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Handelns und seiner Wirkung auf Organisationen angewiesen. Zur Kennzeichnung des Gegenpols der sozialen Rolle könnte reales Verhalten, das Erwartungshaltungen des Individuums an sich selbst und gegen die Umwelt entspringt, als individuale Rolle, als Wunschrolle (Lersch 1965, S. 165), als Persönlichkeitsbegriff der Rolle (Fend 1969, S. 133) oder im Sinne von Wurzbacher und Scharmann als Personalisation bezeichnet werden (Scharmann 1966a, S. 70 ff; Wurzbacher 1963).

      3. Die Interpretation der Theorie der formalen und informalen Organisation

      Im Sinne von Lersch, der sich an Windelband anlehnt, übernimmt die Anthropologie als Philosophie die Aufgabe des Zusammen- und Zuendedenkens von Tatsachen (Lersch 1957, S. 16). Als »Synthese der wesentlichsten Aussagen über den Menschen« ist sie dann nicht »Grundwissenschaft«, sondern »Gipfel- und Abschlusswissenschaft« (Mayer 1951, S. 12).

      Eine methodische Konkretisierung dieser Art philosophisch-anthropologischen Vorgehens nimmt Bollnow (Bollnow 1965, S. 30 ff) in Anlehnung an Pleßner vor, indem er drei sich wechselseitig ergänzende und sich überschneidende Prinzipien erläutert, die im Folgenden dieser Arbeit zugrundeliegen.

       a) Die anthropologische Reduktion: Die objektiven Gebilde der Kultur, in dem konkreten Fall, die Wirtschaft, der Wirtschaftsbetrieb, die Organisation des Wirtschaftsbetriebes in der Differenzierung nach formaler und informaler Organisation, und die Betriebserziehung werden rückbezogen auf den Menschen als ihren Initiator und Schöpfer.

       b) Das Organon-Prinzip wird als die zur anthropologischen Reduktion inverse Operation betrachtet. Menschliches Leben wird von seinen kulturellen Objektivationen her verständig gemacht. Einmal werden also die kulturellen Gebilde vom Menschen her verstanden, zum anderen der Mensch von seinen Kulturschöpfungen her.

       c) In einem weiteren Verfahren werden Phänomene des menschlichen Verhaltens, die u.a. auch im Organisationsbereich des Betriebes auftreten, anthropologisch interpretiert.

      Anthropologische Darstellung, Analyse und Interpretation ermöglichen eine Betrachtungsweise des Wirtschaftsbetriebes, seiner Aufgaben und seiner Organisation, bei der der Mensch Ausgangs- und Endpunkt aller Überlegungen ist.

      1 «Wer vom Menschen spricht, auch wenn er von der Zoologie herkommt, betritt anthropologischen Boden und muss sich dessen bewusst sein.«

      2 Zur Interpretation des Prinzips der offenen Frage siehe Loch (1963).

      3 Diese Methode wird besonders von Johannes Baumgardt gepflegt.

      II. Die Aufgaben des Wirtschaftsbetriebes und seiner Organisation abgeleitet aus der Sicht der Anthropologie

      1. Die individual- und sozialökonomische Aufgabe des Wirtschaftsbetriebes

      Lange Zeit betrachtete man die Aufgaben und Ziele des Wirtschaftsbetriebes und die Entscheidungen über ihre Setzung häufig und überwiegend als »autonome Wahlhandlungen«, die durch »autoritäre Vorgabe« charakterisiert sind (Heinen 1968, S. 18 f).

      Erst in den letzten Jahren kommt man davon ab, grundsätzlich die Kategorien der Gewinnmaximierung »im weitesten Sinne« axiomatisch als Zielfunktion des Betriebes zu setzen (Kirsch 1968, S. 882f). Die entscheidungsorientierte Betriebswirtschaftslehre hat mit dem Tabu gebrochen, die Entstehung von Zielen im Betrieb und den Zielentscheidungsprozess nicht zum Gegenstand wissenschaftlicher Überlegungen zu machen. Sie geht von der Annahme aus, »dass zwischen den individuellen Zielen der an der Organisation »Unternehmung« beteiligten Individuen bzw. Gruppen und der Formulierung der Ziele der Unternehmung ein Zielentscheidungsprozess gleichsam »zwischengeschaltet ist« (Kirsch 1968, S. 883). Die Frage nach den Zielen des Betriebes wird zum programmatischen Ansatz (Heinen 1968, S. 95 ff).

      Mit diesen Voraussetzungen ist eine anthropologisch bedeutsame Entwicklung eingeleitet. Denn mit Reflexionen über Ziele und Aufgaben des Wirtschaftsbetriebes und ihrer Entwicklung sieht man sich auf den Menschen als individuales und soziales Wesen, als originäre Quelle allen wirtschaftsbetrieblichen Handelns zurückverwiesen.

