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angestellt war. 1830 siedelten sie nach Göttingen über, nachdem sie mehr als dreizehn Jahr lang vergeblich auf Beförderung gehofft hatten: Jacob wurde ordentlicher Professor und Bibliothekar, Wilhelm Unterbibliothekar. Als aber im Jahr 1837 sieben Göttinger Universitätsprofessoren, die berühmten „Sieben“, zu denen auch unser Brüderpaar gehörte, gegen den Verfassungsbruch des Königs von Hannover öffentlich Einspruch erhoben, wurden Jacob und Wilhelm Grimm ihres Amtes entsetzt. Binnen drei Tagen musste ersterer das Land verlassen; der jüngere Bruder folgte ihm 1838 nach.

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      König Friedrich Wilhelm IV.

      Bald nach seiner Thronbesteigung berief indessen König Friedrich Wilhelm IV., der begeisterte Freund des Mittelalters, der „Romantiker auf dem Thron“, wie ihn ein geistreicher Schriftsteller genannt hat, die beiden als besoldete Akademiker nach Berlin.

       Hier starb Jakob Grimm am 20. September 1863. Auch an der Nationalerhebung im Sturm- und Drangjahr 1848 hatte er tätigen Anteil genommen, indem er als Vertreter der Stadt Mühlheim nach Frankfurt a. M. ging; doch ist diese Auszeichnung, wie bei Uhland und anderen Dichtern und Gelehrten jener Zeit, mehr als eine in ihrem Idealismus nicht hoch genug zu schätzende Ehrung deutschen Wissens und unbeirrter Wahrheitsliebe von seiten der Wähler aufzufassen. Außer den obengenannten Hauptwerken, meist in Gemeinschaft mit Wilhelm Grimm herausgegeben, seien noch genannt: Lieder der alten Edda (1815, mit Wilhelm Grimm), „Deutsche Sagen“ (I. 1816, II. 1818, mit Wilhelm Grimm); „Irische Elfenmärchen“ (1826 mit Wilhelm Grimm); „Reinhart Fuchs“ (1834); „Rede auf Wilhelm Grimm und über das Alter“ (1860), welche letztere eine neue Sonderausgabe verdiente, vielleicht verbunden mit Ciceros gleichnamigem Werk; „Kleinere Schriften“ (I-VII., 1864-1884), die auch eine kurze Selbstbiographie Jacob Grimms entalten u. s. w. Ein vortreffliches Buch über Jacob Grimm hat Wilhelm Scherer, der verstorbene große Germanist, veröffentlicht.

      Wilhelm Karl Grimm, der jüngere Bruder, am 24. Februar 1786 zu Hanau geboren, besuchte 1804 ebenfalls die Marburger Hochschule und machte hier 1806 sein juristisches Examen. Während der Herrschaft des Königs Jerôme war er ohne öffentliche Stellung; 1814 kam er nach Kassel als Bibliothekssekretär. Seit 1816 erlebte das Brüderpaar, von gleicher Hingabe und Ausdauer zu dem gleichen Berufe beseelt, dieselben äußeren Lebensschicksale, wie schon oben erwähnt. Wilhelm G. starb am 16. Dezember 1859 in Berlin. Während sein Bruder Jacob unvermählt geblieben ist, war Wilhelm G. verheiratet: ein Sohn von ihm ist der noch lebende Berliner Kunsthistoriker Hermann Grimm, der Verfasser des Michelangelo, der Vorlesungen über Goethe und zahlreicher Essays, deren stilistische Vornehmheit auf das geistige Erbe des Vaters hindeutet. Von selbständig herausgegebenen Arbeiten W. Grimms sind u. a. zu nennen: „Altdänische Heldenlieder, Balladen und Märchen“ (1811); „Die deutsche Heldensage“ (1829) und „Zur geschichte des Reims“ (1852).

