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      Theodor konnte mit dem kleinen Karli nicht viel anfangen, denn der war so schnell beleidigt und lief dann einfach weg und niemand wusste wohin. Auch mit seiner Frau hatte er wenig Umgang, denn die Geschäfte machten ihm in den letzten Jahren zu schaffen. Er musste sich einiges einfallen lassen um den Profit zu erwirtschaften. Dabei war ihm jeder Trick recht, der ihm einfiel. Man musste sehen, wie man über die Runden kam.

      Der verschwundene Strickstrumpf

      Nur eine schien der Familie besondere Freuden zu bescheren und dies war Margarethe. Sie hatte ein goldenes Händchen für gestickte Handarbeiten und das überstieg die Leistungen der Mitschülerinnen bei weitem. Eines Tages war die Aufgabe in der Schule, einen Strickstrumpf zu machen, aber Margarethe warf das dumme Ding einfach auf dem Heimweg in den Fluss. Das gab natürlich große Aufregung, Margarethe musste sogar zum Schuldirektor, der ziemlich schimpfte. Dann erklärte sie dem Direktor, dass sie lieber schönere Dinge machte und sie holte aus ihrer Tasche wunderbare, geradezu professionelle Handarbeiten.

      Nun ging es erst richtig los: “Das hast du gemacht? Lüg uns nicht an!“ Schließlich musste Margarethe vor den Augen der gestrengen, aber unbegabten Handarbeitslehrerin und vor dem Direktor eine solche Arbeit anfertigen. Schließlich sah man ein, dass das Kind nicht gelogen hatte. Die Werke von Margarethe wurden auf Ausstellungen gezeigt, erhielten Preise und noch eine Menge an Anerkennung.

      Eines Tages durfte die kleine Margarethe sogar zum Kaiser, weil sie ein so großes Talent war und die kleine Margarethe führte auch dort ihr künstlerisches Geschick vor. Kaiser Franz Joseph verstand nicht viel von Stickereien und Handarbeiten, aber sein Hofstaat bat die kleine Margarethe, einige Dinge für sie anzufertigen und das machte Margarethe und ihre Familie mächtig stolz. Vielleicht wäre daraus auch eine beachtenswerte Karriere geworden, wenn die Geschichte ein wenig anders verlaufen wäre.

      Nur zwei Jahre später brach der erste Weltkrieg aus, als der Thronfolger für die österreichisch-ungarische Monarchie ermordet wurde und nochmals zwei Jahre später starb Kaiser Franz Joseph, nach 68 Jahren seiner Regentschaft.

      Margarethe sah natürlich ein, dass in diesen schwierigen Zeiten der Kaiser ganz andere Sorgen hatte, als ihre Stickkunst und daher schlief diese Angelegenheit nach einigen Monaten auch wieder ein.

      Theodor sah ebenfalls die schlechter werdenden Zeiten näher rücken und wie viele andere machte er die Angehörigen einer anderen Religion dafür verantwortlich. Im Gasthaus machte er auch keinen Hehl daraus und schimpfte ziemlich hemmungslos und sehr oft.

      Der tiefe Fall

      Ein paar Nächte später, wurde die Familie durch einen hellen Feuerschein geweckt und es gab mächtig viel Aufregung im Schloss. Es brannte auf den Feldern und in den Wäldern. Auch die Villen der Familie waren in Brand gesteckt worden und sogar das Schloss brannte im hinteren Teil.

      Für so viele Orte an denen es brannte, gab es auch nicht genug Feuerwehrleute und selbst das Wasser war knapp. Alles brannte nieder und nur Theodor konnte erahnen, was dies bedeutet, denn er hatte die Versicherungsprämien längst eingespart, um den Profit zu erhöhen.

      Nun waren sie alle mittellos und konnten nur mehr in der verbrannten Ruine wohnen. Gesinde konnte man nicht mehr entlohnen, Kindermädchen nicht mehr beschäftigen, Gründe nicht mehr verpachten, weil sich keine Pächter fanden, die dieses Risiko nochmals eingehen wollten und irgendwie waren sie einfach am Ende oder wie man auch sagte, Bankrott.

      Adele fragte sich, warum ihr Gott so viele Kinder geschenkt hatte, wenn er ihnen alles, also alles an materiellem Wohlstand in einer Nacht wegnahm. Was war Gottes Plan? Was hatte er mit ihnen vor? Was mochte er von ihnen? Was erwartete sich Gott von ihr?

      17 Kinder und deren Eltern standen vor dem Nichts, obwohl sie doch vor kurzem noch vor dem Kaiser gestanden waren. Dies alles war kein Alptraum, sondern bittere Realität. Theodor wurde mit der Situation auch nicht fertig, er hatte in kürzester Zeit den Absturz vom Großgrundbesitzer zum Armen Teufel erlebt. Womit sollte er jetzt seine Familie ernähren? Die Brandstifter wurden nie ermittelt, zumindest erfuhr er in seinem restlichen Leben nichts davon.

