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hat - aufhören mußte, als die Krankheit ihn herausriß. Er hat eine unendliche Güte erfahren, mitten in der Welt: in der Gestalt eines Menschen, der ihm half - bei diesem Rabbi Jesus aus Nazareth.

      Jetzt erwacht der Mann aus seinen Gedanken. Ich muß zu ihm, sagt er zu sich selbst. Ich muß es ihm sagen, jetzt sofort. Ich will das nicht wieder verlieren - dieses Leben voller Freude, voller Geborgenheit, voller Vertrauen. Er wendet sich um, geht zurück: dorthin, wo er den Rabbi Jesus getroffen hatte.

      Und Jesus sagt zu ihm: "Du hast recht! Das ist in der Tat Grund und Ziel der Welt. Du hast das Leben gefunden. Nun bist du wirklich heil. Nun kann sich alles ändern, denn du hast eine Hoffnung. Du glaubst - das macht alles anders!"

      Einer ist umgekehrt, um Gott zu preisen. Einer hat entdeckt, was sein Leben wirklich ausmacht, wem er es verdankt, wofür er lebt. Einer hat mehr erfahren als die anderen, denn er hat die Spuren Gottes entdeckt in seinem eignenen Dasein. Er hat sich anrühren lassen von dem, was ihm widerfuhr. Er konnte erschrecken, erstaunen. Darum konnte er auch froh werden.

      Und die Neun? Auch sie waren froh, sicher. Doch das Letzte - das eigentlich Wunderbare haben sie nicht entdeckt. Aber sie hätten es erfahren können. Wir alle können es erfahren, überall und immer wieder. Es geschehen so viele Wunder mitten in unserer Welt, wir entdecken sie nur nicht. Daß jene Zehn damals gesund geworden waren, das war sicher ungewöhnlich und aufregend.

      Doch wie konnten Menschen anders gesund werden von all den geheimnisvollen Leiden, die über sie herfielen wie böse Dämonen und die manchmal auch wieder verschwanden, ohne daß einer es erklären konnte? Was sie von Jesus erwarteten, es war nichts Einmaliges, damals. Jesus aber wollte etwas Einmaliges zeigen: daß diese unsere Welt von der Güte Gottes lebt, der wir uns anvertrauen können.

      Daß Menschen gesund werden, daß sie zurückfinden können in die Gemeinschaft - das gehört ganz sicher auch dazu. Aber er hoffte, daß sie darin und dahinter noch etwas anderes erfahren: daß sie dieser Güte Gottes selbst begegnen, seine Spuren in ihrem Leben entdecken, daß sie begreifen, was Leben bedeutet für jeden einzelnen. Denn was uns widerfährt - es ist voller Spuren. Wir können sie übersehen, ein Leben lang. Aber wir können sie auch wahrnehmen in ganz alltäglichen Erfahrungen: Ich bin bewahrt worden. Etwas ist heil geworden, was vorher unheil war. Ich habe herausgefunden aus dem Dunkel und der Trauer, die in mir waren. Ich bin frei geworden von einem Zwang, der auf mir lag. Und ich erkenne in dem, was mir geschehen ist, die Güte, in der alles wurzelt. Ich erkenne, daß diese Güte mich umfängt und trägt.

      Ich erschrecke darüber. Ich beginne zu staunen. Ich empfinde dankbare Freude - und ich gewinne Vertrauen auch für die Zukunft. Das ist Glaube: Glaube, der mir hilft zu leben.

       Kommentar:

      Diese Erzählung läßt sich eigentlich keiner der genannten Erzählformen zuordnen. Sie zeigt damit deutlich, daß diese nachträglichen Versuche, unterschiedliche Erzählweisen herauszuarbeiten, nicht zu einer schematischen Übernahme verleiten sollten.

      Die Predigt beginnt mit einer bloßen (entfaltenden) Erzählung eines äußeren Geschehens. Sie springt dann in eine eher perspektivische Erzählweise, die ein inneres Geschehen, eine gedankliche Entwicklung hin zu einer existentialen Erfahrung, vermitteln soll. Zugleich wird sie durchbrochen durch eine Art reflektierenden Berichts, der endlich in einem Schlußkommentar endet, der sich direkt an die Gemeinde heute wendet. Auch zeitlich gibt es Sprünge: Teils wird entfaltet, was in der Perikope selbst berichtet wird, teils ist es aber auch eine Wirkungsgeschichte - also das, was wir "transzendierende Erzählung" genannt haben. Dennoch denke ich, daß diese Predigt in sich einen geschlossenen Spannungsbogen enthält.

      Ausgangspunkt für diese Gestaltung war die Frage nach dem Zielpunkt der Perikope. Es geht ja nicht um Dankbarkeit an sich, Jesus oder auch Gott gegenüber, sondern um dieses Stichwort: "Gott die Ehre geben". Das aber heißt: ihn als den Schöpfer und Herrn, als Grund und Ziel des Seins zu erkennen und anzuerkennen. Darum wollte ich auch die restlichen neun Geheilten nicht moralisch abqualifizieren, als im landläufigen Sinne undankbar hinstellen, sondern (im Paradigma des einen) gerade ihre Menschlichkeit schildern, die allerdings ganz im Diesseitigen, im Vordergründigen bleibt, aber die Transzendenz, die hinter dem Erlebten steht, nicht zu sehen vermag - und also auch nicht "glauben" und nicht wirklich "heil" werden kann.

