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Lausbubengeschichten & Tante Frieda - Teil 1. Ludwig Thoma
Читать онлайн.Название Lausbubengeschichten & Tante Frieda - Teil 1
Год выпуска 0
isbn 9783742772671
Автор произведения Ludwig Thoma
Серия Lausbubengeschichten & Tante Frieda
Издательство Bookwire
hat nichts geredet und hat mich immer angeschaut, und der Instruktor ist auch ganz still
dagesessen. Da hat ihn der Herr gefragt, ob Arthur sein Pensum schon fertig hat, und er sagte, ja,
es ist fertig; es sind noch einige Fehler darin, aber man merkt schon den Fortschritt.
Da sagte der Herr: »Das ist schön, und Sie können heute nachmittag allein spazierengehen, weil
der junge Lateinschüler mit Arthur spielt.«
Der Instruktor ist aufgestanden, und der Herr hat ihm eine Zigarre gegeben und gesagt, er soll
Obacht geben, weil sie so gut ist.
Wie er fort war, hat der Herr gesagt: »Es ist doch ein Glück für diesen jungen Menschen, daß wir
ihn mitgenommen haben. Er sieht auf diese Weise sehr viel Schönes.«
Aber das dicke Mädchen sagte: »Ich finde ihn gräßlich; er macht Augen auf mich. Ich fürchte,
daß er bald dichtet wie der letzte.«
Der Arthur und ich sind bald aufgestanden, und er hat gesagt, er will mir seine Spielsachen
zeigen. Er hat ein Dampfschiff gehabt. Das wenn man aufgezogen hat, sind die Räder
herumgelaufen, und es ist schön geschwommen. Es waren auch viele Bleisoldaten und Matrosen
darauf, und Arthur hat gesagt, es ist ein Kriegsschiff und heißt "Preußen." Aber beim Scheck war
kein großes Wasser, daß man sehen kann, wie weit es schwimmte, und ich habe gesagt, wir
müssen zum Rafenauer hingehen, da ist ein Weiher, und wir haben viel Spaß dabei.
Es hat ihn gleich gefreut, und ich habe das Dampfschiff getragen.
Sein Papa hat gerufen: »Wo geht ihr denn hin, ihr Jungens?« Da habe ich ihm gesagt, daß wir das
Schiff im Rafenauer seinem Weiher schwimmen lassen.
Die Frau sagte: »Du darfst es aber nicht tragen, Arthur. Es ist zu schwer für dich.« Ich sagte, daß
ich es trage, und sein Papa hat gelacht und hat gesagt: »Das ist ein starker Bayer, er ißt alle Tage
Lunge und Knödel. Hahaha!«
Wir sind weitergegangen hinter dem Scheck, über die große Wiese.
Der Arthur fragte mich: »Gelt, du bist stark?« Ich sagte, daß ich ihn leicht hinschmeißen kann,
wenn er es probieren will.
Aber er traute sich nicht und sagte, er wäre auch gerne so stark, daß er sich von seiner Schwester
nichts mehr gefallen lassen muß.
Ich fragte, ob sie ihn haut.
Er sagte nein, aber sie macht sich so gescheit, und wenn er eine schlechte Note kriegt, redet sie
darein, als ob es sie was angeht.
Ich sagte, das weiß ich schon; das tun alle Mädchen, aber man darf sich nichts gefallen lassen. Es
ist ganz leicht, daß man es ihnen vertreibt, wenn man ihnen rechte Angst macht.
Er fragte, was man da tut, und ich sagte, man muß ihnen eine Blindschleiche in das Bett legen.
Wenn sie darauf liegen, ist es kalt, und sie schreien furchtbar. Dann versprechen sie einem, daß
sie nicht mehr so gescheit sein wollen.
Arthur sagte, er traut sich nicht, weil er vielleicht Schläge kriegt. ich sagte aber, wenn man sich
vor den Schlägen fürchten möchte, darf man nie keinen Spaß haben, und da hat er mir
versprochen, daß er es tun will.
