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fallen.

      „Ja, das wäre es wirklich“, gab Gerbig zurück und griff zum Telefon. „Ich werde mich jedenfalls in Berlin rückversichern.“

      *

      Nach einigen Telefonaten stand fest, dass Gerbig den Diplomatenkoffer direkt nach Berlin bringen sollte. Ein Beamter vom LKA würde den Koffer übernehmen und nach Prüfung des Inhaltes würden weitere Schritte eingeleitet werden.

      Missmutig warf Gerbig, nachdem er das letzte Gespräch geführt hatte, den Hörer auf die Gabel und schaute Schmidt grimmig an. „Das hab ich nun davon. Jetzt kann ich noch einen Schwenker über Berlin machen. Ich hätte den Koffer besser mit nach Hause nehmen sollen. Na ja, wer dumm fragt … flieg ich halt über Berlin“, hängte er scherzhaft an und stellte den Aktenkoffer neben dem Schreibtisch ab. „Ich möchte jetzt einen Kaffee … einen extrem heißen Kaffee.“

      Schmidt lachte. Er stand auf und holte Gerbig wie auch sich selbst eine große Tasse dampfenden Kaffee. „Ist schon seltsam. Alles in der Maschine ist verbrannt, nur der Koffer nicht“, murmelte er, reichte Gerbig seine Tasse und schaute dabei den ramponierten Aktenkoffer argwöhnisch an.

      „Na, so seltsam ist das auch nicht. Er war mit Sicherheit in einem der Staufächer untergebracht. Bei dem Absturz, bei dem die Außenhaut aufgerissen wurde, ist er hinausgeschleudert worden. Wir haben sogar das Bordbuch gefunden, das nur bis zur Hälfte verkohlt ist.“

      Schmidt sah sich den Koffer über den Rand seiner Tasse hinweg an. Schlürfend, mit kleinen Schlucken trank er den heißen Kaffee und schüttelte unmerklich den Kopf.

       Kapitel 4

      Christian Welder starrte wie hypnotisiert auf das Fax, das er in seiner Hand hielt. Er konnte es nicht fassen. Doch die Meldung aus Salzburg war unmissverständlich: Otto Wagners Cessna war während des Landeanfluges aus bisher ungeklärter Ursache abgestürzt. Alle acht Passagiere wie auch die beiden Piloten kamen dabei ums Leben.

      Sein Blick flog zwischen Fax, Telefon und Tür hin und her und seine Gedanken rotierten. Sollte er Wagner anrufen oder sollte er persönlich zu ihm gehen? Was hätte er unternehmen müssen? Hatte er seine Pflicht nach dem Einbruch und vor dem Start der Cessna erfüllt? Welder entschied, mit Wagner noch vor den eigentlichen Ermittlungen zu sprechen, um sich mit ihm abzustimmen.

      Im gleichen Moment, als er sein Büro verlassen wollte, klopfte es kurz und heftig an die Tür. Noch ehe Welder „Herein“ rufen konnte, flog die Tür auf, und ein junger Mann platzte in den Raum hinein. Er war Mitte zwanzig, groß, mit schulterlangem braunem Haar, das ihm in dicken, fettigen Strähnen auf den Schultern lag und einen fast fließenden Übergang zu dem breiten, klebrigen Gurt aus geflochtenen Naturfasern herstellte, an dem ein klobiger Fotoapparat hing.

      „Tagchen“, rief der Mann, lief mit drei riesigen Schritten durch den Raum und baute sich dicht vor Welders Schreibtisch auf.

      Welder, dem zuerst die Worte fehlten, da er mit diesem Besuch jetzt noch nicht gerechnet hatte, stellte sein Vorhaben, Wagner aufzusuchen, für einen Moment zurück und sah Fritz Schimmelpfennig verärgert an.

      „Neu?“, fragte er und deutete dabei auf das untere Ende des klebrigen Gurtes.

      „Ja. Ein Wunderwerk der modernen Technik. Kann fast fünfzig Aufnahmen in bester Qualität machen. Per Modem geht das Ganze dann an die Redaktion und somit bin ich immer bei den Ersten“, gab Schimmelpfennig voller Stolz zurück und ließ sich auf einen Stuhl fallen, der bedenklich laut knarrte, als er die plötzliche Last auffangen musste.

      „Was willst du?“, fragte Welder und versuchte seiner Stimme einen unbekümmerten und vor allem unschuldigen Klang zu verleihen.

      Schimmelpfennig schaute ihn freundlich an und setzte dabei ein Lächeln auf, das seinen Mund noch breiter werden ließ, als er von Natur aus bereits war. Wie gebannt schaute Welder auf Schimmelpfennigs Lippen. Er war jedes Mal, wenn er den jungen Reporter des Berliner Journals sah, von dem biologischen Phänomen beeindruckt.

