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war gespannt. Aber erst mal war sie fürchterlich wütend.

      „Was soll das“, empörte sich Linda bei Upper. „Soll das hier so weiter gehen? Darf Martha mich beleidigen?“

      „Linda, ich beleidige dich überhaupt nicht. Ich sage nur, wie es ist“, konterte Martha mit süffisantem Lächeln.

      „Hörst du immer noch nicht auf, du alte Hexe?! Und du da Heinrich, du mieses Schwein – Pass bloß auf!“

      „Aber, aber, Kinder, bitte beruhigt euch!“ Upper mischte sich jetzt schlichtend ein. Er konnte nicht mehr mitanhören, wie Martha und Linda sich beschimpften. Auch die anderen Familienmitglieder aus Lindas Sippe, die anwesend waren, redeten mittlerweile wild durcheinander. Erhard lag im Disput mit seinem Vater Heinrich, Hannah beschwerte sich bei den beiden wegen irgendwelcher falschen Versprechungen, dann versuchte Heinrich sich zu rechtfertigten, wurde aber jäh von Martha unterbrochen und beschimpft- kurz, es war ein chaotisches Stimmengewirr. Alle waren so mit sich beschäftigt, dass sie Uppers Bitte nicht wahrnahmen. Upper erhob seine Stimme. „Ruuuhe!!! Zum Donnerwetter noch mal!“ Dröhnend rauschte Uppers Stimme mitten durch die Anwesenden. Der Boden unter ihren Füßen erbebte bei dieser Stimmgewalt. „Jetzt beruhigt euch endlich! Ich versteh ja mein eigenes Wort nicht mehr und ihr wisst: Das Wort ist bei mir! Von Anfang an! Also Ruhe jetzt! Bedenkt -“, Uppers Stimme wurde milde, „Linda ist gerade erst zurückgekehrt. Sie ist noch voller Quod. Ich hatte ihr, so glaube ich, etwas viel davon mitgegeben und Hannah hat es auch gut mit ihr gemeint. Oder hattest du, Fridolin, etwa auch noch nachgeholfen?“ Upper sah Fridolin forschend an. „Nun ja, Upper“, lenkte Fridolin vorsichtig ein, „es könnte sein, dass mir da ein Fläschchen von dem Zeug aus der Hand geglitten ist, als es brenzlig wurde, weißt du, Ähem.“ Fridolin nestelte verlegen an seiner dunklen Kutte herum. Er vermied, Upper in die Augen zu schauen.

      „Soso“, schmunzelte Upper insgeheim. Er versuchte seine sichtliche Freude darüber zu verbergen. Schließlich war Linda eines seiner Lieblings-Seins und gut wieder zu ihm zurückgekehrt. Nur Tomasin, der alte Zausel, begann zu mäkeln: „Das war unfair! Sie ist mit einem Vorteil auf die Reise gegangen. So war das nicht abgemacht!“

      „Abgemacht? Was war abgemacht?“ Linda wurde hellhörig.

      „Nichts Linda. Tomasin meint manchmal, er könne meinen Job übernehmen. Da irrt er sich! Nicht wahr, Tomasin?!“

      „Ja! Ist ja gut, Upper! Man kann´s ja mal probieren.“ Tomasin winkte ab.

      „Also, Fridolin, du hast Linda Quod gegeben.“

      „Ja, Upper, ganz aus Versehen.“

      „Das soll ich dir also glauben?“

      „Ich denke schon. Du weißt doch wie verlässlich ich bin.“ Mit einem fast betörenden Augenaufschlag zwinkerte er Upper zu. Beinahe hätte Linda bei dem Anblick laut losgeprustet. Sie wusste, wie überzeugend und charmant ihr Freund Fridolin sein konnte. Das hatte sie so manches Mal miterleben dürfen. Aber dass er es auch bei Upper, dem Überwesen versuchte, das erstaunte Linda dann doch.

      „Lass gut sein, alter Freund. Ist schon okay. Schließlich habe ich dir persönlich ein paar Fläschchen Quod abgefüllt, die du nach deinem Ermessen, bei Bedarf verabreichen darfst.“

      „Ach so?! Hört, hört! Das sind ja ganz neue Sitten. Ihr trefft geheime Absprachen?“ Tomasin zeigte sich sichtlich pikiert.

      „Sei du mal ruhig, Tomasin. Ich glaube, du bist noch nie zu kurz gekommen. Schließlich hast du von mir die Aufgabe bekommen, jedem Reisenden einen Schatten mit drei Anteilen zu geben.“

      „Ist ja gut. Ich will nur keine Heimlichkeiten, so hinter meinem Rücken.“

      „Du hättest mich einfach fragen können, Tomasin“, warf Fridolin ein.

      „ICH habe keine Geheimnisse!“

      „Damit du dich nicht noch mehr übergangen fühlst, Tomasin: Kanep hatte auch ein Extra-Fläschchen Quod für Linda dabei“, fügte Upper hinzu.

