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– Vater Don und Sohn Donn –, die als Denker und Lenker der Dallas Mavericks von dem 20-Jährigen derart beeindruckt waren, dass sie ihn in die NBA holten. Und die in Kauf nahmen, sich den Spott von tausenden von Neunmalklugen einzuhandeln.

      Mir war ziemlich lange nicht klar, ob diese Kassette womöglich nur in meiner Phantasie existiert und ich mir stattdessen nach guter alter Reporter-Sitte auf einem Block Notizen gemacht hatte. Aber ich konnte auch keinen Block finden (kein Wunder, denn auch davon besitze ich mehr als genug, und auch die wurden noch nie katalogisiert).

      Ich fand jedoch beim Grübeln eine Erklärung für meine löchrige Erinnerung an die damalige Unterhaltung. Mein Gesprächspartner war zwar nicht irgendwer, sondern ein Sportler mit einer guten Leistungsprognose, der wenige Wochen zuvor den Sprung in die große weite Welt riskiert hatte. Aber dieser Mensch, der mir da gegenübersaß, beantwortete Fragen zu seiner beruflichen Entscheidung auf eine Weise, die keinen bleibenden Eindruck hinterließ.

      Ich vermutete, dass dies kein Zufall war. Seine Art der Selbstdarstellung wirkte so, als sei sein Verhalten der Intention entsprungen: Nicht viel reden. Nicht viel sagen. Und vor allem nicht viel verraten. Sich einkapseln in eine Idee von Privatsphäre, die dem Hunger der Medien nach Informationen deutlich entgegenlief. Eine Haltung, die er Jahre später zur Premiere des Dokumentarfilms Nowitzki – Der perfekte Wurf noch einmal durchblicken ließ. Er hatte beim Dreh bewerkstelligt, dass ihm die Filmemacher „nicht ständig in die Unterhose gekrabbelt“ waren, sagte er dem Stern, weil er „Aufmerksamkeit nicht so mag“ („Halbnackt am Strand von Fans umringt zu werden, ist nicht sein Ding“) und hatte sich hinreichend abschirmen können.

      Seine Vorsicht im Jahr 1999 wirkte allerdings vergleichsweise übertrieben. Denn was war an dem Privatleben des jungen Profi-Basketballers aus Würzburg in jenen Tagen wirklich außergewöhnlich und yellow-press-mäßig interessant?

      Er hatte einen auffälligen Haarschnitt, einen Ohrring und eine Freundin, die in Deutschland geblieben war und über die er nicht gerne sprach. Später las man, dass sie eine Basketballerin war, die bei seinem Heimatverein DJK Würzburg spielte. Zusammen mit seiner Schwester Silke.

      Ich konnte nicht abschätzen, ob Dirk Nowitzki diesen Impuls schon immer gehabt hatte oder ob er eine extrovertierte Seite besaß, die er gegenüber Journalisten einfach abschaltete. Ich vermute heute das Erstere – angesichts seines bestens dokumentierten fehlenden Interesses an Werbeverträgen und an öffentlichen Auftritten jedweder Art. Extrovertiert? Nein, dieses Wort fällt einem beim Blick auf die Karriere dieses Mannes nicht ein.

      Was er damals auf jeden Fall war, dieser Dirk Werner Nowitzki: ein baumlanger Typ, dank eines erstes Vertrages in der besten Basketballliga der Welt bereits ziemlich wohlhabend, aber fern der Heimat eher unsicher. Sich trotz aller Sprachkenntnisse und eines guten basketballerischen Fundaments in dieser anderen Welt überhaupt zurechtzufinden, war eine ganz beachtliche Herausforderung. Dirk Nowitzki hatte damals in seiner ersten Saison in Dallas einfach beim besten Willen noch keinen Grund unter den Füßen.

      Er war hingeflogen. Er war da. Er versuchte, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. Er ging seinem Beruf nach. Er trainierte viel. Gab Interviews. Aber es fehlte etwas: das Urvertrauen in sich und seine neue Umgebung.

      Mir fiel ein, dass unser Gespräch an einem spielfreien Tag mitten in der Woche stattfand und wir uns vorher in der Trainingshalle ein paar Kilometer vom Zentrum und meinem Hotel entfernt getroffen hatten. Dass er anschließend diese Kneipe ausgewählt hatte, weil ihm dort die Hamburger schmeckten und ich hinter ihm und seiner nach nichts aussehenden amerikanischen Limousine der Marke Oldsmobile hinterherfuhr, in die er sich mit seinen langen Extremitäten hineinfalten musste. Es lag ihm nicht, sich trotz seiner finanziellen Möglichkeiten ein größeres Fortbewegungsmittel zuzulegen. Und er rechtfertigte dies ausdrücklich mit seiner Genügsamkeit in solchen Dingen, die ihm in Amerika, wo alles größer war, nicht abhandengekommen war.

