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und weiterhin das Bett mit Joseph teilen, bis ich schwanger bin und darüber hinaus. Ich muss so tun, als ob ich ihn liebe, so wie er mich liebt. Ich bin eine Meisterin der Verstellung und es wird mir gelingen. Kein Mensch wird erahnen, wie es in mir aussieht, kein Mensch. Kein Mensch, denn ich bin die Meisterin des Versteckspiels, die absolute Meisterin. War ich schon immer. Schon immer, sagt selbst mein Vater, der mich sonst wenig zu kennen scheint und mir gar nicht nahesteht. Nie nahestand.

      Ich werde reizend plaudern, selbst wenn mir gar nicht nach reden ist. Ich werde lachen, wenn ich weinen möchte. Ich werde Joseph im Glauben lassen, ich wäre auch ihn verliebt und unsere Ehe wäre eine glückliche. Ich werde die Kaiserin täuschen, die sich leicht von mir täuschen lässt. Ich werde den Kaiser täuschen, der ein redlicher Mann wäre, ein gutes Herz hat und auf den man zählen könnte als wahren Freund, wenn er nicht den Fehler besäße, Leuten gehör zu geben, die in keinster Weise seine gütige Gesinnung verdienen wie die unsägliche Gräfin Auersperg, die österreichische Ausgabe der Madame Pompadour. Der gute Kaiser besitzt ein weiches Herz, der nur allzu schnell für junge Damen schlägt und genau das mache ich mir zu nutze. Er lässt sich leicht von mir täuschen, denn sein Herz schlägt auch für mich.

      Kein Mensch wird merken, wie es in mir aussieht.

      Kein Mensch

      Nur Mimi, denn sie ist meine Zwillingsseele.

      Mein zweites Ich

      Meine große Liebe

      Ich kann nicht anders.

      Ich liebe sie.

      Ich werde sie immer lieben.

      Immer, dessen bin ich mir sicher.

      Ganz sicher.

      Wien, 18. Januar 1761

      Man schreibt den 18. Januar 1761. Ein Unglückstag, ein wahrer Unglückstag.

      Es ist bitterkalt und das ganze Reich liegt im Dauerfrost, eine Kälte, die mir als Südländerin sehr zusetzt und an die ich mich niemals gewöhnen werde. Ähnlich kalt und frostig ist auch uns zumute.

      Marie Christine weint und ich habe meine Arme eng um sie geschlossen. Ganz eng. Ihre Hoffnung, Josephs Hoffnung, meine Hoffnung, unser aller Hoffnung – alles vergebens. Carl ist tot, dahingerafft von den Blattern. Der junge Erzherzog, der mit vollem Namen Karl Joseph von Österreich heißt, geheißen hat, denn er ist ja jetzt tot, er war der Lieblingssohn der Kaiserin gewesen und auch Marie Christines Lieblingsbruder. Und auch mir war er mit seinem fröhlichen, noch sehr jungenhaften Naturell und seiner brillanten Intelligenz sehr sympathisch gewesen und ans Herz gewachsen. Am Sylvestertag, meinem neunzehnten Geburtstag, scherzte er mit mir und war zu Späßen aufgelegt, was uns beiden einen zornigen Blick Josephs einbrachte und mich sehr amüsierte. Und jetzt war er tot, gerade einmal fünfzehn Jahre alt geworden. Er hätte doch noch das ganze Leben vor sich gehabt, sein Papa wollte, dass er eines fernen Tages den Thron des Großherzogtums der Toskana besteigt, dass der Kaiser für sein angestammtes Herzogtum Lothringen hatte eintauschen müssen. Meine Mimi, die Kaiserin, der Kaiser und der gesamte Hof trauern um den armen Carl. Ganz besonders meine Mimi.

      Ich denk an die Blattern und den armen Carl und fahre Marie durch die Haare, drück sie tröstend an mich. Tröstend und ganz eng. So eng, dass ich kaum noch zu atmen vermag.

      „Diese blöden verdammten Blattern“, flüstere ich, alle höfische Etikette vergessend, gegen ihre Halsbeuge, ihr betörendes Parfum einsaugend „diese blöden Blattern, Mimi“.

      Ich gebrauche ihren Kosenamen, der nur uns beiden gehört, nur uns beiden und halte sie ganz fest. Ganz fest.