      Theodor hatte von allem die Schnauze voll. Wie konnte er so vor seine Familie treten? Was für Hoffnung konnte er ihnen geben? Von der Religion und Gott hatte er auch die Nase gestrichen voll. Wie konnte der Schöpfer ihm eine so große Kinderschar aufhalsen und ihn dann so schmählich im Stich lassen? Oder wäre es vielleicht an seiner Frau Adele gewesen, zu verhüten oder sonst was?

      Ein Land in dem doch kein Honig fließt

      Für Theodor gab es jetzt nur ein Thema, die Flucht. Nachts packte er das Nötigste was noch da war zusammen und schrieb einen sehr kurzen Brief für seine Adele. Er ginge voraus in die neue Welt, nach Amerika und er würde, sobald es geht, sie alle nachkommen lassen. Es täte ihm schrecklich leid war noch zu lesen und dann nichts mehr, nicht mal seinen Namen.

      Theodor schlug sich als Taglöhner, Bettler, Dieb und blinder Passagier nach Amerika durch und das dauerte ziemlich lange. Da er aber keinen Beruf erlernt hatte, sondern immer nur seine Güter, die ursprünglich seinen Eltern gehört hatten, verwaltete und bewirtschaften ließ, war er mehr ein Glücksjäger, denn ein Arbeiter. Es ging nicht wirklich aufwärts in Amerika, also brauchte er auch nichts nach Hause zu schreiben.

      Adele verbrachte eine grauenhafte Zeit. Der erste Weltkrieg war inzwischen ausgebrochen, keine einzige Nachricht von Theodor und dafür jede Menge hungrige Kinder. Sie selbst war durch die vielen Geburten auch nicht gesünder geworden. Da war nur eines, was ihr entgegenkam.

      Sie hatte in all den guten Jahren die Dienstboten nie wie Personal behandelt, sondern eher wie Freundinnen. Niemals entglitt ihr ein herrschaftlicher Ton, kein böses Wort, wenn jemand mal seine Arbeit nicht tun konnte und oft hatte sie auch denen, die es brauchten, heimlich etwas zugesteckt.

      Diese Menschen hatten einerseits gelernt, von ihrer Hände Arbeit zu leben, zu improvisieren und andererseits hatten sie stets bewundert, dass Adele so eine herzliche Seele war. Nun standen diese Menschen mit Adele und den Kindern in der Not zusammen und gemeinsam versuchte man über die Runden zu kommen. Einige Kinder wohnten hier, einige da, irgendwie ging es schon und die Kinder gewöhnten sich schnell daran, gebrauchte Kleidung zu tragen. Sie ärgerten auch Karli nicht mehr, weil sie wussten, dass dies der Mutter Kummer bereitete.

      Ein Jahr nach Vaters Flucht beschloss Adele, auch nach Amerika zu gehen, um ihn zu suchen. Da sie nie über kleine Dörfer hinaus gekommen war, hatte sie räumlich eine sehr winzige Vorstellung von Amerika, da würde es nicht so schwer sein, Theodor zu finden. Auch sie versprach, die Kinder nachkommen zu lassen, sobald es geht.

      Auf ihrer Reise nach Amerika musste sie eine Vergewaltigung durch einen Soldaten über sich ergehen lassen und dies trug ihr auch eine Narbe oberhalb des Auges ein, die sie für den Rest ihres Lebens behielt. Sie erzählte später nur wenigen Menschen davon, denn sie genierte sich sehr dafür, mit einem anderen Mann als ihrem Theodor geschlafen zu haben.

      Als sie ankam, suchte sie sich gleich einen Job, in der ersten Stadt, in die sie kam. Es war eine Art von Wäscherei. Allmählich verstand sie auch, dass dieses Land größer als ein paar Dörfer war, und dass daher die Suche nach Theodor nicht im Vordergrund stehen konnte. Es ginge jetzt darum, jedes Einkommen zu sparen und dann den Kindern zu schicken.

      Als Adele merkte, wie mühsam lange es dauerte, etwas Geld zusammen zu bekommen, nahm sie noch Abends Jobs als Reinigungskraft an. Der Rücken schmerzte, das Becken tat ebenso weh, aber sie wusste, wie es ist, wenn man täglich auf einen Brief wartet, der nicht und nicht kommt. Also sparte sie sich alles vom Mund ab und arbeitete so viel sie konnte. Wurde sie krank und verlor den Job, dann suchte sie sich schnell einen neuen Job, ohne jedes Selbstmitleid. Ihre Kinder sollten es eines Tages besser haben, und das war jedes Opfer wert.

      Nach einem halben Jahr hatte sie das Geld für zwei Schiffspassagen zusammen. Telegraphisch überwies sie das Geld an die Kinder. Jede Woche schrieb sie einen langen Brief an die Kinder, in dem sie schilderte, dass es ihr sehr gut ginge und dass hier das Leben ganz anders,

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