       Von beiden Brüdern ist ohne Zweifel der ältere der bedeutendere. Unterstützt von einem reichen Anschauungsvermögen, rasch und glücklich im Zusammenfassen von noch so weit auseinander liegenden Tatsachen und Gegenständen, kam er leicht zu den „bedeutungsvollsten Resultaten“, während die eigentliche Kritik, wie sie ein Lachmann und Haupt bewiesen, bei seiner poetischen Veranlagung weniger stark ausgeprägt war. Die ungezwungene Lebendigkeit, die volkstümliche Frische und Anschaulichkeit seiner Sprache verleiht ihm für immer einen Ehrenplatz unter den Meistern deutscher Prosa. Wilhelm G. war nicht von der gleichen tiefen Ursprünglichkeit und Fruchtbarkeit; aber seinem wahrhaft poetischen Empfinden und seinem Verständnis für die Ausdrucksweise des Volkes ist es zu verdanken, dass neben den „Deutschen Sagen“, besonders die „Kinder- und Hausmärchen“, ein echtes Hausbuch für die deutsche Kinderwelt geworden und geblieben sind, die seit ihrem Erscheinen (1812) gleich den Sternen noch nichts von ihrem ursprünglichen Glanz verloren haben. Hier ist der naive Ton des deutschen Märchenerzählers in von anderen nie wieder erreichter Weise getroffen. Was die deutschen Romantiker, wie z. B. Tieck in seinen Phantasus-Geschichten, seiner Genoveva u. s. w. vergeblich erstrebten, die deutsch volkstümliche, schlichte Klarheit, unbewusste Gedankentiefe und wunderbare Plastik der Sprache, das finden wir in den Grimmschen „Kinder- und Hausmärchen“. Kein anderes Volk kann diesem Buch ein in seiner Gattung ähnliches an die Seite stellen. Es ist auch klassisch, wenn klassisch nicht mehr bedeuten soll als vollendet in seiner Art. Nicht mit Unrecht bemerkt ein neuerer Literarhistoriker, dass diese Märchen, „als Muster volksmäßiger Darstellung wohl für alle Zeiten unübertrefflich bleiben werden.“

      Die späteren Ausgaben der „Kinder- und Hausmärchen“ sind von dem oben bereits genannten Hermann Grimm besorgt worden, der in pietätvollem Verständnis ihnen die Zueignung an Bettina von Arnim aus dem Jahr 1843 wieder vorangestellt hat.

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      Bettina von Arnim

      Auch wir halten sie für unzertrennlich von dem wertvollen Buch und lassen sie hier folgen.

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      Märchen-Interpretationen

       Märchen-Interpretationen

       https://de.wikipedia.org/wiki/Marie-Louise_von_Franz

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      Marie-Louise von Franz (1915 – 1998), Mitarbeiterin des schweizer Tiefenpsychologen Carl Gustav Jung, war praktizierende Psychotherapeutin sowie Dozentin und Lehranalytikerin in Zürich. Bekannt ist sie für ihre tiefenpsychologischen Deutungen von Märchen.

      Ihre Märcheninterpretationen beruhen auf Jungs Ansicht, dass „das Märchen als ein spontanes, naives Produkt der Seele […] wohl nicht anders als das aussprechen [kann], was eben die Seele ist.“ Marie-Louise von Franz verstand Märchen als durchschnittliche Bilder verschiedener Phasen der Erfahrung seelischer Wirklichkeit. Sie sind „der reinste und einfachste Ausdruck kollektiv unbewusster psychischer Prozesse. Die Bedeutung eines Textes ist in der Gesamtheit der Motive und dem spezifischen Verlauf der Handlung entalten. Obschon jedes Märchen ein relativ geschlossenes System mit einer je wesentlichen psychologischen Bedeutung darstellt, umschreiben alle Märchen offenbar doch die gleiche unbekannte und nicht ausschöpfbare seelische Tatsache. Jung nennt diese „das Selbst, welches die seelische Ganzheit eines Individuums wie paradoxerweise auch das regulierende Zentrum des kollektiven Unbewussten ist“. Jeder im Märchen repräsentierte Archetyp repräsentiert zum einen bloß einen Aspekt des kollektiven Unbewussten. Zum anderen repräsentiert er jeweils auch stets das ganze kollektive Unbewusste.

      Held und Heldin – die Identifikationsfiguren für die Zuhörer – sind als archetypische Gestalten zu verstehen (nicht als gewöhnliches menschliches Ich) und repräsentieren damit die archetypische Grundlage des Ichkomplexes. Sie sind „wie ein Leitbild für das von der Instinktgrundlage oft abweichende individuelle Bewusstsein“. Zum einen lassen sie sich als Funktion des Selbst auffassen, sind aber Ichhaltung. G. Isler erläutert von Franzens Verständnis dessen: „Sowohl die Figur des Helden wie auch der ganze Verlauf der Märchenhandlung kompensieren die anfänglich ungenügende oder falsche Einstellung des Bewusstseins: Die anfängliche Not- oder Mangelsituation ist am Schluss des Märchens behoben, dieser weist meist eine ‚ganzheitlichere‘ Struktur auf als der Anfang, was einer Erneuerung des nun herrschenden Bewusstseins (ausgedrückt z. B. durch den jungen König) entspricht, das nun ‚richtiger‘ auf die psychische Ganzheit ausgerichtet ist.“ Märchen kompensieren einerseits das individuelle Bewusstsein, aber ebenso eine „ungenügende Einstellung des kollektiven Bewusstseins, welches im europäischen Kulturkreis vorwiegend durch das Christentum geprägt ist“. Das Schicksal der Helden wird folglich nicht, wie häufig in personalistisch-subjektivistischen Deutungsversuchen als individuelle Neurose verstanden, sondern als Schwierigkeiten und Gefahren, die dem Menschen von der Natur auferlegt werden.

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      Die strukturalistische Märchenanalyse

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