      „Na, Herr Welder, das können Sie sich doch wohl denken. Und tun Sie nicht so, als ob Sie nichts wüssten.“

      „Fritz, ich weiß nicht, was du meinst“, gab Welder zurück und versuchte so unwissend wie nur möglich zu tun.

      „Herr Welder, hören Sie auf. Es funktioniert nicht. Was ist an der Sache in Salzburg dran und wer war in der Maschine?“ Schimmelpfennig zog ein kleines, klebriges Notizbuch aus der Gesäßtasche seiner Jeans und schlug es mit einer schnellen Handbewegung auf.

      Welder sah ihm dabei fest in die Augen und verzog keine Miene. Diesmal würde er keine vertraulichen Informationen von ihm bekommen.

      Doch Schimmelpfennig wartete eine Antwort von Welder erst gar nicht ab. Mit einer unerwarteten schnellen Handbewegung griff er sich das Fax aus Salzburg, das auf dem Schreibtisch lag, und überflog es mit einem raschen Blick.

      „Gib es sofort wieder her“, rief Welder wütend, der von dieser plötzlichen Attacke vollkommen überrascht wurde, und versuchte das Stück Papier noch zu fassen. Doch seine Reaktion war der von Schimmelpfennig weit unterlegen.

      „Schon gut, schon gut. Keine Panik. Steht sowieso nichts anderes drin, als was wir bereits wissen“, sagte Schimmelpfennig – wieder mit einem breiten Lächeln im Gesicht – und ließ das Blatt in leichtem Gleitflug auf den Schreibtisch zurücksegeln. „Weshalb denn so gereizt? Wir haben uns doch sonst immer gut verstanden; oder etwa nicht?“

      „Ja, haben wir. Aber dein Benehmen mir gegenüber lässt im Laufe der letzten Zeit etwas zu wünschen übrig“, fluchte Welder und stopfte das Fax wütend in eine Dokumentenmappe hinein. „Ich kann dir zu der Sache nichts sagen. Ich habe das Fax erst vor wenigen Minuten erhalten und alles Weitere kannst du später der offiziellen Pressemitteilung entnehmen.“

      „Kommen Sie; Pressemitteilung? Was soll das! Ich brauche Informationen, die andere nicht bekommen, das wissen Sie doch genau. Ich schreibe nicht für irgendein Käseblatt. Mann, Herr Welder, ich brauche Informationen aus erster Hand.“

      Welder sah Schimmelpfennig entnervt an und ärgerte sich, dass er ihn nicht schon längst aus seinem Büro hinausgeworfen hatte. Und gleichzeitig ärgerte er sich über sich selbst, da er dem jungen Mann, auch wenn er ihm vom Äußeren völlig unsympathisch war, immer wieder Informationen gab. „Na schön. Du bekommst von mir acht Namen, aber das war es dann; ist das klar?“

      „Sicher“, sagte Schimmelpfennig und zückte einen Stift.

      Welder schlug die Dokumentenmappe auf und zog eine Kopie der Passagierliste hervor. „Krämer, Friedrich, Wendstein, Obstbaum, Schmidke, Gründing, Wegenrod und Weidmann“, las er in rasantem Tempo vor, schob das Blatt in die Mappe zurück und legte seine gefalteten Hände theatralisch auf sie.

      „Der alte Karl-Gustav Weidmann?“, fragte Schimmelpfennig, der sich nicht einen der Namen notierte. Er kannte sie so gut wie seinen eigenen. Jeder Bericht des Berliner Journals, der mit Chemitec zu tun hatte und in der letzten Zeit fast immer auf der Titelseite erschienen war, stammte aus seiner Feder.

      „Nein, Arnold Weidmann, sein Sohn.“

      Schimmelpfennig klappte das klebrige Notizbuch mit einer schnellen Handbewegung zu und pfiff dabei leise durch die Zähne. Er wusste die brisante Zusammenstellung der Passagierliste sofort zu deuten, und Welder bemerkte ein Funkeln in seinen Augen.

      „Möchte mal wissen, was die in Salzburg vorhatten? Sauber ist die Sache jedenfalls nicht. Und wer waren die Piloten?“

      „Fritz, ich sagte, acht Namen, nicht zehn.“

      „Mann, Herr Welder. Kommen Sie. Wer waren die Piloten?“

      Welder wusste, dass Schimmelpfennig die beiden Namen innerhalb von nur wenigen Minuten draußen auf dem Flughafengelände erfahren würde. „Na gut. Andreas Stein und Gordon Miller, ein Engländer. Er war erst seit ein paar Tagen bei Private-Gilden-Airline beschäftigt.“

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