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ausstellen. Die Besucher, welche 50 Euro Eintritt bezahlten, wollten die Originale sehen.

      Eine halbe Stunde nach Öffnung der Ausstellung, schob eine ungefähr dreißigjährige schlanke Frau schwarzafrikanischer Abstammung in einem farbenfrohen Sommerkleid eine alte Nonne im Rollstuhl in das Sicherheitszelt. Es war eilig errichtet worden und stand vor dem eigentlichen Eingang des Louvre, der gläsernen Pyramide.

      Sie schob den Rollstuhl mit der alten Frau in eine Ecke des Zeltes, damit sie Niemandem im Weg standen. Als sie sich vom Rollstuhl wegdrehte, um zur Kasse zu gehen, entdeckte sie einen Bekannten in der Sicherheitsschleuse. „Salut, Francois!“, rief sie ihm mit einem bezaubernden Lächeln zu. Der angesprochene Wachmann winkte zurück. Sein „Salut, Isabelle!“ hörte sie nicht mehr, da die Alte im Rollstuhl sie ebenfalls beim Namen gerufen hatte und eine gewisse Ungeduld durch ein langsames Heben ihrer linken Hand unterstrich.

      Isabelle beugte sich über die alte Nonne, die sich in ihrer strengen, dennoch weit geschnittenen schwarz-weißen Nonnentracht verhüllt hatte. Sie streichelte ihr den Arm, redete beruhigend auf sie ein und küsste sie auf die Stirn. Dann versuchte sie erneut zu einem der Schalter zu gelangen. Sie kam sofort dran, legte die ID-Cards von sich und ihrem Pflegefall zusammen mit dem ermäßigten Eintritt von jeweils 30 Euro auf den Tresen. Sie erhielt die beiden Eintrittskarten mit dem Bild der Mona Lisa und eine Quittung, damit sie den Eintritt mit ihrem Arbeitgeber abrechnen konnte.

      Vorsichtig schob sie den Rollstuhl zu der rechten Sicherheitsschleuse, die speziell für Menschen im Rollstuhl bereitgestellt wurde. Natürlich stand Francois hier. Sie schob den Rollstuhl durch die Detektortür, worauf sofort der Warnton wegen des für Gestänge und Felgen des Rollstuhls verwendeten Metalls ertönte. Ein paar Touristen blickten erschrocken zu ihnen hinüber.

      Francois sagte „Bonjour, Madelaine!“ und erntete ein mehr gekrächztes als gesprochenes „Bonjour!“ von der Nonne.

      „Wie geht´s?, wollte der junge Wachmann, immer zu einem Flirt aufgelegt, von Isabelle wissen.

      „Gut. Und Dir?“

      Aus dem Flirt wurde nichts, denn schon meldete sich die Alte wieder mit einem „Isabelle“ zu Wort und verlangte dadurch zu den Bildern gebracht zu werden. Mit einem Lächeln und einem Achselzucken verabschiedete sich Isabelle wortlos von ihrem Verehrer und schob den Rollstuhl zu einem der Aufzüge. Francois sah ihr lächelnd hinterher. Vielleicht ein anderes Mal, dachte er sich. Sie kam oft genug im Louvre vorbei.

      Eine halbe Stunde später waren sie in dem Raum angekommen, in dem die Mona Lisa von Leonardo da Vinci hing. Das berühmteste Gemälde der Welt. Immer noch spekulierte man darüber, wer sie wohl war. Aber das tat ihrem Lächeln und der Faszination, welches davon seit Jahrhunderten ausging, keinen Abbruch. Zwei Wachmänner standen in diesem Raum, damit beschäftigt, den Besucherstrom am Fließen zu halten. Jeder wollte die Mona Lisa sehen. So als würde es nur dieses eine Bild im Museum geben.

      In einem Radius von drei Metern um das Bild herum führte eine Absperrung, die sofort Alarm auslöste, wenn sie übertreten wurde. Durchschnittlich einmal in der Woche unterbrach ein vorwitziger Tourist die Lichtschranken. Was dann passierte, hätte man nur in einfach gestrickten Abenteuerfilmen für möglich gehalten. Die Ausgänge des Raumes verschlossen sich. Und wie das Fallbeil einer Guillotine fiel eine Schutzwand aus der Decke, welche das schönste Bild der Welt hinter einer Wand aus 3 Zentimeter dickem Spezialstahl abschirmte. Das Bild selbst war zum Schutz vor Säurespritzern ständig hinter einem nicht reflektierenden Panzerglas, das man als Betrachter in der Regel nicht wahrnahm. Das Vergehen wurde stets mit einer Verwarnung von 1.000 Euro bestraft.

      Isabelle rollte die Nonne direkt an die gegenüberliegende beige Wand, an der seit Jahren keine Bilder mehr hingen, weil in diesem Raum nur die Mona Lisa beachtet wurde. Sie richtete den Rollstuhl genau auf die lächelnde Mona Lisa aus und arretierte die Räder des Rollstuhls.

      „So,“ sagte sie mit sanfter Stimme, „jetzt kannst Du Dich erst einmal mit Mona Lisa unterhalten. Ich komme gleich wieder.“

      Als Antwort ertönte ein „Oui, oui!“ aus dem Rollstuhl.

