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älter als zwölf Monate.

      In Stockholm wurde die Empfehlungsliste des Gruppenleiters 23-14 gelesen und mit einem Eilvermerk weiter an die Europäische Regierung übermittelt. Zwei Stunden später wurde mit der Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen begonnen.

      „Lassen Sie mich raten: Er hat vor Monaten damit begonnen sein Vermögen zu verkaufen und das Geld in die Unsichere Zone verschoben.“ Rizzardi sprach über die Bildtelefonleitung unmittelbar nach der Teamleiter-Besprechung mit seinen Agenten in Ägypten. Anthony Brown lieferte zusammen mit seinem deutschen Kollegen eine erste Zusammenfassung ihrer Untersuchungen. Sie berichteten davon, dass der von der Gruppe 23-14 nur noch `der Ägypter´ genannte Ibrahim Ezz sein Firmenimperium in eine Aktiengesellschaft umgewandelt hatte und Schritt für Schritt seine Anteile bis auf 7 Prozent verkauft hatte.

      Ibrahim Ezz hatte Ende der Neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts als Sohn eines Analphabeten und einer fürsorglichen Mutter sein Leben selbst in die Hand genommen und sich zuerst als Handlanger einer Tauchschule am Roten Meer verdingt. Er sparte eisern, um sich eine Ausbildung als Tauchlehrer leisten zu können. Nebenbei besuchte er als 16jähriger eine Schule, um die elementarsten Dinge des Lebens zu lernen, einschließlich Lesen und Schreiben. Ein paar Jahre später eröffnete er seine eigene Tauchschule, die er aufgrund einer straffen Organisation und eines beneidenswerten Gespürs für die Auswahl und Führung seines Personals erfolgreich führte. Der Schritt zu einer an die Tauchschule angelehnten Pension war nicht weit. Er war so erfolgreich, dass er im Abstand von jeweils zwei Jahren je ein Hotel baute und eröffnete. Als in Folge einer der vielen Krisen im Nahen Osten viele Hotels kurz vor der Pleite standen, baute er sein Imperium aus. Dank seines guten Rufes schaffte er in dieser touristenarmen Zeit eine der höchsten Bettenbelegungsquoten zu erzielen.

      Dreißig Jahre später war aus dem Sohn bettelarmer Eltern ein erfolgreicher Geschäftsmann geworden. Sein Imperium bestand aus dem mit Abstand größten in ägyptischer Hand befindlichen Hotelkonzern, dazu einem kleinen Schifffahrtsunternehmen, einer Fluggesellschaft, einem Autoverleih, großflächigen Gemüseerzeugungsflächen, welche die Touristenzentren belieferten.

      Brown setzte seinen Bericht fort: „Am Vorabend des Anschlags auf das Ägyptische Museum, befand er sich noch auf einem Wohltätigkeitsdinner zugunsten von Waisen in Kairo. Danach ist er mit seiner Privatmaschine in den Süden geflogen, in die Unsichere Zone. Er verfügt dort über einen großen, schwer bewachten Landsitz und einige Handwerksbetriebe, in denen hauptsächlich Souvenirs für Touristen hergestellt werden.“

      „Was sagen die Satellitenaufnahmen, welche Sie angefordert haben?“ Rizzardi musste die Anforderung der Bilder authorisieren. Sie waren von europäischen Spionagesatelliten aufgenommen worden, die mit einer faszinierenden Schärfe und unter der Zusammenschaltung mehrerer Satelliten die Möglichkeit hatten, Objekte auch von der Seite zu betrachten, in der 3D-Technik.

      „Seine Maschine ist auf dem Flughafen in der Nähe seines Landsitzes gelandet und befindet sich seitdem dort. Nach der Landung fuhr ein Konvoi mit sechs großen Fahrzeugen zu seiner Villa. Die Satellitenbilder zeigen mehrere Befestigungsringe um die Gebäude sowie Wachtürme und Stellungen für Flugabwehrgeschütze.“

      „Wir werden wohl ein Spezialkommando entsenden müssen, um ihn gefangen zu nehmen.“ Rizzardi wusste, dass es in diesem Fall keine leichte Aufgabe war. Möglicherweise gab es Tote auf beiden Seiten. Die Wachen dieser Festung verfügten sicherlich über eine ähnlich gute Schutzausrüstung wie die Europäischen Spezialkommandos.

      „Bei den verwendeten „Goldschmelzen auf vier Rädern“ handelt es sich um modifizierte mobile Kleinkrematorien, in Nordamerika hergestellt, welche seit fast zehn Jahren zur Seuchenbekämpfung in Zentralafrika verwendet werden. Der Scheich hat sie mit einer speziellen Panzerung versehen lassen, damit sie Panzerfaustangriffen standhalten. Die Ägyptische Armee hat dazu einen vierten LKW beschießen lassen. Erst der Beschuss aus Kampfpanzern und von Kampfflugzeugen aus zerstörte den Aufbau. Ganz nebenbei war auch ein kompliziertes Filtersystem eingebaut, damit kein Rauch nach draußen gelangte. Zusätzlich stiftete der Scheich noch zwanzig weitere von außen gleich aussehende Lastkraftwagen ohne den aufwendigen Innenausbau.“

      „Gibt es ein Motiv?“ Rizzardi hoffte endlich Licht ins Dunkel zu bringen.

