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H. wusste nichts von unserer Anweisung an G. Im Drehbuch stand, dass der Patient schon eine Weile auf seine Behandlung gewartet hatte. Gerade, als er an der Reihe war, wurde ihm von G. gesagt, dass Notfall dazwischengekommen sei und er den Raum verlassen und ein anderes Mal wiederkommen müsse. Der Patient (H.) wurde von uns im Vorfeld heimlich angewiesen, sich so stur wie möglich zu verhalten. Damit war er so erfolgreich, dass er schließlich den Arzt (G.) dazu brachte, verzweifelt den Raum zu verlassen.

      Als wir diesen Videoclip während einer Podiumsdiskussion zum Thema Kommunikationstraining auf einem nationalen Medizinertreffen zeigten, erklärten wir dem Publikum, dass wir G. instruiert hatten, ein bestimmtes Verhalten nicht zu zeigen, was dann den Ton der gefilmten Interaktion beeinflusst hatte. Wir ließen die Zuschauer raten, welche Anweisung wir gegeben hatten. Die Teilnehmenden stimmten überein, dass diese Kommunikation sehr schlecht verlaufen war, konnten aber den Grund dafür nicht angeben. Einzelne Wortmeldungen beschrieben verschiedene Verhaltensweisen oder Auslassungen, für die G. eindeutig nicht verantwortlich gemacht werden konnte. Es wurde Kritik laut, er hätte vergessen, sich dem Patienten vorzustellen oder die Vorgänge nicht erklärt und dem Patienten nicht zugehört, was aber alles nicht zutraf. Zum Glück konnten wir das Video zurückspulen und mehrere Zuschauer mussten zugeben, bei ihren Vermutungen übersehen zu haben, dass der Arzt sich am Anfang sehr wohl vorgestellt und dem Patienten die Hand geschüttelt, seine Vorgehensweise erklärt und dem Patienten zugehört hatte.

      Bevor wir das Rätsel auflösten, zeigten wir ein zweites Video mit denselben Schauspielern. Darin spielte G. wieder den Arzt und bekam von uns wiederum heimliche Instruktionen. Dieses Mal wurde er jedoch angewiesen, alle Körperhaltungen und -bewegungen des Patienten zu imitieren. Obwohl H., der Patient, sein Bestes gab, sich daneben zu benehmen, schaffte er es diesmal einfach nicht, aggressiv und unvernünftig zu agieren. Und G. spürte nicht den Stress, den er im ersten Video erlebt hatte, als er den Patienten nicht spiegeln durfte. Die Zuschauer bewerteten das Verhalten von G. im zweiten Video als sehr gut, es gelang ihnen aber nicht herauszufinden, welchen Verhaltensaspekt G. im zweiten Video gezeigt und im ersten Video vermieden hatte. Erst als wir das zweite Szenario wiederholten, lachten viele Teilnehmenden laut über die Nachahmung, die jetzt offensichtlich geworden war.

      (Tagebucheintrag von E. Lang)

      Beim Spiegeln gibt es etwas sehr Wichtiges zu beachten: Man muss jene Art des Nachmachens vermeiden, die das Gegenüber lächerlich machen könnte. Es gibt zwei Schutzmaßnahmen vor dieser Assoziation: Die erste Maßnahme, mit der Sie vermeiden können, dass der Gesprächspartner Ihre Bewegungen als Nachäffen empfindet, ist das leichte, zeitliche Verzögern Ihres Spiegelns. Warten Sie also einen Moment, bevor Sie ihn imitieren. Die zweite Maßnahme ist, ein hundertprozentiges und kontinuierliches Imitations-Playback zu vermeiden.

      Imitieren Sie stattdessen durch spiegelverkehrte Haltungen oder Bewegungen. Wenn Ihr Gesprächspartner sich z. B. mit dem Daumen der rechten Hand die Brille in der Mitte des Gestells zurechtrückt, nehmen Sie dazu, nach einer kleinen Verzögerung, den Daumen Ihrer linken Hand. Imitieren ist wirksam, egal ob eine Position exakt gespiegelt wird – wenn z. B. beide Gesprächspartner ihre Arme verschränken – oder nur symbolisch, wenn also der beobachtete Partner seine Arme kreuzt, der Beobachter aber nur seine Hände; wenn der beobachtete Partner seine Beine auf Oberschenkelniveau übereinanderschlägt und der Beobachter auf Knöchelebene; wenn der beobachtete Partner sein rechtes Ohr berührt und der Beobachter sein linkes Ohr.

