Скачать книгу

Wir haben Zeit. Das stimmt in diesem Falle zwar nicht so richtig, doch es ist tatsächlich die einzige Möglichkeit, mit den Behörden hier umzugehen.

      Aber, welch eine angenehme Überraschung: schon kurz vor zehn Uhr kommt der Bearbeiter.

      Nur, was nicht da ist, sind die Originalpapiere aus Vagha. Die amtlichen Papiere, wo der gesamte Vorgang geschildert ist. Wir haben ja die Kopien von dem Schreiben, doch auf Grund unserer Kopien will hier niemand eine Entscheidung treffen.

      Wir sitzen also im Büro des „Assistent Collektor Of Customs”, so der offizielle Titel. Wir erzählen von Deutschland, berichten über unsere Reise und beobachten so nebenbei, was ein richtig wichtiger Beamter hier in Pakistan so zu leisten hat. Mittags werden wir eingeladen. Auf dem Schreibtisch stehen die Speisen auf einer ausgebreiteten Zeitung. Es sind Speisen von außerordentlicher Qualität. Wenn es nicht sogar das beste Essen bisher überhaupt ist, wie Lutz nicht unberechtigt meint. Es ist reichlich da und alle langen gemächlich zu. Immer wieder trinken wir guten Tee, der uns im Laufe des Tages ständig angeboten wird.

      Die Arbeit unseres freundschaftlich gesonnenen Gastgebers besteht darin, Papiere und Dokumente zu bearbeiten, die ihm von Kollegen mit Bademantel-ähnlicher Bekleidung, Turban und Kalaschnikow höflichst hereingereicht werden. Er selber sieht recht westlich aus. Er trägt einen Jeans - Anzug, er ist jünger als wir und spricht gut englisch. Er hat gute, freundliche Augen und gute Manieren.

      Was er so über den Tag leistet, offenbart sich uns, da wir den ganzen Tag bei ihm sitzen. Es sind wohl so an die zwanzig Unterschriften und Stempeldrucke, die er überflogenen Papieren verpaßt. Doch die absolute Hauptsache sind unsere Erzählungen und Antworten auf seine Fragen der Rest scheint ihm wie lästiges Beiwerk. Ein Arbeitstag eines Zolloffiziers in Pakistan.

      Er ist echt interessiert, ausgewogen freundlich, aber nicht zu irgendwelchen Zugeständnissen bereit, was unsere Weiterreise per Zweirad betrifft.

      Das muß sein Chef entscheiden. An dessen Autorität fällt ihm sicher nicht mal im Traum ein zu zweifeln. Und überhaupt müssen für alle Entscheidungen erst die Originalpapiere hier sein.

      Vielleicht ist der Mann auch Geheimdienst Mitarbeiter. Jedenfalls genießt er sichtlichen Respekt. Wir somit auch. Dennoch rührt sich nichts.

      Es ist zum Auswachsen. Natürlich bleiben wir ruhig.

      Kurz nach drei verabschiedet man uns.

      Bis morgen, heißt es. Um die gleiche Zeit.

      Als wir das Gebäude verlassen, beutelt uns ein leichter Sandsturm und es ist empfindlich kalt im pakistanischen Hochland. Deshalb schnappen wir uns ein vorbeifahrendes Tuk-Tuk und lassen uns zum Bahnhof kutschieren.

      Dort angekommen probieren wir bei einem anderen „Effendi” noch mal, die Maschinen frei zu bekommen.

      Wir ziehen alle Register, packen die gesamte Trickkiste aus. Alles vergeblich. Keiner will sich offensichtlich über die Bestimmungen hinwegsetzen und man verweist uns wieder, höflich, aber bestimmt an die Zollbehörde.

      Auf unserem Weg zum Hotel treffen wir dann die Leute mit der Feuerwehr wieder. Wir helfen denen, die Batterien zu wechseln. Sie haben Ärger mit dem Anspringen, wodurch die Starterbatterien so ziemlich leer waren. Nach dem Umbau lief die alte Merzer - Kiste wieder. Wir gehen zum Hotel.

      Da treffen wir den Bayern, der sich inzwischen auch in unserem Hotel einquartiert hat. Denn hier gibt es eine Heizmöglichkeit. Es sind offen flammende Gasheizgeräte auf den Zimmern. Da nachts strenger Frost herrscht, war das für ihn ein guter Grund, das Hotel zu wechseln.

      Auch zwei besondere Hartbeine sind in unserem Hotel untergebracht. Es ist ein belgisches Paar. Diese Beiden sind mit Fahrrädern unterwegs. Sie kommen aus ihrer Heimat und wollen nach Nepal. Hier im Hotel warten sie nur auf Ersatzteile für ihre modernen Räder.

