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Elche da oben im Norden.« – »Meinst du, daß ich hier bleiben will, wenn ich so etwas verübt habe?« sagte Graufell. – »Übereile dich nun nicht! Warte mit deinem Vorhaben bis morgen!« – »Du selber hast mich gelehrt, daß die Elche Eins sind mit dem Walde,« erwiderte Graufell, und mit diesen Worten trennte er sich von Karr.

      Karr ging nach Hause, aber diese Unterhaltung hatte ihn unruhig gemacht, und schon am nächsten Tage ging er wieder in den Wald hinaus, um den Elch zu treffen. Aber Graufell war nirgends zu finden, und der Hund suchte auch nicht lange nach ihm. Er begriff, daß Graufell die Natter beim Wort genommen hatte und in die Verbannung gegangen war.

      Auf dem Heimwege war Karr in einer Stimmung, die nicht zu beschreiben ist. Er konnte nicht begreifen, daß Graufell sich von der elenden Natter vertreiben lassen wollte. Er hatte nie etwas Ähnliches erlebt. Welche Macht hatte denn so ein Hilflos?

      Als Karr in diese Gedanken versunken dahintrottelte, gewahrte er den Holzwärter, der zu einem Baum hinaufzeigte. »Wonach siehst du?« fragte ein Mann, der neben ihm stand, – »Es ist Krankheit unter den Larven ausgebrochen,« sagte der Holzwärter. Karr war ungeheuer erstaunt, aber er war im Grunde noch mehr ärgerlich darüber, daß die Natter imstande gewesen war, Wort zu halten. Nun war Graufell wohl gezwungen, eine ewige Zeit wegzubleiben, denn diese Natter starb scheinbar nie.

      Aber mitten in Karrs allergrößter Betrübnis fiel ihm etwas ein, das ihn ein wenig tröstete. »Vielleicht wird die Natter doch nicht alt,« dachte er, »immer kann sie doch nicht unter der Baumwurzel liegen! Sobald sie uns die Larven vom Halse geschafft hat, weiß ich jemand, der sie tot beißen wird!«

      Es war wirklich Krankheit unter den Larven ausgebrochen, aber im ersten Sommer griff sie nicht sonderlich um sich. Sie hatte sich kaum gezeigt, als die Zeit kam, wo die Larven zu Puppen werden. Und aus den Puppen krochen Millionen von Schmetterlingen. Jede Nacht flogen sie wie ein Schneegestöber zwischen den Bäumen herum und legten eine unzählige Menge Eier. Im nächsten Jahr mußte man auf noch größere Zerstörungen vorbereitet sein.

      Die Zerstörung kam, aber nicht nur über den Wald, sondern auch über die Larven selbst. Die Krankheit breitete sich schnell von dem einen Teil des Waldes auf den anderen aus. Die kranken Larven hörten auf zu fressen, krochen in die Wipfel der Bäume hinauf und starben. Es herrschte große Freude unter den Menschen, als sie sie sterben sahen, aber noch größere Freude herrschte unter den Tieren im Walde.

      Karr, der Hund, ging Tag aus, Tag ein umher und dachte mit grimmiger Freude an den Tag, an dem er es verantworten konnte, Hilflos totzubeißen.

      Aber die Larven hatten sich meilenweit über die benachbarten Wälder verbreitet, und auch in diesem Sommer erreichte die Krankheit sie nicht alle; viele blieben am Leben und wurden Puppen und Schmetterlinge.

      Durch Zugvögel erhielt Karr Grüße von Graufell, er sei am Leben, und es gehe ihm gut. Aber die Vögel vertrauten Karr an, daß wiederholt Wilddiebe Graufell nach dem Leben getrachtet hatten, und daß er ihnen nur mit Müh und Not entkommen sei.

      Karr lebte in Unruhe und Trauer und Sehnen. Und noch ganze zwei Sommer mußte er sich gedulden. Da erst war es vorbei mit den Larven.

      Kaum hatte Karr den Holzwärter sagen hören, daß der Wald außer Gefahr sei, als er auf Jagd auf Hilflos ausging. Aber als er in das Dickicht hinein kam, machte er eine schreckliche Entdeckung. Er konnte nicht mehr jagen, er konnte nicht laufen, er konnte seinen Feind nicht aufstöbern, er konnte nicht einmal sehen. In der langen Wartezeit war das Alter über Karr gekommen. Er war alt geworden, ohne es gemerkt zu haben. Er war nicht einmal mehr imstande, eine Natter totzubeißen. Er vermochte seinen Freund Graufell nicht von dem Feind zu befreien.

      Eines Nachmittags ließen sich Akka von Kebnekajse und ihre Schar am Ufer eines Waldsees nieder. Sie waren noch auf dem Kolmård, aber sie hatten Ostgotland verlassen und hielten sich nun in der Jönåker Harde in Sörmland auf.

