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bildeten – waren vom Feuer oxydiert, was nahelegt, dass sie noch in Fleisch steckten, das hier gegart wurde. Aber der weitaus größte Teil der Überreste stammte von Fischen: Lachs, Franzosendorsch, Barsch, Meeräsche, Plattfische und vor allem Aale. Ihre schiere Zahl und die Größe lassen darauf schließen, dass die Menschen sie in flachem Wasser fingen, in mondbeschienenen Sturmnächten um die Tagundnachtgleiche im Herbst, wenn sich die Aale auf ihren bis auf die andere Seite des Atlantiks führenden Wanderzug begaben. Drei angespitzte Pflöcke, die in einem fossilisierten Kanal freigelegt wurden, könnten einst als Stützen für Korbreusen gedient haben.

      Ich erinnere mich an solche Bewegungen aus meiner Kindheit: Ich stehe in Norfolk oder in den südlichen Counties am Rand eines klaren Bachs und beobachte eine schwarze Rinne voller Aale, die manchmal eng wie Flechtwerk ineinander verwunden waren und sich ihren Weg bachabwärts wälzten. Heute wäre man glücklich, vielleicht ein halbes Dutzend am Tag zu sehen. Der große Karawanenzug bestand von der Mittelsteinzeit bis in die 1980er Jahre, bevor er zusammenbrach.

      Zwischen den über den fossilen Marschen verstreuten Steinklingen, Mahlsteinen und Dechseln, den aus Knochen gefertigten Ahlen und Schabern, den Geweihen, die als Hacken benutzt wurden, befanden sich Artefakte, die an Plätzen dieses Alters nur selten zu finden sind: aus Holz hergestellte Werkzeuge. Die Ausgräber fanden einen Spatel, eine hölzerne Nadel, einen Grabstock. Doch ein Werkzeug faszinierte mich am meisten, ein y-förmiger Stock, der an der Innenseite der Gabel geschmirgelt war, vielleicht mit Sand. Die Forscher sind der Ansicht, das Gerät könnte womöglich dazu gedient haben, im Sediment verborgene Aale zu fangen und am Boden festzuhalten, bis man sie packen konnte. Ich dachte an die Menschen, die mit ihren Zinken die Kanäle entlangstaksten, langsam gingen, damit ihre Bewegungen nicht durch das Wasser fortgepflanzt wurden, ihre Füße in den Sand setzten und das Bachbett nach den unscheinbaren Spuren von Schleim oder den serpentinenartigen Erhebungen absuchten, die auf ihre Beute schließen ließen. Den Stock anheben, ihn der Brechung entsprechend ausrichten und hinabstoßen. Der Aal schlägt um sich, kringelt sich, windet sich nach der Hand, die ihn ergreift. Die Finger graben sich in das schleimige Fleisch hinter den Kiemen, drücken es heraus, schlagen den Schwanz, um die Rückengräte zu brechen, gegen den Pflock. Dann schiebt die Hand eine entrindete Weidenrute durch die Kiemen und zum Maul wieder hinaus und bindet den Aal zu der anderen Beute an den ledernen Riemen, den die Jäger um ihre Hüfte geschlungen haben.

      Im Schlamm fanden sich Überreste, die darauf hinweisen, dass diese Menschen auf den Salzmarschen in Tipis kampierten. Eine Struktur mit etwa drei Metern Durchmesser, über deren Pfosten Häute oder Schilf gelegt wurde, hätte vier Menschen beherbergen können. In der Mitte stand ein Herd, an dem sie sich aufwärmten und ihr Essen brieten oder räucherten. Dem Wind und dem Regen an der walisischen Küste ausgesetzt, in dem harschen Klima nach dem Rückzug der Gletscher, müssen sie so zäh gewesen sein wie die Lammkoteletts, die man in Autobahnraststätten vorgesetzt bekommt.

      Über das Leben auf den Britischen Inseln im Mesolithikum, in jenen annähernd 6000 Jahren (zwischen 11 000 und 6000 vor unserer Zeit), wissen wir nur wenig, auch deshalb, weil heute ein Großteil des Landes, durch das damals die Menschen streiften, unter Wasser liegt. Am Ende der letzten Eiszeit lag der Meeresspiegel 30 Faden oder 55 Meter tiefer als heute.5 Als das Mesolithikum einsetzte, etwa 4000 Jahre bevor die in Goldcliff entdeckten Lager errichtet wurden, gab es keinen Bristolkanal, keine Cardigan Bay, keine Liverpool Bay. Sogar Lundy Island, die Insel, die das westliche Ende des Bristolkanals markiert, gehörte zum Festland. Doch der Meeresspiegel stieg rasant an. Nachweise für die Besiedlung der Goldcliff-Stätte setzen ein (vor etwa 7000 Jahren), als das Meer das erste Mal an sie heranreicht. Damals lag bereits ein Großteil der Cardigan Bay unter Wasser und der Meeresspiegel stieg weiter, etwa anderthalb Mal so schnell wie heute.