      Das Nachahmen zur Herstellung von Rapport beschränkt sich nicht auf das Spiegeln von Körperpositionen. Es ist hilfreich, sich auch an andere nonverbale Schlüsselelemente der Kommunikation anzupassen. Wenn Sie z. B. sehen, dass Ihr Gesprächspartner den Kopf hängen lässt und wegsieht, können Sie diese Bewegungen ebenfalls spiegeln. Ein anderer Parameter, den man beachten sollte, ist der Sprechrhythmus. Wenn eine Person langsam spricht und oft Pausen einlegt – vielleicht, um nach Zeichen eines Verständnisses Ihrerseits zu suchen –, können Sie dieses Tempo spiegeln. Wenn das Sprachmuster der Person flott und schnell ist, vermeiden Sie langsame, penible Erklärungen.

      Die Anpassung an das Verhalten eines Patienten kann gelegentlich dem allgemeinen Verständnis eines »angemessenen« Benehmens einer medizinischen Fachkraft widersprechen. Oft wird eine offene Körperhaltung gegenüber dem Gesprächspartner als professionell angesehen. Früher hielten Forscher aufgrund von Experimenten eine aufrechte, offene Haltung für erwünscht und effektiv. Doch nachdem sie Personen ausgewertet hatten, die in eine konfrontative Unterhaltung verwickelt waren, revidierten sie diese Meinung. Unter solch konfrontativen Bedingungen kam es zu einem besseren Rapport zwischen den beteiligen Gesprächspartnern, wenn beide sich zurücklehnten und so voneinander wegbewegten, als wenn wie gewöhnlich die eine Person (die Fachkraft) versuchte, sich aufrecht zu positionieren, unabhängig davon, was die andere tat (Bernieri et al. 1996).

      Sollte Ihr Gegenüber Sie darauf ansprechen, dass Sie ihn imitieren, oder falls Sie sich selbst beim Spiegeln irgendwie unwohl fühlen, können Sie sich Folgendes klarmachen. Im Grunde geht es beim Spiegeln darum, dass Sie für einen Moment erfahren wollen, wie sich Ihr Patient fühlt, um mit diesem intuitiv erworbenen Wissen die Interaktion sinnvoll fortzuführen. Immer mehr Untersuchungen zeigen die Verbindung zwischen Körperhaltung und Mimik einerseits und den damit einhergehenden Gefühlen andererseits: Ist man beispielsweise froh, tendiert man dazu, aufrechter zu stehen und lebhafter zu sein. Ist man dagegen traurig, lässt man oft den Kopf hängen, bewegt sich langsam oder runzelt die Stirn. Diese Verbindung zwischen Körper und Seele ist jedoch keine Einbahnstraße: Beispielsweise ist es möglich, mit der lokalen Injektion von Botulinumtoxin, das die Stirnmuskeln vorübergehend lähmt, die Symptome einer therapieresistenten Depression zu verbessern (Parsaik et al. 2016).

       Das spiegelnde Imitieren anderer ist in unserem Gehirn fest verankert und ein automatisch ablaufendes, natürliches Phänomen.

       Menschen im Kontakt, die ein gutes Verhältnis, einen guten Draht zueinander haben, neigen dazu, die Körperhaltung ihres Gegenübers zu spiegeln.

       Wenn Menschen gestresst sind oder sich auf sich selbst konzentrieren, imitieren sie ein Gegenüber weniger.

       Das aktive Spiegeln der Körperbewegungen erzeugt in Gegenüber schnell Rapport und das Gefühl, emotional verstanden zu werden.

       Wenn man jemanden aktiv spiegelt, verzögert man am besten seine Anpassung an dessen Körperbewegungen und vermeidet exaktes Kopieren, damit die Nachahmung nicht als Nachäffen missverstanden wird.

      Suchen Sie sich Gruppenfotos heraus und stellen fest, wer sich darauf in Rapport mit jemand anderem befindet. Stehen Menschen auf dem Foto nahe beieinander und nehmen ähnliche Haltungen ein? Springt das Nachahmen bei aufgereihten Personen von einer Reihe zur nächsten über? Wer hat seine Hände gefaltet, und in welche Richtung weisen die Körper? Vielleicht stellen Sie amüsiert fest, wer wen imitiert. Wenn Sie jährlich erstellte Fotos derselben Arbeitsgruppe vergleichen, kann es interessant sein zu sehen, wie Leute, die sich früher imitierten, es jetzt nicht mehr tun, oder umgekehrt. Wenn Sie in die internen Gruppensituationen am Arbeitsplatz eingeweiht sind, wird dies für Sie noch interessanter.

      Beobachten Sie die Körperhaltung der Sie umgebenden Menschen und Ihre eigene, und nützen Sie das Spiegeln als Indikator, um festzustellen, wer sich mit wem in Rapport befindet. Besonders wenn einige von Ihnen dieses Kapitel gelesen haben oder im Spiegeln ausgebildet sind, feiern Sie spontan gelegentlich eine Art »Rapportfest«, wie wir das manchmal amüsiert nennen, wenn wir uns während eines Meetings alle in identischen Spiegelbildern wiederfinden.

       4 Den eigenen Rhythmus anpassen – Matching

      Die

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