      Die Anthropologie versteht die Aufgabe des Wirtschaftsbetriebes vom Menschen her. Sie fragt, was in den Phänomen Wirtschaftsbetrieb vom Wesen des Menschen zum Ausdruck kommt und welche Aufgaben infolgedessen der Wirtschaftsbetrieb für den Menschen wahrnimmt.

       a) Unter individualanthropologischem Aspekt wird gefragt, wie Wirtschaften in Betrieben (als funktioneller Aspekt des Wirtschaftsbetriebes) im Aufbau der Person verankert ist. In der individualen Struktur der Person werden die Gründe für wirtschaftliches Handeln im Betrieb gesucht.

       b) Unter sozialanthropologischen Perspektiven ist zu fragen, welche Aufgaben der Betrieb für die Menschen als Gruppe und als Gesellschaft zu erfüllen hat.

      Der Wirtschaftsbetrieb, so findet sich häufig in Lehrbüchern der Betriebswirtschaftslehre, nimmt seine Aufgaben vorwiegend unter dem Wirtschaftlichkeitsprinzip wahr, einem Sonderfall des sogenannten Rationalprinzips. Rational menschliches Verhalten ist Begrenzungsfaktoren unterworfen (Heinen o. J., S. 58 ff). Objektive Rationalität ist daher eine Idealvorstellung, die in der Wirklichkeit nicht vorzufinden ist.

      Rationales Verhalten kennzeichnet zweckmäßiges Verhalten. Aus begriffskritischen Gesichtspunkten bedarf Rationalität immer des Bezuges auf eine Zielvorstellung, die durch rationales Verhalten erreicht werden soll. Menschliches Verhalten kann individual oder subjektiv rational sein, wenn es an den Zielen des Individuums ausgerichtet ist; es kann organisatorisch-, gruppen- oder sozial-rational sein, wenn es an den Zielen der Organisation, einer Gruppe oder eines sozialen Gebildes orientiert ist (Simon 1955, S. 53 f). Häufig beruht auch sogenanntes irrationales Verhalten auf nicht erkannter subjektiver Rationalität (Friedmann 1952, S. 330).

      Unter anthropologischen Aspekten ist rationales Verhalten lediglich ein Teilaspekt individual- und sozialökonomischen Verhaltens in Betrieben. Diese These ist zu erläutern in einer anthropologischen Analyse mit Hilfe des Schichtenmodells der Person. Wenn Wirtschaften als System menschlichen Handelns definiert wird oder wie bei Krasensky (1952, S. 4) als »Sonderfall aus dem menschlichen Handlungsaggregat«, liegt dem die Leitbildvorstellung vom Menschen als handelndem Wesen zugrunde, wobei unter Handeln die »auf Veränderung der Natur zum Zwecke des Menschen gerichtete Tätigkeit« (Gehlen 1961, S. 17) verstanden wird. Wirtschaften ist als primär »bedarfsdeckende« Verhaltensweise (Baumgardt 1967b, S. 25) charakterisiert, deren »letzte Ursprünge als Ausdruck der Daseinsgebundenheit des Menschen unwandelbar in der vitalen Triebwirklichkeit« liegen (Ziegenfuss 1943, S. 6). Bezeichnet man wie Herder und Gehlen den Menschen als organisches Mängelwesen (Gehlen 1962, S. 84), so erfüllt wirtschaftliches Tun mängelausgleichende Funktionen zur Selbsterhaltung des Menschen. Denn Wirtschaften ist eine Möglichkeit diese Mängel zu kompensieren. Sie ist die Fähigkeit, »die der dringendsten Notwendigkeit entspricht, diese rohe Natur, und zwar jederlei beliebige Natur, wie immer sie beschaffen sein möge, so zu verändern, dass sie ihm lebensdienlich wird« (Gehlen 1961, S. 18).

      Die Wirtschaft in ihrem Wesen ist nicht nur durch die egoistische Vitalfunktion der Selbsterhaltung zu erklären. Sie kann auch, wie Dörschel es tut, »als von Hilfswillen und mitfühlender Phantasie getragene Vorsorge für die Lebenserhaltung und Lebensanpassung« (Dörschel 1965, S. 97) verstanden werden. Wirtschaften wird in dieser Auffassung durch emotional-soziale Funktionen erweitert. Über die Vitalschicht hinaus sind nunmehr Seiten des Menschseins angedeutet, die im Schichtenbild der Person dem endothymen Grund angehören.

      Die Person befreit sich aus vitaler Gebundenheit durch Wirtschaften. Sie entwickelt höhere Bedürfnisse und fördert dadurch einen evolutiven Prozess der Höher- und Weiterentwicklung menschlicher Kultur (Nell-Breuning 1962, S. 164, Ziegenfuss 1943, S. 6).

      »Darstellungen der Wirtschaft gehen häufig davon aus, dass der Mensch, in dem er wirtschaftet, ein Verhältnis zu Sachen herstelle. Nicht, dass die Gegenstände des Wirtschaftens »Sachen« sind, ist das, was wir uns zum Verständnis der Wirtschaft klar machen müssen, Ausgangspunkt ist vielmehr, dass die Sachen und Nichtsachen, über die die meisten Menschen wirtschaftlich zu disponieren wünschen, geschätzt

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