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(Sunna und Šī’a) gespalten ist und von den beiden konfessionell gebundenen Staaten, der sunnitischen Türkei und dem schiitischen Persien, jeweils dieser Sendung entsprechend beeinflusst wird.

      Aus der schöngeistigen kurdischen Literatur des 19. Jh. habe ich mehrfach zitiert. Diese Zeit ist eine wichtige Periode in der Geschichte der kurdischen Fürstentümer. Denn damals gingen den Kurden die Augen auf über die Zentralisierungspolitik der Osmanen in Kurdistan. Diese Politik, die in schärfster Weise in der Zeit von Sultan Maḥmūd II. (1808-1839) als „Reform“33 begann, hatte zur Folge, dass die Empörung bei den kurdischen Anführern zunahm. Sie konnten die außenpolitischen Schwierigkeiten und den Aufruhr innerhalb des Reiches ausnutzen, um unabhängige Fürstentümer zu gründen.34 Die kurdische Literatur spiegelt die Lage der Kurden unter den Osmanen in dieser Zeit wieder:

      Der kurdische Dichter Ḥāğī Qādir-ī Kōyī (1815-1892) ermutigte durch seine Dichtungen die Kurden, sich von der auf dem Islam basierenden Gewaltherrschaft der Osmanen zu befreien.35 Kōyī bezeugt offen eine große Antipathie gegen die ‘Ulamā, Scheiche, Derwische und Heiligen, die seiner Meinung nach die einzige Ursache für die „Unwissenheit“ seines Volkes36 sind. Er ruft die Kurden auf, ihre Kultur zu schützen37 und bewundert die europäische Wissenschaft.38 Kōyī ist meiner Ansicht nach ein Spiegel seiner Epoche. Aus seinen Dichtungen kann man deutlich vieles über die religiöse und politische Situation der Kurden unter osmanischer Herrschaft herauslesen. Daher habe ich einzelne Stellen aus seinen Dichtungen als Zitate bei der Untersuchung der kulturellen Lage im Sōrān-Emirat in der Zeit Mīr-ī Kōras verwendet.

      Der zweite Dichter ist Šēx Raẓā-ī Tāłabānī (1835-1909). Er beschreibt das unabhängige Bābānī-Fürstentum, seine militärische Macht und die Verehrung der ‘Ulamā in jener Zeit. Als Muslim anerkennt er, dass die Araber „bevorzugt (afḍal)“ sind, aber er betont, dass „Saladin ein Kurde war“.39 Bei der Behandlung des Nationalbewusstseins der Kurden in der Zeit Mīr-ī Kōras habe ich ihn zitiert.

      Zu weiteren Stellen aus der schöngeistigen kurdischen Literatur sind an den jeweiligen Stellen Hinweise gegeben.

      Zu den Stellungnahmen zähle ich die Artikel von Ṣāliḥ Qaftān40, Barzinği41 und Muḥammad Fīdā42. Diese Stellungnahmen sind mir insofern wichtig, als sie die Meinungen der zeitgenössischen kurdischen Forscher über Mīr-ī Kōra und sein Emirat zeigen. Es ist außerdem zu erwähnen, dass ich die mündlichen Überlieferungen, die ich von Kurden selbst hörte, ausgewertet habe. Solche Angaben habe ich kritisch dargestellt.

      2. Kurdische Texte in nichtkurdischen Sprachen des Morgenlandes

      a. Manuskripte

      Eines der wichtigsten Manuskripte über das Bābān-Emirat und damit die Beziehungen zwischen Bābān und Sōrān bzw. über die Zeit Mīr-ī Kōras ist das Manuskript, das bei den Kurden als „Daftaraka-ī Ḥusain Nāẓim (das Notizheft des Ḥusain Nāẓim)43 bekannt ist. Nāẓim soll Sekretär des Bābān-Fürsten gewesen sein.44 Das Buch ist in einem schönen literarischen Türkisch verfasst. Einige Seiten zu Anfang und einige Seiten am Ende fehlen.45 Viele Nachrichten, die Nāẓim aufgezeichnet hat, decken sich mit anderen Berichten. Diese Quelle verwendete Zakī für sein Buch TS.46

      Ein Exemplar davon existiert heute in der Privatbibliothek von Ğalāl Bābān in Bagdad und ein anderes Exemplar bei dem kurdischen Qāzī (Qāḍī) Šēx Muḥammad-ī Xāł in Sulaimānī. Ein drittes Exemplar, das Rōžbayānī besaß, ist verloren gegangen.

      Eines der wichtigsten kurdischen Werke, das für die Erforschung der Geschichte des Sōrān-Emirates unumgänglich ist, ist das bekannte Šarafnāma von Šaraf al-Dīn Bidlīsī, das 1005h. (1596) in persischer Sprache abgefasst wurde. Viel über das Šarafnāma zu sagen, halte ich für überflüssig. Ich begnüge mich mit dem, was der russische Gelehrte N. J. Marr darüber geäußert hat. Marr bezeichnete 1912 die Kurden als „ein von der Geschichte unbeachtetes Volk“, jedoch “a thorough study of Sharafnahmah will help to bridge the gap“.47

      Für die vorliegende Arbeit habe ich alle bis jetzt erschienenen Ausgaben des Šarafnāma berücksichtigt, da jede Ausgabe gewisse Kommentare des Herausgebers enthält. Als Grundlage habe ich die arabische Übersetzung von Ğamīl Rōžbayānī48 verwendet.