Ich habe mich furchtbar gefreut, weil mir das dicke Mädchen gar nicht gefallen hat, und ich
dachte, sie wird ihre Augen noch viel stärker aufreißen, wenn sie eine Blindschleiche spürt. Er
meinte, ob ich auch gewiß eine finde. Ich sagte, daß ich viele kriegen kann, weil ich in der
Sägmühle ein Nest weiß.
Und es ist mir eingefallen, ob es nicht vielleicht gut ist, wenn er dem Instruktor auch eine
hineinlegt.
Das hat ihm gefallen, und er sagte, er will es gewiß tun, weil sich der Instruktor so fürchtet, daß
er vielleicht weggeht. Er fragte, ob ich keinen Instruktor habe, und ich sagte, daß meine Mutter
nicht so viel Geld hat, daß sie einen zahlen kann. Da hat er gesagt: »Das ist wahr. Sie kosten sehr
viel, und man hat bloß Verdruß davon. Der letzte, den wir gehabt haben, hat immer Gedichte auf
meine Schwester gemacht, und er hat sie unter ihre Kaffeetasse gelegt; da haben wir ihn
fortgejagt.«
Ich fragte, warum er Gedichte gemacht hat und warum er keine hat machen dürfen.
Da sagte er: »Du bist aber dumm. Er war doch verliebt in meine Schwester, und sie hat es gleich
gemerkt, weil er sie immer so angeschaut hat. Deswegen haben wir ihn fortjagen müssen.«
Ich dachte, wie dumm es ist, daß sich einer so plagen mag wegen dem dicken Mädchen, und ich
möchte sie gewiß nicht anschauen und froh sein, wenn sie nicht dabei ist.
Dann sind wir an den Weiher beim Rafenauer gekommen, und wir haben das Dampfschiff
hineingetan. Die Räder sind gut gegangen, und es ist ein Stück weit geschwommen.
Wir sind auch hineingewatet, und der Arthur hat immer geschrien: »Hurra! Gebt's ihnen,
Jungens! Klar zum Gefecht! Drauf und dran, Jungens, gebt ihnen noch eine Breitseite! Brav,
Kinder!« Er hat furchtbar geschrien, daß er ganz rot geworden ist, und ich habe ihn gefragt, was
das ist.
Er sagte, es ist eine Seeschlacht, und er ist ein preußischer Admiral. Sie spielen es immer in
Köln; zuerst ist er bloß Kapitän gewesen, aber jetzt ist er Admiral, weil er viele Schlachten
gewonnen hat.
Dann hat er wieder geschrien: »Beidrehen! Beidrehen! Hart an Backbord halten! Feuer! Sieg!
Sieg!«
Ich sagte: »Das gefällt mir gar nicht; es ist eine Dummheit, weil sich nichts rührt. Wenn es eine
Schlacht ist, muß es krachen. Wir sollen Pulver hineintun, dann ist es lustig.« Er sagte, daß er
nicht mit Pulver spielen darf, weil es gefährlich ist. Alle Jungen in Köln machen es ohne Pulver.
Ich habe ihn aber ausgelacht, weil er doch kein Admiral ist, wenn er nicht schießt.
Und ich habe gesagt, ich tue es, wenn er sich nicht traut; ich mache den Kapitän, und er muß bloß
kommandieren.
Da ist er ganz lustig gewesen und hat gesagt, das möchte er. Ich muß aber streng folgen, weil er
mein Vorgesetzter ist, und Feuer geben, wenn er schreit.
Ich habe ein Paket Pulver bei mir gehabt. Das habe ich immer, weil ich so oft Speiteufel mache.
Und ein Stück Zündschnur habe ich auch dabeigehabt.
Wir haben das Dampfschiff hergezogen. Es waren Kanonen darauf, aber sie haben kein Loch
gehabt. Da habe ich probiert, ob man vielleicht anders schießen kann. Ich meinte, man soll das
Verdeck aufheben und drunter das Pulver tun. Dann geht der Rauch bei den Luken heraus, und
man glaubt auch, es sind Kanonen darin.
Das habe ich getan. Ich habe aber das ganze Paket Pulver hineingeschüttet, damit es