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Ein Kind unserer Zeit

      Ein Kind unserer Zeit

      © Ödön von Horváth 1938

      Umschlagfoto: Columbus Avenue at Northampton Street / City of Boston Archives

      © Lunata Berlin 2019

      Inhalt

       Ein Kind unserer Zeit

       Der Vater aller Dinge

       Das verwunschene Schloß

       Der Hauptmann

       Der Bettler

       Im Hause des Gehenkten

       Der Hund

       Der verlorene Sohn

       Das denkende Tier

       Im Reiche des Liliputaners

       Anna, die Soldatenbraut

       Der Schneemann

       Vorarbeiten und Varianten

       I

       Der Soldat

       Der Vater aller Dinge

       Hoch in der Luft

       Abends im Dorf

       Das verwunschene Schloß

       Die Ballade von der großen Liebe

       Am Rande der Zeit

       Die Ballade von der Soldatenbraut

       Anna, die Soldatenbraut

       Das Vaterland ruft und nimmt auf das Privatleben seiner Kinder mit Recht keine Rücksich

       Die Hymne an den Krieg ohne Kriegserklärung

       Variationen über ein bekanntes Thema

       Der Hauptmann

       [Im Hause des Gehenkten]

       Der Student

       Der Gedanke

       Der Bettler

       Der Schneemann

       Über den Autor

Ein Kind unserer Zeit

      Der Vater aller Dinge

      Ich bin Soldat.

      Und ich bin gerne Soldat.

      Wenn morgens der Reif auf den Wiesen liegt oder wenn abends die Nebel aus den Wäldern kommen, wenn das Korn wogt und die Sense blitzt, obs regnet, schneit, ob die Sonne lacht, Tag und Nacht – immer wieder freut es mich, in Reih und Glied zu stehen.

      Jetzt hat mein Dasein plötzlich wieder Sinn! Ich war ja schon ganz verzweifelt, was ich mit meinem jungen Leben beginnen sollte. Die Welt war so aussichtslos geworden und die Zukunft so tot. Ich hatte sie schon begraben. Aber jetzt hab ich sie wieder, meine Zukunft, und lasse sie nimmer los, auferstanden aus der Gruft!

      Es ist noch kaum ein halbes Jahr her, da stand sie bei meiner Musterung neben dem Oberstabsarzt. »Tauglich!« sagte der Oberstabsarzt, und die Zukunft klopfte mir auf die Schulter. Ich spürs noch heut.

      Und drei Monat später erschien ein Stern auf meinem leeren Kragen, ein silberner Stern. Denn ich hatte hintereinander ins Schwarze getroffen, der beste Schütze der Kompanie. Ich wurde Gefreiter und das will schon etwas heißen.

      Besonders in meinem Alter.

      Denn ich bin fast unser Jüngster.

      Aber eigentlich sieht das nur so aus.

      Denn eigentlich bin ich viel älter, besonders innerlich. Und daran ist nur eines schuld, nämlich die jahrelange Arbeitslosigkeit.

      Als ich die Schule verließ, wurde ich arbeitslos.

      Buchdrucker wollte ich werden, denn ich liebte die großen Maschinen, die die Zeitungen drucken, das Morgen-, Mittag- und Abendblatt.

      Aber es war nichts zu machen.

      Alles umsonst!

      Nicht einmal zum Lehrling konnte ichs bringen in irgendeiner Vorstadtdruckerei. Von der inneren Stadt ganz zu schweigen!

      Die großen Maschinen sagten: »Wir haben eh schon mehr Menschen, als wir brauchen. Lächerlich, schlag dir uns aus dem Kopf!«

      Und ich verjagte sie aus meinem Kopf und auch aus meinem Herzen, denn jeder Mensch hat seinen Stolz. Auch ein arbeitsloser Hund.

      Raus mit euch, ihr niederträchtigen Räder, Pressen, Kolben, Transmissionen! Raus!

      Und ich wurde der Wohltätigkeit überwiesen, zuerst der staatlichen, dann der privaten –

      Da stand ich in einer langen Schlange und wartete auf einen Teller Suppe. Vor einem Klostertor.

      Auf dem Kirchendach standen sechs steinerne Figuren. Sechs Heilige. Fünf Männer und ein Weib.

      Ich löffelte die Suppe.

      Der Schnee fiel und die Heiligen hatten hohe weiße Hüte.

      Ich hatte keinen Hut und wartete auf den Tau.

      Die Sonne wurde länger und die Stürme wärmer –

      Ich löffelte die Suppe.

      Gestern sah

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