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lächelte entwaffnend und ging voraus. Sie trug ein ihre Knie umspielendes Kleid, das in seinem Schnitt schon ungewohnt züchtig gewirkt hätte, wäre es nicht rückenfrei gewesen.

      Lennox bewunderte ihre makellos reine, samtene Haut, die von der Sonne ganz leicht gebräunt war. Der Ausschnitt des Kleides ging fast bis zum Ansatz ihrer hinteren Rundungen, die sich aufregend vor ihm hin und her bewegten. Er musste an sich halten, um nicht ihren herrlichen Rücken zu streicheln oder ihr einen Klapps auf das knackige Hinterteil zu geben. Der Ernst der Situation brachte ihn von derartigen Gedanken ab und sorgte dafür, dass die betörende Frau für ihn Ihre Bedeutung als Symbol der Sinnlichkeit verlor und er wieder voll in die Wirklichkeit zurückfand.

      Sie erreichten den Salon.

      Clairé Beauvais ließ sich in eines der Polster gleiten und legte damenhaft die Beine gegeneinander.

      So wie sie dasaß, kam Lennox nicht umhin, einen Blick auf einen Teil ihrer schönen Schenkel zu werfen.

      Sie strich sich ihr schwarzes Haar über die Schulter, lächelte aufmunternd und deutete auf eines der beiden Gläser, die auf den Tisch standen. Eine dickbauchige Flasche ›Dalmore King Alexander III‹ und ein Glaskelch mit Eiswürfeln befanden sich in seiner Gesellschaft.

      Lennox ließ sich ächzend nieder und prostete Clairé zu. Dann trank er das Glas schottischen ›Single Malt‹ mit einem Zug leer. »Ah! … Das tut gut«, bemerkte er und lehnte sich bequem zurück.

      Clairé ließ es sich nicht nehmen, ihm direkt nachzuschenken. Dabei ließ sie ihren Besucher keine Sekunde aus den Augen. Bewusst sprach sie kein Wort. Sie kannte Lennox und wusste, dass sie nicht in ihn eindringen durfte. Er musste Gelegenheit haben, seine Gedanken zu ordnen, dann würde er von ganz allein zu erzählen beginnen.

      »Sag' mal, Clairé, hast du ein Pflaster?« Er deutete auf sein Gesicht. »Das Blut habe ich unterwegs schon notdürftig entfernt.«

      Nachdem Clairé ihm das Gewünschte gebracht und ihn verarztet hatte, begann Lennox mit seinem Bericht.

      »Es war vor etwas mehr als einem Monat. Ich hatte einen Fall … Mord! Opfer war ein Abgeordneter, Täter offensichtlich ein Killer. Die Spuren ließen nur einen Schluss zu: Sie deuteten auf einen Profi hin, einen bezahlten Profi! Ich tippte auf Zack Richards und lag damit goldrichtig.« Er fixierte die bezaubernde Frau mit einem eigenartigen Blick. »Du bist die erste, die es erfährt, Clairé. Ich brachte Zack Richards zur Strecke!«

      Für einen kurzen Augenblick war sie nicht fähig darauf etwas zu entgegnen. »Hast du ihn … festnehmen können?«, fragte sie schließlich.

      Lennox schüttelte den Kopf. »Nein, das wäre wohl durch alle Medien gegangen. Ich stellte ihn, und er tötete sich selbst vor meinen Augen.«

      Clairé schien angestrengt nachzudenken. Die Sache kam ihr reichlich verworren vor.

      Lennox ballte die Hände zu Fäusten. In seinen Augen stand eine gewisse Verzweiflung. »Verdammt! Ich habe mir jedes Wort genau überlegt, aber in meinem Innern ist das reinste Chaos. Wie soll ich es dir nur erklären? Also: Ich tippte als Auftraggeberin für den Killer erst auf die Witwe, … lag damit aber falsch. Dann kamen die Kinder an die Reihe. Ebenfalls Fehlanzeige! Zumindest schien mir das so. Dabei hatte ich einen grandiosen Einfall.« Er stockte.

      »Und?«, drängte Clairé ihn ungeduldig.

      »In mir kam der Gedanke auf, dass sich der Abgeordnete selbst hatte umbringen lassen …«

      »Aber das ist doch …«, fiel sie ihm ins Wort.

      »Moment, Clairé! Sag' nichts!«, unterbrach er sie. »Es stellte sich wenig später heraus, dass ich richtig lag. Du weißt von Zack Richards vermutlich nicht viel mehr als seinen Namen, wenn überhaupt … Also nicht mehr, wie jeder andere auf diesem Planeten. Mir ging es nicht anders. Ich fragte mich, warum das wohl so war? Ganz einfach: Es hat ihn nie jemand zu Gesicht bekommen. Nicht einmal seine Auftraggeber. Wer ihn sah, der musste sterben. Das war sein Prinzip, eines, dem er seinen Erfolg als Killer verdankte. Aber es sollte ihm einmal das Genick brechen. Nun, der Abgeordnete beauftragte ihn zum Mord an sich selbst. Nach Vollzug wollte Richards sein restliches Geld, ahnte dabei aber nicht, dass ihn der Abgeordnete aufs Kreuz gelegt hatte. Er forschte nach.«

      »Ich habe die Sache mit dem Attentat verfolgt. Aber warum soll der Abgeordnete das getan haben? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn«, wandte Clairé ein.