      Ich halte sie ganz fest und küsse sie sanft auf die Wange, küsse sie und spüre ihre Brüste an meinen, ihr pochendes Herz, mein pochendes Herz. Ich vergesse alle Gedanken an Sünde und auch alle Gedanken an den armen Carl und unsere Trauer. Mein Herz setzt aus und ich fühle nur noch, empfinde nur noch. Ich presse sie ganz fest an mich, meine Lippen an ihren Wangen und küsse sie zärtlich und sachte auf den Mund. Ich küsse sie auf den Mund, spüre die zarte Berührung ihrer Zunge an meiner und stöhne ganz leise auf. Ich bin ziemlich erregt und spüre, dass auch Mimi ziemlich erregt ist trotz ihrer Trauer.

      Sie ist erregt und dennoch löst sie sich abrupt aus meinen Armen. Ihr Atem geht stoßweise wie meiner auch.

      „Isa, das dürfen wir nicht. Ich werde Albert heiraten, muss ihn heiraten. Er macht mir doch schon ewig den Hof, schreibt so schöne Briefe, besucht mich. Was ist, wenn Joseph hereinkommt und uns so sieht, oder die Kaiserin? Meine Mutter, sie würde, es geht nicht“, stammelt sie zusammenhangslos, fast panisch, rafft ihre Röcke, eilt zur Tür und lässt mich mitten im Raum stehen.

      Mitten im Raum. Ich stehe immer noch mitten im Raum und denke an die Kaiserin und ihre Sittenstrenge und ihren frömmelnden Charakter. Wenn sie uns so gesehen hätte, nicht auszudenken, wäre das gewesen. Mimi hat recht, auch wenn es weh tut, sie hat recht.

      Und dennoch ich stehe da, mitten im Raum. Immer noch erregt und voller Scham.

      Voller Scham.

      Sünde.

      Todsünde.

      Das darf sich nicht wiederholen. Mimi hat recht, wir dürfen das nicht.

      Aber es wird sich wiederholen.

      Denn ich kann nicht anders.

      Kapitel 3

      Wien, 28. November 2017, 7 Uhr morgens

      Ein Weckerklingeln. Ein Weckerklingeln und ein fiependes Handy.

      Elodie richtete sich mühsam auf. Ihr tat alles weg, da das Sofa nicht unbedingt der beste Ort zum Schlafen war und sie massierte ihren schmerzenden Nacken. In der Hoffnung, die Bilder würden verschwinden, sich in Luft auflösen. Aber das taten sie nicht. Natürlich nicht. Ihr Gesicht, das sehr dem von Isabella glich.

      Isabella, die Marie Christine geküsst hatte, Mimi.

      Sie selber, die Marie Christine geküsst hatte, ihre Mimi, ihre Nessa, denn Vanessas Gesicht hatte sich über das von Marie Christine gelegt. Und dann hatte sie ihre Maman gesehen, die der Kaiserin glich und furchtbar wütend dreingeschaut hatte.

      Mit zitteriger Hand griff Elodie nach ihrem Handy.

      Sprachnachricht von Viktor.

      Elodie seufzte und stellte die Nachricht auf laut.

      „Hallo Elodie, mein Schatz“, hörte sie Viktors Stimme etwas verzerrt aus der Ferne Chicagos. „Ich kann dich leider wieder nicht erreichen. Du fehlst mir so, Liebes. Meld dich doch bitte.“

      Mit schlechtem Wissen, weil sie ihn so gar nicht vermisste, und Trauer im Herzen griff Elodie nach Marie Antoinettes Kaffetasse, sich nach starkem, bitterem, heißem Kaffee sehnend, als ihr Handy erneut zu klingeln anfing.

      „Vanessa“

      Elodie atmete tief durch und versuchte das nagende und bohrende Gefühl in ihrem Innen ganz weit weg zu verbannen. Vanessa war ihre beste Freundin, so wie Mimi die von Isa gewesen war. Und sie musste sie mit Greta teilen, ob sie wollte oder nicht.

      „Cafe Sacher heute um 10 Uhr“, las sie mit klopfendem Herzen.

      Wien, 28. November 2017, 10 Uhr morgens, Cafe Sacher

      „Also was solltest du mir erzählen“, fragte Elodie, nachdem sie ihre Gabel zur Seite gelegt hatte. Die Sachertorte im Cafe

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