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und wusste genau, wie man etwas strukturiert und klar angeht. Manchmal war er etwas gruselig dabei, aber er hatte es drauf.

      „Alex meinte, sie braucht noch Zahnpasta und Mascara.“

      „Was ist Masakara? Kann man damit jemanden masakrieren?“ fragte ich unwissend.

      Pia verdrehte nur die Augen und ging zielstrebig Richtung Schminke.

      Ich befasste mich derweil mit den Vorzügen der verschiedenen Sonnencremes und wägte ab, ob ein höherer UV-Faktor verhindern würde, dass man braun wird. Ich las angestrengt die Packungsrückseiten, als Pia mir die Flasche direkt aus der Hand nach unten in den Einkaufskorb schlug. Ich schaute verdutzt ins Leere und dann fragend zu Pia.

      „Ist doch egal. Nimm einfach eine mit… Campinggeschirr!!!“ rief sie entzückt.

      „Pia, wir brauchen kein Campinggeschirr. Wir nehmen Normales mit.“

      „Weißt du wie schwer das ist? Zudem weiß dann keiner, welches ihm gehört. Bei diesem Geschirr allerdings hätten wir den Vorzug, dass du mein Lieber zum Beispiel blau nehmen kannst und ich rot.“

      Sie kam ganz nah an mich heran und flüsterte mir ins Ohr, während sie mit dem Finger auf mein Brustbein tippte:

      „Das blaue Geschirr gehört dann NUR DIR.“

      Dann erklärte sie wieder laut:

      „Und Raffi kann gelb nehmen. RAFFI?“ brüllte sie durch den Laden.

      „Du magst doch gelb, oder?“

      Raffi kam um die Ecke gestürmt und schaute uns fragend an. Er sah Pia, die mit einem gelben Teller in der Hand erwartungsvoll im Gang stand. Hinter ihr stand ich und gab ihm hastig zu verstehen, dass er einfach ja sagen sollte.

      „Gelb ist voll okay. Wieso?“ fragte er verwirrt.

      „Campinggeschirr!“ rief Pia erfreut.

      „Sag einfach ja, Kumpel. Es hat eh keinen Sinn zu diskutieren.“ murmelte ich mit aufeinander gepressten Zähnen.

      So wanderte Campinggeschirr, bestehend aus Tellern, Bechern und Schüsseln in den folgenden sechs Farben in unseren Einkaufskorb: blau, rot, gelb, orange, grün, pink. Ich war sicher, dass Pia schon genau wusste, welche Farbe zu welchem Mitbewohner gehörte. Wir gingen wieder unseren Besorgungen nach und ich war gerade völlig vertieft in eine weitere Verpackungsrückseite, als ich um die Ecke bog und gegen einen riesigen Teddy rannte, der sagte „Buh!“

      Vor Schreck ließ ich den Einkaufswagen fallen. Ich schwöre, allen Menschen im Laden blieb für eine Sekunde das Herz stehen. Wer schon mal einen Einkaufswagen aus Metall mit sechs Sets Campinggeschirr und drei Sonnencremes auf einen Fliesenboden hat fallen hören, weiß sicher warum. Pia schaute vorsichtig hinter dem Teddy hervor und grinste mich mit einem knappen „Ups“ an. Ich schüttelte nur den Kopf über diese Frau, musste aber gleichzeitig lächeln. Das war typisch Pia. Erst machen, dann denken.

      „Pia, du hast `nen Knall.“ raunte ich ihr zu und nahm sie an der Hand weiter durch den Laden.

      Raffi hatte die Situation aus etwas Entfernung beobachtet und versuchte jetzt so zu tun, als ob er uns nicht kannte. Im Vorbeigehen flüsterte er.

      „Ich hasse Einkaufen mit dir, Pia!“

      Pia kicherte und gab Raffi einen Knuff an den Arm.

      „Ich hatte Spaß!“ flüsterte ich ihr ins Ohr und wir gingen zur Kasse.

      Raffi folge uns peinlich berührt und tat weiterhin so, als ob er nicht zu uns gehörte.

      Pia tat eigentlich dauernd solche Dinge. Sie lebte einfach nach ihrem Gefühl und wenn sie eine verrückte Idee hatte, machte sie es einfach. Oft ging es schief. Aber lustig war es allemal. Wenn man mit ihr unterwegs war, musste man immer auf Überraschungen gefasst sein. Ich liebte diese Eigenschaft an ihr von Anfang an, obwohl oder vielleicht gerade WEIL ich eher ein vorsichtiger Mensch war. Ich fühlte mich mit ihr so lebendig und frei, wie ich es vorher nicht kannte. Sie weckte ständig meine Abenteuerlust und lies mich Dinge tun, die ich mich normalerweise nie getraut hätte. Mit ihr zusammen zu sein fühlte sich einfach unglaublich an.

