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Vorsicht, gute Nachrichten!. DIE ZEIT
Читать онлайн.Название Vorsicht, gute Nachrichten!
Год выпуска 0
isbn 9783844257212
Автор произведения DIE ZEIT
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Andere Erkrankungen wie Darm- und Gebärmutterhalskrebs werden durch die erweiterte Krebsvorsorge früher erkannt. Die rechtzeitigen Diagnosen gehören zum dritten und, nach Meinung vieler, wichtigsten Baustein, der uns gesünder und länger leben lässt: Prävention. Sie umfasst nicht nur regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen. Auch Impfung, Aufklärung und frühe Eingriffe helfen gegen spätere Schäden. 1983 noch hatten 98,4 Prozent aller Zwölfjährigen Karies, bei der letzten vergleichbaren Erhebung 2006 waren 70 Prozent aller Kinder kariesfrei. Die Gründe für die beeindruckende Wende: sogenannte Fissurenversiegelungen, die schlecht zugängliche Zahnflächen schützen, fluoridiertes Speisesalz, verbesserte Mundhygiene dank Schulung und Kontrolle bereits im Kleinkindalter. Die Folge: Immer weniger ältere Menschen brauchen heute Zahnprothesen.
Wer heute dennoch krank wird, hat Chancen auf eine gute Lebensqualität trotz Krankheit. Sogenannte minimalinvasive Operationen und eine verbesserte Narkosemedizin erlauben Eingriffe auch noch in höherem Alter. Die Schmerztherapie ist ausgefeilter denn je. Natürlich kosten die neuen Möglichkeiten in Therapie, Diagnose und Vorsorge mehr Geld. Kein Wunder also, dass das deutsche Gesundheitssystem ständig in der Kritik steht. Doch entgegen der landläufigen Meinung liegt das Problem nicht darin, dass weniger ausgegeben wird. Im Gegenteil, die Ausgaben sind gestiegen: 158 Milliarden Euro wurden im Jahr 1992 ausgegeben, 2010 waren es 287 Milliarden Euro, der Anteil am Bruttoinlandsprodukt der Gesundheitsausgaben stieg von 9,6 auf 11,6 Prozent.
Aber die Natur setzt dem Fortschritt Grenzen. Die Lebenserwartung steigt bereits langsamer an. Weil wir älter werden und die Medizin Krankheiten wie Infektionen besser unter Kontrolle hat, ereilen uns in fortgeschrittenem Alter andere Leiden wie Herz-Kreislauf-Krankheiten und Krebs. Auch deren Behandlung hat sich verbessert, doch am Ende sind die Effekte des demografischen Wandels stärker: »Die Zunahme der Krebserkrankungen ist mit eine Folge der höheren Lebenserwartung«, sagt Sibylle Kohlstädt vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg.
Eine Gruppe von Krankheiten aber hat in allen Altersgruppen zugenommen, auch bei den Jüngeren: psychische Erkrankungen. Depression, Panikstörungen, Zwangsstörungen – die Zahlen haben sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt. Schauen die Ärzte nur genauer hin, gehen die Patienten eher zum Therapeuten? Jürgen Margraf, Leiter des Forschungs- und Behandlungszentrums für psychische Gesundheit an der Universität Bochum, glaubt das nicht: »Die Häufigkeit hat sich vielleicht nicht verdoppelt, aber sie ist tatsächlich angestiegen.« Grund dafür sei auch, dass die Menschen produktiver geworden seien. »Wegen des technischen Fortschritts können wir in der gleichen Zeit mehr leisten. Vergleichen Sie nur die Geschwindigkeiten von Brief- und E-Mail-Verkehr«, sagt Margraf. Die neue Schnelligkeit und Unmittelbarkeit könne eben auch rasch in Druck und Belastung umschlagen. Wenn man so will, ist das ein Preis, den wir für die Steigerung der Lebensqualität durch den technischen Fortschritt zahlen.
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