      Wie so viele Küstenstriche kennt auch Mittel-Wales einen Atlantis-Mythos, der womöglich in der Ausbreitung des Meeres nach der Eiszeit und dem Untergang von Siedlungen seinen Ursprung haben dürfte, auch wenn er zweifellos durch die mündlichen Erzählungen aktualisiert und schließlich schriftlich festgehalten wurde. Die walisische Erzählung berichtet von den Cantre’r Gwaelod – den Hundert Tieflanden –, die von einem Stammesfürsten namens Gwyddno Garanhir regiert wurden. Durch eine Reihe von Deichen wurden sie vor der See geschützt. Gwyddnos Gefolgsleute hatten die Aufgabe, die Deiche und ihre Sperren und Schleusen in Ordnung zu halten. Einer der Adligen war der notorische Trunkenbold Seithenyn. Er tat Dienst in einer Nacht, in der eine schreckliche Sturmflut wütete – mit vorhersehbaren Konsequenzen. Die Legende will, dass die untergegangenen Glocken von Cantre’r Gwaelod läuten, wenn jemand in Seenot gerät. Ich kann bezeugen, dass diese Story nicht wahr ist: Ich hätte die Glocken oft genug hören müssen.

      Der Befund in Goldcliff lässt darauf schließen, dass die Menschen, die hier ihre Spuren hinterlassen haben, nur periodisch auf den Marschen jagten und sammelten, meistens im Sommer und im frühen Herbst. Zusammen mit anderen Prädatoren folgten sie den großen Hirschrudeln und den Auerochsenherden, den Wildschweinrotten und der Abfolge von Fülle und Knappheit, wie sie auch für andere Bereiche der Natur gilt. Offenbar haben sie nur für wenige Wochen hintereinander ihre Lager auf den Salzmarschen aufgeschlagen, wenn die Küstenwälder reich an Wild waren und die Gewässer vor Fischen wimmelten. Aus dem ausgegrabenen Boden ragen große Stümpfe und umgestürzte Eichenstämme. Einige davon weisen über zwölf Meter keine Äste auf. Dies legt nahe, dass hier ein dichter Wald mit hohem Kronendach stand, der bis an die Gezeitenlinie reichte. Im Schlamm finden sich Pollen von Eiche, Birke, Kiefer, Hasel, Ulme, Linde, Erle, Esche und Weide. Die Küste war gesäumt von Schilfflächen, Hochmooren und Erlenbrüchen. Um die Baumwurzeln herum fanden die Archäologen Vorratslager mit Haselnüssen, die von mesolithischen Eichhörnchen gegraben worden waren.

      Diese Menschen, spekulieren sie, werden sich neben Wildbret und Fisch von Schilfwurzeln und -sprossen ernährt haben, dem süßen, von Binsen abgesonderten Gummi, von Grassamen und Melde, Rindenbrot aus Birken, von Nüssen, Ahorn, Blättern und wilden Früchten. Funde aus anderen Teilen Britanniens und Europas legen nahe, dass sie ausgehöhlte Einbäume zum Jagen und Sammeln im Mündungsgebiet oder für die Fahrt zu anderen Jagdgebieten entlang der Küste benutzt haben.

      Im Spätherbst könnten sie an Strände gewandert sein, wo sich Robben aus dem Wasser hievten, um Nachwuchs zu zeugen: leichte Beute, wenn man sie erwischte, bevor sie ins Wasser plumpsten. Im Winter zogen sie landeinwärts und jagten Zugvögel in den oberen Mündungsgebieten und Tiere in den Wäldern. Die Wachstumsmuster der Herzmuscheln von mesolithischen Muschelhaufen in Nordwales lassen vermuten, dass sie im Frühjahr und im Frühsommer gesammelt wurden. Dann waren sie am fettesten. Die Goldcliff-Menschen dürften das Ästuar hinuntergefahren sein, um sie zu finden. Wenn die Muschelsaison vorbei war, folgten die Jagdverbände den Hirschen in die Berge bis auf die ergrünenden Weidegründe jenseits der Baumlinie. Dann, so sieht es aus, zogen sie zurück an die Küste, um die Fischwanderungen abzupassen. Es wird wahrscheinlich Plätze gegeben haben, an die sie jährlich zurückkehrten, aber einen festen Wohnort hatten sie nicht. Sie zogen mit ihrer Beute und hinterließen mit ihren Wanderungen die Fragmente ihres Daseins: Steinwerkzeuge auf den Gipfeln der Berge, Muschelhaufen an der Meeresküste, Waffen in den Wäldern, aufgeschlagene Knochen, verzierte Kieselsteine und gelegentlich eine Grabstätte. In den fossilierten Marschen in Lydstep in Pembrokeshire sind Archäologen auf das Skelett eines Wildschweins gestoßen, in dem zwei Mikrolithen steckten. Pfeil oder Speer im Rücken, die die Wunde schlugen, stürzte es sich zum Sterben in den Sumpf.6

      Noch einmal betrachtete ich die Fußabdrücke, die sich in den Marschen und in der Zeit verloren. Ich hörte den Lärm von im Schlamm spielenden Kindern, sah die angespannten, ernsten Gesichter der Jäger, beobachtete mit meinem inneren Auge die Frauen und Alten, die mit ihren Speeren und Gabeln durch das Mündungsgebiet wateten, und spürte nun besser, wer ich war; woher ich gekommen war; was ich noch bin.

      4)Durchbrennen

      Mein

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