      Nachdem wir allerhand unnützes Zeug gekauft hatten und nun mit einer Hängematte unter dem Arm durch die Innenstadt wanderten, setzten wir uns in ein Café auf der Einkaufsstraße. Ich konnte also wieder meinem geliebten „People watching“ frönen und dabei auch noch die Gesellschaft der beiden mir wichtigsten Menschen genießen.

      „Ich kann den Urlaub kaum abwarten. Ich brauche die Entspannung so dringend, das glaubt ihr nicht!“

      Raffi ließ sich erschöpft in seinen Stuhl fallen und seufzte.

      „Oooohh, tanzen die Kids dir auf der Nase rum?“ fragte Pia sarkastisch.

      „Das sowieso. Aber das bin ich ja gewöhnt.“ antwortete Raffi mit einem Lächeln. „Ich muss einfach mal raus aus der Stadt und was anderes sehen. Darauf freue ich mich am Meisten.“

      Raffi studierte Sozialpädagogik und arbeitete in einem Jugendzentrum mit sozial Benachteiligten oder verhaltensauffälligen Kindern als Betreuer. Er liebte das, weil er den Kids helfen konnte. Aber es war natürlich ein sehr kräftezehrender Job und nicht selten nahm er die Erlebnisse mit den Kindern mit nach Hause und erzählte uns davon. Ich konnte mir keinen Besseren für diesen Job vorstellen. Raffi war diplomatisch, engagiert und versuchte immer alle Seiten zu betrachten. Er zeigte Verständnis und konnte sich so gut in die Lage der jungen Leute hinein versetzen. Ich bewunderte ihn für seine Geduld und Hingabe. Die Kellnerin kam und nahm unsere Bestellung auf.

      „Hey, was machst du denn hier? Ich dachte du bist schon im Urlaub!“ kam sie freudig strahlend auf Raffi zu.

      „Morgen geht es los.“ lächelte er zurück. „Wir haben noch ein paar letzte Besorgungen gemacht. Und mit dieser jungen Dame im Schlepptau wird man sogar noch unerwartet stolzer Besitzer einer Hängematte.“

      Raffi zeigte mit dem Kopf Richtung Pia und lachte. Pia zog ein breites Grinsen, winkte vorsichtig und verteidigte sich:

      „Ihr werdet mir noch danken!“

      Die hübsche Kellnerin lachte und schaute uns nun fragend an

      „Was darf ich euch bringen?“

      „Einen Milchkaffee.“ bestellte Pia.

      „Für mich eine Cola.“

      fuhr ich fort.

      „Eine Cola… ja… Raffi, Ginger Ale?“ fragte sie mit dem Bleistift auf ihrem Block und schaute ihn neugierig an. Er nickte überrascht und lächelte sie an, während sie sich flotten Schrittes auf den Weg in die Küche machte, nicht ohne Raffi nochmal über die Schulter anzufunkeln. Ich war wirklich schwer beeindruckt. Er hatte absolut nichts gemacht oder gesagt und diese Frau lag ihm zu Füßen. Ich nickte anerkennend vor mich hin und klatschte leise in Raffis Richtung.

      „Warum bist du eigentlich Single?“ fragte ich ihn überrascht.

      „Wenn ich das wüsste. An irgendeiner Stelle geht es immer schief.“

      „An dir kann es nicht liegen, Raffilein.“ baute Pia ihn auf.

      Wir saßen noch eine Weile in der Sonne und planten den morgigen Abreisetag, überlegten, ob wir alles zusammen hatten, genug Zelte und Reisetaschen besaßen. All das mussten wir vorsichtig formulieren, damit Pia nicht wieder mit einer fixen Shoppingidee um die Ecke kam.

      „Wann müssen wir eigentlich los?“ fragte Pia, nachdem sie den Rauch ihrer Zigarette ausgepustet hatte.

      „Wann ist der Bus denn da?“

      „Acht Uhr stand auf dem Zettel.“ wusste Raffi, unser Organisationstalent.

      Pia und ich sahen uns schockiert an. Das hieß wohl früh aufstehen. Puh. Ich konzentrierte mich wieder auf meine Kippe und beobachtete die Menschen, die um uns herum saßen. Zwei Freundinnen saßen zusammen am Tisch und zeigten sich gegenseitig Fotos. Sie suchten das Schönste

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