      Der Frühling kam spät, wie gewöhnlich in Berggegenden, und der ganze See war, bis auf einen Rand offenen Wassers hart am Ufer, mit Eis bedeckt. Die Gänse stürzten sich sogleich ins Wasser, um zu baden und Nahrung zu suchen, aber Niels Holgersen hatte eines Morgens seinen einen Holzschuh verloren und ging zwischen den Erlen und Birken, die am Ufer wuchsen, umher, um etwas zu finden, was er um seinen Fuß wickeln konnte.

      Der Junge ging eine ganze Strecke, bis er etwas fand, was er gebrauchen konnte, und er sah sich unruhig um, denn ihm war unheimlich zumute im Walde. »Nein, da ist mir denn doch die Ebene oder auch der See lieber,« dachte er. »Da kann man doch sehen, wohin man geht. Wäre es wenigstens noch ein Buchenwald! Das kann zur Not angehen, denn da ist fast kein Unterholz; aber diese Birken- und Tannenwälder, die sind so unwegsam und wild, ich verstehe nicht, daß die Leute sich darin finden wollen. Wär ich es, dem dies hier gehörte, ich ließe das Ganze abhauen!«

      Schließlich erblickte er ein Stück Birkenrinde und war gerade damit beschäftigt, sie seinem Fuß anzupassen, als er einen raschelnden Laut hinter sich hörte. Er wandte sich um und sah eine Natter durch das Gestrüpp gleiten, gerade auf sich zu. Sie war ungewöhnlich lang und dick, aber der Junge sah sofort, daß sie zwei weiße Nackenflecke hatte, und blieb stehen. »Es ist ja nur eine Natter,« dachte er. »Die kann mir doch nichts tun.«

      Im selben Augenblick aber versetzte ihm die Natter einen so kräftigen Stoß vor die Brust, daß er umfiel. Er kam schnell wieder auf die Beine und fing an zu laufen, die Schlange aber verfolgte ihn. Der Erdboden war steinig und mit Gestrüpp bewachsen, so daß es nur langsam ging, und er hatte die Natter dicht auf den Fersen.

      Auf einmal sah der Junge gerade vor sich einen großen Stein mit steilen Seiten, auf den kletterte er hinauf. »Hier kann mir die Natter doch nicht nachkommen,« dachte er, aber als er glücklich hinaufgekommen war und sich umwandte, sah er, daß die Schlange versuchte, hinter ihm herzukommen.

      Dicht neben dem Jungen, oben auf dem Steinblock, lag noch ein Stein, der war fast rund und so groß wie ein Menschenkopf. Er lag ganz lose hart am Rande. Es war unfaßlich, daß er da liegen konnte. Als die Natter näher kam, lief der Junge hinter den runden Stein und versetzte ihm einen Schubs. Er rollte gerade auf die Natter herab, so daß diese an die Erde fiel, und der Stein ihren Kopf traf, auf dem er liegen blieb.

      »Der Stein hat seine Sache gut gemacht,« dachte der Junge und seufzte erleichtert auf, als er sah, daß die Natter noch ein paarmal zuckte und dann still liegen blieb. »Ich glaube kaum, daß ich auf der ganzen Reise je in einer größeren Gefahr gewesen bin.«

      Kaum hatte er Zeit gehabt, sich ein wenig zu besinnen, als er ein Sausen in der Luft vernahm und einen Vogel niederstoßen sah, dicht neben der Natter. Er glich in Größe und Bau einer Krähe, aber er hatte ein hübsches Kleid aus schwarzen, metallschimmernden Federn. Der Junge verkroch sich vorsichtig in einen Riß im Stein. Er entsann sich nur zu gut, wie es ihm ergangen war, als er von den Krähen entführt wurde. Er beschloß, nicht zum Vorschein zu kommen, wenn es nicht notwendig war.

      Der schwarze Vogel ging mit langen Schritten neben der toten Schlange auf und nieder und berührte sie mit dem Schnabel. Schließlich schlug er mit den Flügeln und rief mit einer so gellenden Stimme, daß es in den Ohren weh tat: »Dies muß die Natter Hilflos sein, die hier tot liegt!« Noch einmal ging er der ganzen Länge nach an der Natter entlang, und dann blieb er in tiefe Gedanken versunken stehen und kraute den Kopf mit dem Fuß. »Es kann unmöglich zwei so große Nattern hier im Walde geben,« sagte er. »Es ist ganz sicher Hilflos.«

      Es sah so aus, als wolle er mit dem Schnabel in die Natter hineinhacken, aber plötzlich hielt er inne. »Sei nun kein Tor, Bataki,« sagte er. »Es kann dir doch nicht einfallen, die Natter zu fressen, ehe du Karr geholt hast. Er wird nie glauben, daß Hilflos tot ist, wenn er es nicht selbst gesehen hat.«

      Der Junge tat sein Bestes, um sich still zu verhalten, aber der Vogel war so possierlich feierlich, wie er da mit sich selbst redete, daß er sich nicht enthalten konnte, zu lachen.

      Der Vogel hörte ihn, und mit einem einzigen Flügelschlag war er oben auf dem Stein. Der Junge sprang sofort auf und ging ihm entgegen: »Bist du nicht der Rabe, den sie Bataki nennen, und der ein guter Freund von Akka von Kebnekajse

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