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glücklich sein. Irgendetwas fehlt immer am menschlichen Glück, ganz zufrieden werden wir nie. Ich habe den Rotwein ausgetrunken, sonst gibt es nichts zu trinken in diesem Haus. Ich muss mir gleich morgen einen Weinkeller zulegen, und ein paar Flaschen Schnaps müssen auch in ihm sein. Schnaps ist etwas sehr Gutes – wie schade, dass ich so viele Jahre versäumt habe, in denen ich hätte Schnaps trinken können – in aller Mäßigkeit natürlich. Ich lehne mich noch weiter zurück, genieße das Bad, fühle die brennenden Schmerzen nachlassen ... Und springe plötzlich auf! Das Wasser schwappt aus der Schale und überschwemmt den Fliesenboden. Aber das ist jetzt ganz egal! Eine Erleuchtung ist über mich gekommen! Natürlich haben wir noch etwas zu trinken im Haus! Hat denn nicht Magda Madeira für manche Suppen, zum Beispiel für die Ochsenschwanzsuppe? Und besitzt sie nicht Rum zum Sterilisieren ihrer Gelees? Ich weiß das doch aus den Haushaltsbüchern! Und ich laufe mit meinen nackten Füßen in die Speisekammer, ich suche, ich rieche an Flaschen, ich rieche Essig und Öl – und hier, da steht es ja: ‚Fine old Sherry’ und hier sogar Portwein, dreiviertel voll die Flasche, und Rum, halb voll – oh, wie schön ist das Leben. Rausch, Vergessen, auf dem Strome des Vergessens dahintreiben, in die Dämmerung hinein, tiefer in die Schwärze hinab, dorthin, wo es weder Versagen noch Reue gibt ... Guter Alkohol, sei gegrüßt, la reine Elsabe, an deiner nackten Brust habe ich geruht, den Ruch von Haar und Fleisch geatmet! –

       Ich habe die Schüssel wieder gefüllt, ich habe die drei Flaschen aufgekorkt vor mich aufgebaut, ich habe einen tiefen Zug aus der Rumflasche getan. Zuerst widerstand er mir nach dem sanfteren und reineren Geschmack des Korns, dieser Rum schmeckte schärfer, brennender, er ist zusammengesetzt, aber auch feuriger. Wie dunkelrote Wolken fühle ich ihn in meinem Blute treiben, er beschwingt meine Phantasie, er macht mich noch wacher, achtsamer, listiger ... Ich weiß, ich muss die Küche gut aufräumen, aufwischen muss ich die Überschwemmung auf dem Fliesenboden, die Flaschen gut verkorkt wieder wegsetzen. Niemand darf etwas merken, auch Else nicht. Die gute Else, sie schläft fest, sie ist noch jung, sie hat den Schlaf der Jugend, aber ich, ihr Brotherr, ich sitze hier in der Küche und bewache ihren Schlaf. Wenn jetzt ein Einbrecher käme ... Aber wo habe ich bloß die Korken gelassen? Ich sehe sie nirgends, ich habe sie auch nicht in den Taschen – ob sie wohl in der Speisekammer liegen? Ich müsste dort nachsehen, ich muss die Flaschen gut verkorkt fortsetzen, aber das Wasser ist so linde an den Füßen, und jetzt werde ich müde, möchte ich schlafen, noch einen Schluck, dann werde ich so schlafen, nur einen kurzen Augenblick, und ich werde alles hier ordnen, tadellos werde ich alles in Ordnung bringen, und auch die Korken werde ich finden ... Wer kommt? Wer stört mich schon wieder? Ach, es ist nur Magda, die tüchtige Magda, mitten in der Nacht, nein, mehr dem Morgen zu, steht sie da gewissermaßen gestiefelt und gespornt, jedenfalls völlig angezogen in der Küchentür und sieht stumm mit einem sehr blassen, erschrockenen Gesicht auf mich! Ich richte mich halb auf, mache eine begrüßende Geste mit dem Arm, nicke ihr zu und sage fröhlich: „Da bin ich wieder, Magda! Ich habe einen Ausflug gemacht, eine kleine Landpartie in das Frühlingsgrün hinaus. Hast du in diesem Jahr überhaupt schon die Lerchen singen hören? Morgen werden wir gemeinsam gehen. Du sollst die Birken sehen, wie sanft grün sie sind, und du sollst die Königin des Schnapses kennen lernen, la reine d'alcool, ich habe sie Elsabe getauft ... Du bist so tüchtig, Magda, ich sah dich im Geschäft mit Hinzpeter über den Büchern. Du hast Bilanz gemacht, du hast Klarheit gewonnen, ich habe mich immer vor dieser Klarheit gefürchtet! Diesen Schluck dir, meine Magda, und noch einen und noch einen! Ich weiß, es ist dein Rum, aber ich werde ihn dir ersetzen, ich werde dir alles ersetzen; wir haben noch Geld, ich kann das Geschäft verkaufen. Es gehört mir, ich bin der Chef, ich kann tun, was ich will! Oder sagst du etwas dagegen?“

      Sie sagte nichts. Sie sah stumm auf mich, dann auf meine blutigen Füße. Sie war sehr bleich. Aus ihren Augen lösten sich zwei Tränen, sie rannen langsam über ihre blassen Wangen, sie wischte sie nicht fort, ich verfolgte gespannt ihren Weg mit den Augen, bis sie auf das Kleid tropften. Diese Tränen rührten mich nicht, im Gegenteil, es tat mir nur gut, dass sie weinte, es war ein süßes Gefühl in mir, dass sie noch Schmerz empfinden konnte meinetwegen.