      „Wieso das denn, Upper?“

      „Ganz einfach, weil sie mich darum gebeten hat.“

      „Wann hat sie das denn gemacht? Ich meine, woher wusste sie…, wie konnte sie…?“

      „Nachdem mir zu Ohren kam“, sagte Fridolin, „dass du Linda davon überzeugt hattest, ihren Schatten zurückzulassen, was ich übrigens richtig fies von dir fand, Tomasin. Ich hatte Mitleid mit Linda. Ich kannte ja ihre Aufgabe, also musste ich handeln. Ich erzählte Linda, was es für Folgen haben würde, wenn sie ohne Schatten leben würde. Sie schaffte es gerade noch bei Upper ihren Schatten nachzubestellen bevor sie bei ihrer Ankunft auf der Welt alles vergessen würde. Wenige Augenblicke nach ihrer Bestellung ging Linda auch schon durch den Kanal des Vergessens und erblickte das Licht der Welt.“

      „Wieso ausgerechnet Kanep?“, entfuhr es Tomasin. „Er hatte doch schon genug gemeinsame Leben mit Linda erfahren.“

      „Eben, genau deshalb“, gab Upper zur Antwort. „Kanep kennt sich aus. Ich wusste, er würde Linda auf jeden Fall rechtzeitig treffen.“

      „Rechtzeitig? Was heißt rechtzeitig?“

      „Tomasin, das solltest du wissen!“ sagte Upper. „Rechtzeitig natürlich, bevor Lindas Vorrat an Quod aufgebraucht wäre, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Ich wusste, sie hatte schon überaus viel Quod verzehren müssen. Für den Rest der Zeit hätte es nicht mehr gelangt. Linda hätte abbrechen müssen!“ Upper blickte Tomasin vielsagend und tiefgründig in die Augen.

      „Das hatte ich damals auch nicht ganz verstanden, Tomasin“, sagte Fridolin. „Ich hatte ihn doch gerade erst nach Hause begleitet. Wieso also sollte es Kanep sein? Kanep war gerade erst von seiner Forschungsreise aus dem großen Krieg, der auf der Erde getobt hatte, heimgekehrt. Er sollte seine wohlverdiente Ruhepause genießen. Wieso also Kanep?“

      „Ganz einfach“, schmunzelte Upper. „Die beiden sind schon seit Anbeginn der Zeit ohne Zeit ein Paar. Sie lieben sich. Die reinste, tiefste Liebe, die ich je gesehen habe. Das haben mir die beiden über viele Erdenleben gezeigt. Also, welche Macht könnte größer sein – mich ausgenommen – als die Liebe? Die Liebe der beiden zueinander war die Garantie, dass Linda es schafft.“

      „Aha! Und wo ist Kanep jetzt? Sollte er nicht hier sein, wenn seine Linda heimkehrt?“ fragte Martha neugierig grienend? Sie hoffte mit ihrer Frage Linda einen weiteren schmerzlichen Schlag versetzen zu können. Doch Upper kam allen zuvor. Bevor irgendjemand auf Marthas boshafte Frage reagieren konnte verkündete er: „Kanep ist schon auf dem Weg hierher. Er müsste jeden Moment hier eintreffen.“

      Heinrich und Martha zuckten zusammen. Eine wütende Linda, das war das eine. Damit konnten sie bestimmt fertig werden und sich vor Upper rechtfertigen. Da waren sie sich sicher. Wenn aber nun dieser Kanep hier auftaucht, dann würde es für sie schwer werden in Uppers Gnade zu bleiben. Linda und Kanep, jeder für sich, waren starke Seins-Anteile. Wenn sie sich dann auch noch zusammentaten, entfachten sie eine große, gemeinsame Kraft. Das wussten alle Anwesenden. Nur, es half alles nichts, niemand konnte Kaneps Ankunft verhindern.

      „Kanep braucht noch etwas Zeit“, verkündete Fridolin. „Er ist noch geschwächt. Schließlich hat er lange Zeit zwei Schattenkomponenten in sich gehabt – seinen und den von Linda. Ich kann euch sagen, Tomasin hat den beiden nicht gerade die leichtesten gegeben. Kanep konnte sich zwar in der zweiten Hälfte seiner Erfahrungszeit erholen und Kraft sammeln, indem er endlich seinen Archetyp leben durfte, die Kraft ist dennoch immer noch nicht zur Gänze wiederhergestellt. Habt also bitte noch ein wenig Geduld.“

      „Linda kann ja schon mal damit beginnen von ihren Erfahrungen zu berichten, bevor ihre Erinnerung daran verblasst“ schlug Upper vor.

      Heinrich, Martha und jetzt auch Hannah zuckten abermals heftig zusammen. Wie konnten sie dem aus dem Wege gehen? Hannah hatte einen rettenden, zeitbringenden Einfall: „Upper, ich hab´ da mal zwei Fragen: Was geschieht, wenn man ohne seinen Schatten auf der Welt lebt? Und wie ist das, wenn man mit zwei Schatten gleichzeitig dort ist?“

      „Oh

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