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      »Machen Sie sich keine Gedanken. In welchem Hotel sind Sie abgestiegen? Oder wollen Sie das nicht sagen?«

      »Im Stadthotel

      »Wenn Sie eben nicht so schnell weg gewesen wären, hätte ich Ihnen das Hotel Körner empfohlen, dort bekommen wir Rabatt. Aber was soll's. Wir haben einige organisatorische Fragen zu klären, und wir wollen nicht noch mehr Zeit verlieren.« Urbach schaltete das Tonbandgerät ein und schob zwei Mikrofone zurecht. Die Spulen begannen sich zu drehen. »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir das Band mitlaufen lassen?«

      »Weshalb wollen Sie es überhaupt laufen lassen?«, erkundigte sich Schaake. Er hatte nicht die Absicht, schon wieder Einwände zu machen, aber der Gedanke, dass jedes Wort, das er sagte, das man aus ihm herauslocken würde, von anderen abgehört und vielleicht analysiert werden würde, bereitete ihm körperliches Unbehagen.

      »Wir können gewissermaßen ins unreine sprechen, von einem Thema zum anderen springen, und jederzeit nachhaken.«

      Das ist keine Erklärung, dachte Schaake, aber er nickte. Urbach beugte sich über sein Mikrofon.

      »Band Nummer eins, Schaake/Urbach, Uhrzeit dreizehn Uhr siebenundzwanzig, Zählwerkstand null-null-eins.« Er lehnte sich zurück und betrachtete Schaake mit kaum verhohlener Abneigung.

      Sie sprachen über die Spesen, und wie sie abgerechnet wurden, wann und wie oft man sich treffen, und wie man vorgehen wollte. Georg und Urbach gedachten sich abzulösen, während Schaake Bilder betrachtete und über Heller sprechen sollte. Über alles, was ihm einfiel.

      »Moment, Moment!«, protestierte Schaake.

      »Was ist denn jetzt schon wieder?«

      »Sie machen einen auf Acht-Stunden-Tag. Glauben Sie etwa, ich starre zwölf oder noch mehr Stunden auf Fotos?«

      Urbach sagte kalt: »Dann nennen Sie uns Ihre Vorstellungen.«

      »Wenn ich müde bin oder keine Lust habe, höre ich auf. So einfach ist das. Dann schaue ich mir die Stadt an. Vielleicht läuft er mir ja über den Weg.«

      »Na schön. Es lebe die freie Wirtschaft.«

      »Aber ohne Wachhund.«

      »Ich habe kaum etwas anderes erwartet«, bemerkte Urbach sarkastisch. »Wenn Sie ihn sehen, halten Sie ihn fest, ja?«

      Schaake überging den Einwand, der zweifellos nicht ernst gemeint war. »Was geschieht, wenn ich ihn identifiziere?«

      »Dafür müssen wir uns etwas ausarbeiten, auch für den Fall, dass er Sie zuerst erkennt. Es wird darauf ankommen, wie sicher Sie ihn identifizieren, ob wir sofort seinen Falschnamen erfahren, seine Wohnung, und so weiter. Wenn möglich, wollen wir ihn eine Zeitlang observieren, um Verbindungen aufzudecken.«

      »Und dann wird er festgenommen?«

      »Den Zeitpunkt entscheidet der Abteilungsdirektor. Vielleicht sogar eine noch höhere Ebene Aber im Prinzip – ja, er wird festgenommen.«

      »Durch Sie?«

      »Wir besitzen keinerlei Exekutivgewalt. Die Festnahme wird durch Beamte des vierzehnten Kommissariats der Kölner Kriminalpolizei erfolgen. Oder, was wahrscheinlicher ist, durch Beamte des Bundeskriminalamtes.« Urbach fixierte Schaake. »Oder haben Sie hier auch Einwände?«

      Schaake schüttelte den Kopf.

      »Ich will Ihnen jetzt etwas sagen, Herr Schaake, von mir aus können Sie sich über mich beschweren, es ist mir egal. In meinen Augen sind Sie einer von diesen unentschlossenen Liberalen, die unseren Staat am liebsten Kommunisten und Terroristen überlassen würden. Ich werde auf Sie aufpassen, Herr Schaake, Und wenn es Ihnen einfallen sollte, gegen uns zu arbeiten, also vielleicht, Ihren sauberen Freund zu warnen, dann Gnade Ihnen Gott!«

      »Dann lassen Sie mich auch verhaften«, sagte Schaake, der seine kalte Wut nicht mehr beherrschen konnte. »Sorgen Sie erst einmal für Sauberkeit in Ihrem eigenen Haus!«

      Sofort bereute er seine spontane Bemerkung. Er hatte beschlossen, das verschwundene Album zunächst nicht zu erwähnen. Er wollte beobachten, abwarten.