      Der Rookie tat sich schwer. Wie wurde seine vier Jahre ältere Schwester, später die Managerin seiner Stiftung und einer Reihe seiner Privatangelegenheiten, damals zitiert? „Ihm ist vieles peinlich.“

      Wer das eine oder andere herausfiltern wollte, war auf kleine Brocken angewiesen. Mike Wise etwa berichtete in der New York Times 2001 („Die Amerikanisierung von Dirk Nowitzki“) von folgender Episode: „Auf einer seiner ersten Reisen mit den Dallas Mavericks 1998 musste der junge, scheue Deutsche Dirk Nowitzki jemanden bitten, ihm zu erklären, was der Begriff shoot-around bedeutet, die tägliche Vorbereitung aller NBA-Mannschaften auf ein Spiel am Tag der Begegnung. ‚Shoot-around ist so etwas wie rehearsal‘, sagte ihm Mannschaftskollege Gary Trent. Der Neuling nickte wissend, ehe er Trent mit verwirrtem Blick anschaute. ‚Was ist rehearsal?‘“

      Hätte er damals nicht die Freundschaft zu einem kanadischen Mitspieler gefunden, den er bei einem Pressetermin im Juni 1998 zum ersten Mal gesehen hatte, ein Außenseiter so wie er, ein Typ mit einem ebenso komischen Haarschnitt und ein Spieler, der anfänglich von den Fans der Mannschaft wegen seiner schwachen Leistungen ausgebuht wurde – wer weiß, was aus Nowitzki sportlich geworden wäre.

      Heute ist klar: Wir müssen uns nicht in irgendwelche Was-wäre- wenn-Geschichten flüchten. Steve Nash sei Dank. „Wir sind von Anfang an gut miteinander ausgekommen“, erzählte der Rookie Juliet Macur von der Dallas Morning News, als die Anpassungsschwierigkeiten der Anfangszeit überwunden waren. „Ohne ihn hätte ich mich hier wirklich einsam gefühlt.“

      Steve Nash ist vier Jahre älter als Nowitzki und hatte bei den Phoenix Suns bereits ein wenig NBA-Luft geschnuppert. Die beiden verbrachten in der ersten gemeinsamen Phase viel Zeit miteinander, gingen abends in eine Kneipe in die Nähe seiner Wohnung, wo sie unerkannt Hamburger und Bier bestellen konnten.

      Es war die Zeit des Ausprobierens. Sie spielten zusammen Gitarre und entdeckten irgendwann einen gemeinsamen Sinn für Spaß und Clownereien, der etwas schräger war, als das sonst im Milieu der NBA vorkommt. „Das war fast so, wie man das aus dem College kennt“, erzählte Nash später, nachdem seine Zeit bei den Dallas Mavericks überraschenderweise zu einem abrupten Ende gekommen war und er als Spielmacher der Phoenix Suns zweimal hintereinander den Ehrentitel „wertvollster Spieler der Saison“ gewonnen hatte. Auch er war ein Ausnahmetalent, das erst später seine magischen Fähigkeiten entfalten würde.

      Ich habe mich im Laufe der Zeit mit vielen Sportlern in den USA ausgiebig unterhalten. Einige hinterließen nachhaltigen Eindruck. An die Momente mit Charles Barkley in der Umkleidekabine der Phoenix Suns erinnere ich mich vor allem deshalb, weil er mit einer pausbäckigen Lust laut kontroverse Sprüche von sich gab und jeden Fragesteller aus der Reserve lockte und provozierte. Bei einer langen Unterhaltung mit Detlef Schrempf lag dieser während unseres Gesprächs in einem Fitnessstudio in Indianapolis auf einem Massagetisch und ließ sich behandeln, aber wirkte bisweilen so, als wäre er am liebsten einfach gegangen. Unvergessen, wie Carl Lewis redete – schnell und ohne Punkt und Komma. Wie Michael Phelps auf seinem Stuhl herumrutschte und ins Nichts schaute. Wie man Christian Welp regelrecht belagern musste, damit wir uns in Seattle trafen. Jackie Joyner-Kersee war smooth und bestens präpariert. Der ehemalige Radprofi Tyler Hamilton, der als wichtiger Zeuge Lance Armstrong zu Fall brachte, war offen und zugänglich. Anders wiederum John Carlos, der 1968 bei den Olympischen Spielen in Mexico City auf dem Podest während der Siegerehrung die Faust im Handschuh in den nächtlichen Himmel gereckt hatte und dafür von seinem Verband bestraft worden war. Der wirkte all die Jahre später einerseits erstaunlich kapriziös, aber skeptisch und voller Vorbehalte zugleich.

      Aus so etwas besteht der Reporter-Alltag. Man trifft sich. Man stellt Fragen. Man sammelt Erinnerungen und destilliert sie im Kopf zu einem Gemisch der Deutungen.

      Es gibt Athleten, die mögen es in solchen Situation, von ihren Interviewern in Unterhaltungen in die Schlaufen ihrer Gehirnzellenketten hineingedrängt zu werden, weil sie ebenfalls Fans von serendipity sind. Weil sie diesen Teil ihres Athletendaseins nie abgeschaltet haben. Weil sie wie mit Hilfe einer Logarithmen-Tabelle die fehlenden Werte ermitteln wollen, die man braucht, um das Dreieck des eigenen Sportlerlebens zu verorten.

      Ich war mir damals nicht sicher. Heute weiß ich es: Zu denen gehörte der Absolvent des Röntgen-Gymnasiums in Würzburg nicht.

      Ich

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