      Im Hinausgehen lächelte Isabelle einem der Wachmänner zu, während sie ihm mit Gestiken andeute, dass sie unbedingt auf die Toilette musste und gleich wieder zurückkommen würde. Isabelle war keine Unbekannte. Mindestens zwei Mal die Woche erschien Isabelle mit einer alten Frau, welche sie pflegte, im Louvre.

      Schnellen Schrittes ging Isabelle den langen Korridor hinunter, der auf halbem Weg zu den Toiletten führte. Als sie die Damentoilette erreichte, würdigte sie diese mit keinem Blick. Sie schritt den Korridor weiter in ihrem wallenden, bunten afrikanischen Sommerkleid hinunter. In der rechten Hand hielt sie eine blau glänzende Handtasche, mit der sie ihre schnellen Schritte auszupendeln versuchte.

      Das Fax erreichte die Zentrale des Pariser Überwachungsdienstes und die Amsterdamer Kriminalpolizei zeitgleich. Es fiel sofort auf, da Telefaxen als altmodisch galt und nur noch selten angewendet wurde. Im Zeitalter des 3D-Scannens wurde das Telefax nur noch verwendet, wenn man keinen Computer zur Verfügung hatte.

      Auf beiden Faxen stand das gleiche: „Räumen Sie den Louvre so schnell es geht. Explosion um 10.09 Uhr Ortszeit. Bestätigungscode: XODZHG305S. Neuer Code: OZSLJFU673X.“ Der Beamte, der in Paris das Fax las, griff sich sofort ein Telefon: „Ich habe eine Bombendrohung für den Louvre. Die Bombe soll in 4 Minuten hoch gehen!“

      Als am anderen Ende aufgelegt wurde, klingelte das Telefon sofort wieder. Es war die Amsterdamer Polizei, die den Pariser Überwachungsdienst über das Fax informieren wollte. „Danke, wir haben das gleiche Fax bekommen. Ich rufe später zurück.“ Der französische Kommissar legte auf, wählte sofort die Nummer des Sicherheitsdienstes im Louvre. „Wir haben gerade eine Bombendrohung für 10.09 Uhr bekommen! Evakuieren Sie!“

      „Nicht schon wieder. Seit der Sache in Amsterdam haben wir jeden Tag fast 5 Ankündigungen von Attentaten.“ Der Schichtleiter in der Zentrale des Sicherheitsdienstes im Louvre beschwichtigte.

      „Das ist keine normale Drohung! Die Nummer unseres Faxgerätes ist nicht öffentlich! Sie sollten es ernst nehmen!“ Der Kommissar schrie fast durch die Leitung.

      „Okay!“, war am anderen Ende der Leitung zu hören, bevor die Verbindung unterbrochen wurde.

      Der Schichtleiter drückte auf einen der blauen Taste vor sich und sprach in ein Mikrofon: „Achtung! Wir haben wieder eine Bombendrohung. Seht Euch vorsichtig um und meldet alles Ungewöhnliche. Vorsichtshalber räumen wir den Mona-Lisa-Raum.“ Natürlich wurde diese Durchsage nicht von den Besuchern gehört. Nur das Wachpersonal empfing die Mitteilung per Funk direkt über einen winzigen Lautsprecher im Ohr.

      Die beiden Wachmänner, die nur auf das Bild der lächelnden Mona Lisa aufpassten, bewegten sich zum Eingang ihres Raumes, vorbei an der eingeschlafenen Nonne im Rollstuhl. Sie forderten Besucher auf, die eintreten wollten, zurückzubleiben und verschlossen per Knopfdruck den Zugang mit einer automatischen massiven Schiebetür. Dann baten sie die Anwesenden wegen einer Übung den Raum zu verlassen. „Sie können gleich wieder das Lächeln genießen. Wir müssen diese Sicherheitsübungen jeden Tag durchführen. Bitte haben Sie Verständnis!“

      Einem der Wachmänner fiel Madelaine auf, die friedlich in ihrem Rollstuhl schlief. Sie hatte die Augen geschlossen und das Kinn auf die Brust gesenkt. „Würden Sie bitte die Nonne im Rollstuhl mit nach draußen schieben?“, wies er einen jungen Amerikaner an. Dieser ging zum Rollstuhl, scheute sich davor die alte Frau zu berühren, sprach sie aber an. Als er keine Antwort erhielt, dachte er sich: `Einen guten Schlaf hat sie´, und legte seine Hände an die Griffe des Rollstuhls, um ihn nach draußen zu schieben.

      Als es zischte, fiel der junge Amerikaner wie ein Stein zu Boden. Er hatte einen elektrischen Schlag erhalten. Sofort lösten die Wachmänner Alarm aus. Das Gemälde der Mona Lisa verschwand hinter der beschußsicheren Spezialstahlwand. Panik entstand und die noch ungefähr 15 anwesenden Menschen versuchten zum Ausgang zu gelangen, durch den das Licht des dahinter liegenden Korridors schimmerte.

      Um 10.09 Uhr ereignete sich eine kleine Explosion im Rollstuhl. Kurz darauf steuerte etwas Raketenähnliches auf die Stahlwand

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