      Ich trank wieder.

      „Du bist so mitleidslos tüchtig, ja, ich habe die Lieferung für das Gefängnis nicht bekommen, aber du wirst das schon wieder ausgleichen. Ich habe immer in deinem Schatten gelebt, du hast mich deine Überlegenheit nie fühlen lassen, aber ich kam nie hoch, und nun bin ich unten angelangt. Auch unten lässt es sich leben, ich habe ein seltsames Mädchen kennen gelernt, auch sie ist ganz unten, aber auch sie empfindet Schmerz und Freude. Auch unten empfindet man Lust und Leid, Magda, es ist genau wie oben, es ist gleich, ob man oben oder unten lebt. Es ist vielleicht das Schönste, sich fallen zu lassen, mit geschlossenen Augen ins Nichts zu stürzen, immer tiefer in das Nichts. Man kann unendlich fallen, Magda, ich bin noch nicht unten angelangt, ich bin noch nicht aufgeprallt, alle meine Glieder sind noch heil ...“

      „Erwin“, sagte sie bittend, „Erwin, rede nicht mehr. Höre auf zu trinken. Du bist krank, Erwin. Komm, lege dich ins Bett, ich will deine Füße verbinden. Deine Füße sehen schrecklich aus, ich will deine Füße verbinden ...“

       „Siehst du“, rief ich und trank noch einmal, „du gönnst mir nicht einmal die paar Schlucke, gewiss, es sind deine Flaschen, aber ich bezahle sie dir. Ich bezahle sie dir bar oder gebe sie dir in natura wieder, das ist ein glattes Geschäft, dagegen kannst du nichts sagen. Du fragst mich nach meinen Füßen? Ich habe eine Landpartie gemacht, wenn die tüchtige Chefin arbeitet, kann der Chef sich wohl einmal eine Ausspannung gönnen! Ich bin barfuß gegangen, Barfußgehen soll gesund sein ...“

      Sie ließ mich weiterreden. Sie hatte schnell die Küche verlassen und kam mit dem großen Badeschwamm, einer Salbendose und Binde wieder. Sie kniete neben mir, und während ich immer abgerissener und lallender über ihr fortredete, wusch sie meine Füße, wusch den Straßenschmutz aus den Wunden, trocknete sie gelinde ab, salbte sie und wickelte sie ein.

      „Gut, gut“, sagte ich und trank, „du bist wirklich gut, Magda; wenn du nur nicht so verdammt tüchtig wärst!“

      * * *

      Kapitel acht

       Kapitel acht

      Ich erwache. Ich liege in meinem Bett, die Fenster stehen offen, die Vorhänge bewegen sich leise im Wind, draußen scheint die Sonne. Es muss schon spät sein, das Bett neben mir ist bereits gemacht, das Schlafzimmer ist leer, ich bin allein darin. Mir ist sehr schlecht, mein Magen hat ein trockenes Brennen, nur langsam entschließt sich mein Kopf zu denken. Nur langsam kommen mir die Erinnerungen an die vergangene Nacht zurück, dann fühle ich die Schmerzen in den Füßen. Ich streife die Decke zurück und sehe die Verbände. Und mit einem Schlage steht alles wieder vor mir: das Lauern vor meinem eigenen Geschäft nach den Schatten auf der Glasscheibe, die gemeine Trinkerei in der Schankstube, die schamlose Szene in der Kammer des gemeinen Mädchens, mein schuhloser betrunkener Heimweg und, als Schlimmstes von allem, die Szene in der Küche mit Magda! Wie ich mich beschmutzt habe, ach, wie ich mich beschmutzt habe. Eine brennende Reue überfällt mich. Scham, peinigende, schmerzende Scham, ich verberge mein Gesicht mit den Händen, ich presse die Augen fest zu ... Ich will nichts mehr sehen, ich will nichts mehr hören, nichts mehr denken! Ich stöhne, ich beiße die Kiefer zusammen, ich knirsche mit den Zähnen. Ich stöhne: ‚Es kann nicht wahr sein! Es ist nicht wahr! Das bin ich nicht gewesen, ich habe alles nur geträumt! Ich muss alles vergessen, auf der Stelle muss ich alles vergessen! Es darf nichts wahr sein!’

      Das schüttelt mich wie ein Krampf, und dann kommen die Tränen, Tränen über all das, was ich so mutwillig verlor. Endlose, bittere, lange, schließlich doch lösende Tränen.

       Und als ich mich ausgeweint habe, ist immer noch die Sonne vor meinen Fenstern, wehen die frischen duftigen Vorhänge im leichten Winde. Immer noch ist das Leben da, jung und lächelnd, du kannst es in jeder Stunde noch einmal beginnen, es kommt nur auf dich an. Neben meinem Bett steht ein Tischchen mit einem Frühstückstablett, der Kaffee ist sorgsam mit einer Haube verdeckt, und nun beginne ich zu frühstücken. Die ersten Bissen der Semmel kaue ich noch zäh und träge im Munde, aber der Kaffee ist extra stark zubereitet; allmählich kommt der Appetit wieder, und ich genieße mit dankbarer Freude

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