      »Auf dem Schreibtisch des Abgeordneten lag eine seltsame Notiz: ›Hier müsst ihr suchen. Der Mörder sucht den Auftraggeber und findet das Opfer‹. Einer meiner Leute hat sie gefunden und verschlampt. Ich bin erst wieder darauf gestoßen, als ich längst den Verdacht hegte, dass der Abgeordnete seinen eigenen Mord auf dem Gewissen hatte.« Er nahm einen Schluck vom ›Single Malt‹. »Ich untersuchte also noch einmal dessen Schreibtisch und stieß auf ein Geheimfach. Darin lag das Geständnis, dass der Abgeordnete Zack Richards' Dienste bereits schon einmal in Anspruch genommen hatte. In welcher Sache, spielt keine Rolle. Es ging jedenfalls noch etwas daraus hervor. Zack Richards erwies sich laut dieser Papiere nicht nur als Killer, sondern auch als Erpresser. Jahre nach der Tat hatte er den Abgeordneten aufgefordert, eine weitere Summe zu zahlen, da die erste nicht dem entsprach, was er dem Abgeordneten wert gewesen war. Schließlich habe er dem Mord seinen Posten und sein Ansehen zu verdanken.«

      »Ich möchte jetzt dennoch wissen, was es mit dieser Tat auf sich hatte«, unterbrach Clairé, obgleich sie sich vorgenommen hatte, ihn aussprechen zu lassen.

      »Also gut, Clairé. Der Abgeordnete hieß Jason Mitchell, wie du ja weißt. Du sagtest ja, du hättest den Vorfall verfolgt. Damals war er stets zweite Garnitur gewesen. Der Kandidat für das Unterhaus war Matthew Hopkins. Während einer Europareise Mitchells wurde der Mord verübt. Geschickt gelang es Mitchells Parteifreunden, die Sache dem ›Islamischen Staat‹ in die Schuhe zu schieben. Der Hass in der Bevölkerung sorgte dafür, dass Mitchell nicht nur schnell in die Auswahl und auf die Liste kam, sondern auch die Wahl gewann.«

      »Ungeheuerlich!«

      »Das dachte sich Zack Richards wohl auch und bat, wie erwähnt, zum zweiten Mal zur Kasse. So seltsam es auch klingen mag: Diese Tatsache war letztlich der auslösende Faktor für Mitchells Selbstmord. Er war so irrsinnig, dass er vor sich selbst ein Motiv brauchte, obwohl das wahre natürlich Verzweiflung über die eigene Tat an Matthew Hopkins, seinem ermordeten Freund, war. Ich erkannte meine Chance. Nächtelang hielt ich mich im Zimmer des Abgeordneten auf und sagte keinem Menschen etwas von der Sache. Ich wollte mir den großen Fang auf keinen Fall verpatzen lassen. Meine und die Rechnung des Abgeordneten ging auf. Zack Richards kam, … aber er schoss sich vor meinen Augen eine Kugel in den Kopf.« Er lächelte mit zusammengekniffenen Lippen und zuckte mit einem Mundwinkel. »Ein zäher Hund! Er war nicht sofort tot. Vorher flüsterte er etwas von Tagebüchern und nannte eine Adresse. Ich fand alles. Eines der Bücher hat vorhin den Besitzer gewechselt. Allerdings ist es schon uralt, und besitzt somit keinen großen Wert mehr.« Er unterbrach und horchte plötzlich auf.

      Auch Clairé hatte es gehört, dem Geräusch aber keine weitere Bedeutung beigemessen.

      Lennox Walsh erhob sich und lief zur Terrassentür.

      Das Geräusch rührte von einem Hubschrauber, der in etwa fünfzig Yards vorbeiflog – nur etwa fünf Fuß höher als das ›Penthouse‹.

      Clairé begriff im gleichen Augenblick. Sie hatte drüben ein Aufblitzen bemerkt. Die Sonne hatte sich im Glas gespiegelt.

      Ein Zielfernrohr!

      »Lennox!«, stieß Clairé hervor und sprang auf.

      Doch da war es bereits zu spät. Etwas fetzte durch das dicke Glas der Terrassentür. Ohne einen lauten Ton kippte Lennox um. Er fiel auf den Rücken, während der Hubschrauber abdrehte.

      Clairé warf sich über ihren Freund, aber Chief Inspector Lennox Walsh war tot, …

      … und er hatte ihr nicht mehr sagen können, wo sich der Rest der Tagebücher befand.

      Sie begriff, warum

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