      Das Schweigen dauerte nur wenige Sekunden, aber es war abgrundtief. Urbachs plötzliche Wachsamkeit konnte man fühlen.

      »Wie meinen Sie das, Herr Schaake?«

      »Bei Ihnen spielt jemand falsch, das ist es«, stieß Schaake, wütend über seine Unbesonnenheit, hervor.

      »Können Sie Ihren Vorwurf begründen?«

      »Man hat mir ein Fotoalbum aus meiner Wohnung gestohlen.«

      Urbach sah ihn an, und als Schaake nicht weitersprach, machte er eine ungeduldige Handbewegung. »Was für ein Fotoalbum?«

      »Es enthielt Fotos aus meiner Schulzeit.«

      »Gestern erst haben Sie erklärt, Sie hätten keine Bilder mehr.«

      »Das stimmt auch. Meine Negative sind verloren gegangen. Ich hatte noch ein Album, in das ich alle Fotos geklebt habe, die mir erhalten geblieben sind. – Von Heller war sowieso keins dabei.« Schaake hielt diese Behauptung für einen guten Einfall.

      Urbach musterte ihn kalt. Er glaubte ihm nicht. Es spielte keine Rolle. Er hatte keine Namen unter die Bilder geschrieben. Ein Fremder konnte mit seiner Beute so ohne weiteres nichts anfangen.

      »Sind Sie sich über die Tragweite Ihrer Behauptung im Klaren, Herr Schaake? Ich glaube, nicht. Wer, meinen Sie, könnte ein Interesse daran haben, sich in den Besitz eines Fotos von Heller zu bringen?«

      »Heller selbst. Oder jemand, der nicht daran interessiert ist, dass er gefasst wird.«

      Urbach runzelte die Stirn, aber seine Mundwinkel verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. Vermutlich hielt Urbach ihn für einen Spinner. Auf die Sache mit dem verschwundenen Album ging er jedenfalls nicht näher ein.

      Was Schaake einigermaßen wunderte.

      V

      Nach einiger Zeit vergaß Schaake das laufende Tonband. Urbach stellte Fragen, die Schaakes Verhältnis zu Heller betrafen. Wann sie sich kennengelernt hatten, seit wann sie sich als Freunde betrachteten, welche gemeinsamen Freunde oder Freundinnen sie gehabt hatten, Hobbies, Gewohnheiten.

      Schaake war auf der Hut. Er spürte, dass Urbach ein geschickter Vernehmer war. Mit seinen Fragen lockte er vergessen geglaubte Gedanken aus der Tiefe der Erinnerung. Aber er, Schaake, blieb bei seinen Antworten einsilbig, kurz angebunden.

      Natürlich hatte er seit seiner Unterredung mit Mehrländer und Urbach im Holiday Inn fast ununterbrochen an Jochen denken müssen. Begegnungen, Erlebnisse, Gesichter, Szenen tauchten auf. Sie waren blass, farblos, aber die Erinnerungen waren mit Gefühlen verbunden, die irgendwo im Inneren schmerzten. Wie eine unglückliche Liebe.

      »Wie war er veranlagt?«, fragte Urbach.

      Schaake starrte den Mann wortlos an. »Nun stellen Sie sich nicht so an. Homosexualität unter jungen Männern ist doch nichts Ungewöhnliches! Oder hatte er Freundinnen? Wie war das bei Ihnen? Hatten Sie eine sturmfreie Bude? Oder er? Oder gingen Sie mit Ihren Mädchen ins Heu?«

      Schaake schwieg. Was wusste dieser Mann von keuscher Schwärmerei? Was wusste er von Jochens scheuer Liebe zu Jutta? Schaake brachte es nicht fertig, seine Gedanken und Gefühle von damals mit Urbach, diesem Zyniker, zu teilen. Er fürchtete, die Erinnerungen dann endgültig zu verlieren.

      Die Abendsonne schien schräg durch eins der hohen Fenster, als Urbach verärgert seine Unterlagen zusammenraffte, das Tonband aus dem Gerät nahm, und eine neue Spule einlegte. Das besprochene Band steckte er in seine Aktentasche. »Machen wir Schluss für heute«, sagte er. »So kommen wir nicht weiter. Morgen früh versuchen wir es zuerst einmal mit Fotos. Wenn Sie nicht zu müde sind, können Sie sich noch mit Georg unterhalten.«

      Schaake hörte Georg und Urbach

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