.« Luna erhob sich grinsend.

      Zufrieden mit seinem ersten Erfolg begleitete er sie noch ins Foyer des Hotels.

      Ein

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