      2. PERSPEKTIVISCHE ERZÄHLUNG

       Zur Form

      An die Stelle des "objektiven" Erzählers kann auch ein subjektiver treten: Ich lasse eine Person aus der Geschichte, die ich erzählen will, selbst erzählen. Dabei kann es sich um jemand handeln, der vom Geschehen selbst betroffen, an ihm beteiligt ist. Oder eine Randfigur, die nur stumme, mitempfindende Zuschauerin war, schildert ihre Beobachtungen: einer aus dem Kreis der Jünger, aus der umstehenden Volksmenge - vielleicht auch jemand, den ich selbst erst in die Geschichte einführen muß, der meiner - kontrollierten und zielorientierten - Fantasie entsprungen ist (etwa wenn die biblische Vorlage außer den Protagonisten keine Zeugen bereithält).

      Wer auch immer - ich muß diese erzählende Person dann zunächst einführen:

      • Entweder erläutere ich mit kurzen Worten vorweg, daß ich diesen Erzähler oder diese Erzählerin selbst zu Wort kommen lassen will: Ich stelle sie dem Hörerkreis vor - und ich stelle mir damit vor, wie er oder sie nun berichten wird. Erst dann folgt die Erzählung in Ich-Form.

      • Oder ich führe meine Gewährsperson erzählend ein, indem ich ihr in einer Rahmengeschichte einen Zuhörerkreis schaffe, um sie dann dort sprechen zu lassen. Dann kann ich gegebenenfalls auch diesen Zuhörern Reaktionen, Anfragen, Zweifel in den Mund legen und so meinem Erzähler die Möglichkeit zu unterschiedlichen Antworten geben.

      • Einfacher, aber in gleiche Richtung zielend, ist es, zwar formal "objektiv", also von außen her auf die Geschichte blickend, aber doch ganz von einer bestimmten Person her zu erzählen. Die Perspektive tritt dann nicht in der Erzählweise (als Ich-Erzählung) zutage, wohl aber inhaltlich, indem ich mir Standpunkt und Sichtweise einer bestimmten Person zu eigen mache.

      Wie auch immer: Es geht nicht um stilistische Kunstgriffe, sondern die Erzählung, die ja eben Predigt ist und bleibt, gewinnt eine bestimmte und gewollte Perspektive: Die Sicht eines Betroffenen macht auch mich betroffen; die Zweifel eines Fernstehenden nehmen auch meine Zweifel auf; das Zeugnis eines Zeugen zielt auf mein Vertrauen - wobei unter "Ich" nicht nur der Prediger, sondern auch der Predigthörer zu verstehen ist.

       Beispiel 1: Johannes 4, 46 - 54

       Und Jesus kam abermals nach Kana in Galiläa, wo er das Wasser zu Wein gemacht hatte. Und es war ein Mann im Dienst des Königs; dessen Sohn lag krank in Kapernaum. Dieser hörte, dass Jesus aus Judäa nach Galiläa gekommen war, und ging hin zu ihm und bat ihn, herabzukommen und seinen Sohn zu heilen; denn der war todkrank. Da sprach Jesus zu ihm: Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt ihr nicht. Der königliche Beamte sprach zu ihm: Herr, komm herab, ehe mein Kind stirbt! Jesus spricht zu ihm: Geh hin, dein Sohn lebt! Der Mann glaubte dem Wort, das Jesus zu ihm sagte, und ging hin. Und während er noch hinabging, begegneten ihm seine Knechte und sagten: Dein Kind lebt. Da fragte er sie nach der Stunde, in der es besser mit ihm geworden war. Und sie antworteten ihm: Gestern um die siebente Stunde verließ ihn das Fieber. Da merkte der Vater, dass es zu der Stunde war, in der Jesus zu ihm gesagt hatte: Dein Sohn lebt. Und er glaubte mit seinem ganzen Hause. Das ist nun das zweite Zeichen, das Jesus tat, als er aus Judäa nach Galiläa kam.

      Eine schwierige Geschichte ist das. Vielleicht verstehen wir sie eher, wenn wir sie nicht von außen betrachten - kritisch abschätzend über die Jahrhunderte hinweg, wenn wir sie nicht als Lehre über etwas hören, sondern wenn wir uns selbst hineinbegeben in diese Geschichte. Ich lade Sie darum ein, diesen einen Tag im Leben eines Vaters mitzuerleben - mitzuempfinden, was er empfunden, gefühlt und gedacht haben mag. Ich will die Geschichte dieses Vaters erzählen als meine - als unsere Geschichte:

      Und dies ist das erste Stück jenes einen Tages - unseres Tages als königlicher

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