      Über die anderen kurdischen Werke, die ich benutzt habe, möchte ich noch einige Worte hinzufügen:

      Nach dem ersten Weltkrieg begannen mehrere Kurden, Werke über ihr Volk in fremden Sprachen zu verfassen. Der Hauptzweck dieser Bemühungen war, die kurdische Geschichte, Kultur und die politischen Probleme der Kurden anderen Völkern vertraut zu machen. Diese Bücher enthalten, abgesehen von ihrer politischen Zweckgebundenheit, viele Informationen über die Beziehungen zwischen den kurdischen Fürstentümern des 18. u. 19. Jh. Von solchen Werken, die für meine Arbeit interessant waren, sind zu nennen:

      1 ‘al-Qaḍiyyah al kurdiyyah (die kurdische Frage) von Blēğ Šērkō.49 Das Buch erschien als Publikation der kurdischen „Xōyībūn-Partei“50 auf Türkisch und Arabisch. Es enthält einen allgemeinen Überblick über die kurdische Geschichte, Kultur, Geographie Kurdistans und die Ereignisse in den kurdischen Fürstentümern bzw. dem Bōtān-Emirat des Badir Xān Pāšā, eines Rivalen von Mīr-ī Kōra. Man findet darin einige Informationen, die man sonst kaum erhalten kann, da Šērkō aus dem Geschlecht von Badir Xān stammt und dadurch über besondere Informationen verfügt. Die meisten historischen Teile des Buches entsprechen den Berichten anderer Verfasser, sodass das Buch nicht nur als politische Darstellung betrachtet, sondern durchaus auch als geschichtliche Quelle herangezogen werden kann.

      2 „Min ‘Ammān ilā al-‘Imādiyyah au ğawlah fī Kurdistān al- ğanūbiyyah (Von Ammān bis ‘Imādiyyah oder eine Reise in Süd-Kurdistān)“ von ‘Alī Saydō al-Gōrānī.51 Hierbei handelt es sich um den Reisebericht eines jordanischen Kurden, der seinerzeit Sekretär der jordanischen Legislative war. Außer vielen informativen Berichten, die ich darin über das Sōrān-Emirat und Mīr-ī Kōra gefunden habe, betrachte ich das Buch als historische und politische Studie eines kurdischen Akademikers. Gōrānī, der sein Studium 1928 an der amerikanischen Universität in Beirut abgeschlossen hatte52, war in der Lage, intensiv abendländische und morgenländische Quellen für seine Arbeit heranzuziehen. Einige Nachrichten, die er vermittelt hat bzw. das, was er von Einheimischen erfahren und weitergegeben hat, sind einmalig.

      3 „al-Qawmiyyah al-kurdiyyah wa tura ṯuhā al-ta’rīhī (Der kurdische Nationalismus und sein geschichtliches Erbe)“ von Hādī al-Čāwašlī.53 Dieses Buch enthält viele Nachrichten und Meinungen über die Kurden, bzw. ihre Geschichte, ihre Kultur und ihre Fürstentümer. Es enthält auch ein Kapitel über Mīr-ī Kōra und seinen Staat.54 Was ich an seinem Buch kritisiere, ist, dass der Verfasser unter dem Einfluss der politischen Situation im Irak und der islamischen Religion wie auch aus persönlichen Motiven viele Tatsachen oberflächlich oder emotional interpretierte oder gar keine Erklärung beifügte. Er behauptete z. B., dass die Kurden gewaltlos zum Islam bekehrt wurden55, was meiner Ansicht nach nicht den Tatsachen entspricht. Wer die Berichte der islamischen Geschichtsschreiber über die „Futūḥat“ in Betracht zieht56 und die zahlreichen Friedhöfe57 in Kurdistan besichtigt, die bis heute durch ihren Namen „Friedhöfe der Ṣaḥābah“ oder „Friedhöfe der Ungläubigen“, als Ruhestätte von Opfern der Religionskämpfe ausgewiesen sind, der kann auf die Wahrheit schließen. Außerdem hat der Verfasser überhaupt keine Ursache für den Sturz des Mīr-ī Kōra-Emirates erwähnt.Trotz dieser Kritik ist sein Buch eine Quelle für das Sōrān-Emirat und die Zeit Mīr-ī Kōras.

      3. Abendländische Texte

      a. Wissenschaftliche Untersuchungen

      Die kurdischen Zeugnisse repräsentieren zumeist die Auffassung der Kurden über ihre Geschichte und ihre Reaktion auf die Anschauungen der Nichtkurden über sie. Den abendländischen Zeugnissen kommen

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