      Diese Tour der beiden läßt ziemlich staunen, irgendwie traut man anfangs seinen Augen und Ohren nicht, wenn man in der Fremde immer wieder außergewöhnlichen Menschen begegnet. Für viele der Weltreisenden sind die Unternehmungen das Leben in Selbstverständlichkeit.

      Auch für uns ist die Reise ja nun doch schon Alltag geworden.

      Doch einig sind wir uns, als wir anschließend die Radtour der Belgier reflektierten, daß wir unkomplizierte Räder nehmen würden, falls wir so was überhaupt draufhätten.

      Carnets würde man allerdings nicht brauchen! Und viele andere Bedingungen, wie Hotelaufenthalte, Fährbenutzung, Eisenbahnfahrten, alles wäre einfacher und billiger. Reparaturen wären überall einfach durchzuführen, Spontanität und Beweglichkeit wesentlich vielschichtiger als mit den Motorrädern am Hacken. Dafür sind wir jedoch schneller und müssen uns nicht abstrampeln.

      Wir sind dann ein paar Zimmer weiter zu dem neuen Gast rüber gegangen.

      Es ist jetzt halb acht, und der Reisende aus Bayern ist unser Einladung gefolgt, wir sitzen zusammen in unserem Zimmer.

      Etwas Kuchen hatten wir gekauft. Lutz spielt auf der Gitarre des Bayern.

      Wenig später kommen auch noch die Feuerwehrleute und wir gehen wegen der Raucherei alle in sein Zimmer rüber. Da drei Leute qualmen, verabschiede ich mich recht schnell und gehe wieder in unsere Buchte.

      Wie Lutz das bei denen so lange aushält, ist mir ein Rätsel.

      Es ist halb neun und ich sitze in Ruhe und allein vor der Karte. Ich zeichne gleich die gesamte Strecke ein, die nun schon hinter uns liegt. Bis Quetta.

      Lutz hat wohl noch bis halb Elf rumgeklimpert, ein paar Züge von den umgehenden Joints gemacht und ist dann auch pennen gegangen.

      Dienstag, 13.Februar - 28. Tag

       Die Reise könnte hier einfrieren.

       Der nächste Zug dann erst in zwei Wochen!

      Wir haben die offene Gasflamme über Nacht ausgemacht. Es hat draußen die ganze Nacht über geregnet. Geschlafen haben wir gut.

      Jetzt gibt es den Rest Kuchen von gestern abend, während uns die Gasflamme wieder wärmt.

      Habe mir neue Batterien für den Fotoapparat gekauft, umgerechnet sechs Mark. Dann wieder zu unserer neuen Arbeitstelle, das Custom-Haus.

      Der offizielle Brief von Vagha ist nun da. Die richtigen Papiere.

      Mit der Hilfe des überaus netten Beamten von gestern, verfasse ich einen Brief an den Super-Intendenten, der wohl der ganz große Chef hier ist.

      Wir legen dar, daß wir die gesamte Verantwortung für alle Eventualitäten während der Fahrt nach Taftan, dem Grenzübergang zum Iran, auf uns nehmen. Sie sind ja so sehr um unsere Sicherheit besorgt. Das ist auch der offizielle Grund, warum wir nicht allein durch das Land fahren dürfen.

      Vielleicht helfen ja dieses Schreiben und die Fürsprache unseres Betreuers.

      Erst lungern wir auf dem Flur und dem Gelände rum.

      Die Toiletten dieses Bürogebäudes hätte ich filmen müssen, aber wer weiß ob ich dieses Wagnis eingegangen wäre. Es hätte etwas von Spionage gehabt. Tatsächlich schätze ich, daß es richtig Ärger gegeben hätte, wenn ich dort gefilmt hätte. Von vier Buchten jedenfalls war eine benutzbar. Die zweite eigentlich nicht mehr und die andern beiden sahen aus, wie in einem Objekt, welches rohestem Vandalismus zum Opfer gefallen war. Unvorstellbar.

      Auf dem Flur in einem Schaukasten lasen wir von einer Zollaktion hier in Quetta. Fünfzehn Tonnen Marihuana, das sind eben mal fünfzehntausend Kilogramm Rauschgift, die in Masten versteckt und eingeschweißt waren, sind entdeckt und beschlagnahmt worden.

      Wer weiß, wo das Zeug gelandet ist. So ein Kilogramm wird hier sicherlich locker mit einzweihundert gehandelt!

      Das Haus war sicher nicht umsonst mit so vielen schwer bewaffneten Kämpfern gesichert! Die Ruhe täuschte sicher. Für fünfzehn Tonnen Rauschgift könnte bestimmt schnell ein kleiner Krieg ausbrechen.

      Doch wir spürten das nicht und hatten nur Nerven für unsere Belange.

      Kurz

Скачать книгу