      „Dieser Ägypter ist oder war als Sammler schöner Sachen bekannt. Er finanzierte ein, der Öffentlichkeit zugängliches Altertumsmuseum in Hurghada. Seine in ganz Ägypten verteilten prächtig gebauten und kunstvoll verzierten Wohnsitze sind von riesigen Gärten umgeben, welche Fata Morganen in der Wüste gleichkommen. Seine Villa am Roten Meer hat keinen Pool, sondern ein fußballfeldgrosses zwanzig Meter tiefes Meerwasserbecken, in welches er ein tropisches Korallenriff gepflanzt hat.“

      „Kann mir ein Mensch erklären, warum jemand diesen sagenhaften Besitz im Stich lässt, um ein paar antike Kunstwerke einzuschmelzen und um nun vor dem Hass der ganzen zivilisierten Welt auf der Flucht zu sein?“ Rizzardi stellte die Frage mehr sich selbst.

      Anthony Brown konnte es genauso wenig wie jeder andere beantworten. Stattdessen fragte er, auch vorsichtig hinsichtlich seines Ansehens bei Rizzardi, nachdem er seinen neuen Auftrag erhalten hatte: „Was erwartet mich auf Teneriffa?“

      „Ich weiß es nicht. Dieser Mann kennt aber möglicherweise alle bisher bekannten Täter. Ich möchte noch nicht von ihm als Hintermann sprechen, aber vielleicht kann er uns wenigstens weiterhelfen.“ Rizzardi hatte keinen einzigen Beweis für eine mögliche Verstrickung in die Anschlagsserie. Deshalb wollte er auch nicht, dass ihn einer der ermittelnden ESS-Agenten als Verdächtigen behandelte.

      „Haben wir Informationen über ihn?“ Natürlich wusste Brown, dass es Informationen gab. Über jeden Bewohner der Sicheren Länder gab es Informationen. Mehr als genug. Die meisten waren belanglos. Datenmüll.

      „Unser Büro auf Gran Canaria schickt Ihnen die wichtigsten Daten auf Ihr Laptop. Damit können Sie sich während des Fluges befassen. Auf Teneriffa werden Sie von einer unserer Agenten abgeholt und erhalten dort aktuelle Informationen, insbesondere wann für Sie ein Besuch arrangiert worden ist.“ Rizzardi fasste sich kurz. Er wusste, dass Brown neugierig war. Seine Neugier sollte er durch die Dossiers befriedigen, welche er erhielt.

      „Wann ein Termin arrangiert worden ist? Wer zum Teufel ist das?“ Brown verstand Rizzardi so, als könnte es Tage dauern, bis er gnädigerweise empfangen werden würde. So meinte es aber auch sein Gruppenleiter. Genau so.

      Dr. Martin gönnte sich währenddessen seine Tea-Time. Nebenbei sah er sogenannte Boulevardsendungen an. Neben vielen anderen Themen des Tages befasste sich die Sendung auch mit der jüngsten Kunstvernichtung. Ausschnitte aus einer Meinungsumfrage unter Passanten in verschiedenen europäischen Großstädten wurden gezeigt. In der Terminologie der Kleinen Leute von der Strasse äußerten diese ihre Betroffenheit über die Anschläge. Außerdem forderten sie, „dass etwas dagegen getan werden müsste und die Täter schwer bestraft werden müssten“. Viele Menschen sprachen davon, dass ihnen mit der Zerstörung dieses kostbaren Weltkulturerbes auch etwas Vertrautes und Persönliches genommen wurde. Manche Menschen sprachen davon, dass die Zerstörung der Mona Lisa oder der Goldmaske von Tutenchamun wie der Verlust eines besonderen Erbstückes vorkam. Experten nannten die bedeutenden Kunstgegenstände auch „gemeinschaftliche Erbstücke aus der kollektiven Vergangenheit der Menschheit“.

      Anstößig fanden einige der Befragten auch die Geschmacklosigkeit von Werbespots. Allen voran die Werbung eines Pauschalreisekonzerns. „Unser Spitzenangebot für Sie: 10x10x10! Werden Sie einer der letzten Augenzeugen des Britischen Museums, der Sixtinischen Kapelle, von Venedig, Michelangelo in Florenz… Zehn von der Vernichtung bedrohte Kunstwerke in zehn Europäischen Städten in zehn Tagen!“

      Der englische Agent trank seine Teetasse aus, stellte sie im Aufstehen ab und eilte schnellen Schrittes zum Büro seines Gruppenleiters. Während er nach einem kurzen: „Ich muss Ihnen etwas zeigen!“ an einem Rechner über das Internet die gerade gesehene Sendung aufrief, sprach er weiter: „Wir hätten uns das Brainstorming sparen können. Die `Strasse´ hat es viel besser hingekriegt.“

      Als die acht Minuten Berichterstattung zum Thema Kunstvernichtung zu Ende waren, legte der Psychologe seinen Plan offen:

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