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dass sie die Profite aus gelungenen Spekulationen behalten und die Verluste auf die Staaten abwälzen können, wenn es schiefgeht. Von der Krise ist die Wirtschaft aller Staaten betroffen, nicht allein die Banken und nicht nur in Europa.

      Die Euro-Krise ist die Fortsetzung der Sub-Prime-Krise. Die Ursache ist, dass schlechten Schuldnern Geld geliehen wird, weil sie hohe Zinsen versprechen. Anleihen von Staaten, die nur zahlungsfähig bleiben, wenn sie neue Anleihen verkaufen können, sind auch Sub-Primes. Das wollen die Banken und die Regierungen nicht wahrhaben.

      Wird ein mittelständisches Unternehmen zahlungsunfähig, verlieren die Verantwortlichen ihr Vermögen. Das macht sie vorsichtig.

      Wird ein Konzern zahlungsunfähig, sind Leute die Verlierer, die nichts dafür können. Die Verantwortlichen erhalten hohe Abfindungen. Darum haben sie keinen Grund, vorsichtig zu sein.

      Wird ein Staat zahlungsunfähig, passiert nichts. Es genügt, dass die Verantwortlichen behaupten, der Staat sei zahlungsfähig. Schon ist jemand bereit, diesem Staat wider jede Vernunft neues Geld zu leihen. Die Pleite wird aufgeschoben. Zweckoptimisten behaupten dann, es sei alles halb so schlimm.

      Das ist eine Fehlentwicklung unseres Wirtschaftssystems. Es lohnt sich, zu untersuchen, warum es bei uns so unvernünftig zugeht und nicht so vernünftig wie in Island. Das ist nämlich die Schwäche des Systems, die Sie kennen müssen, wenn Sie erfolgreich gegen die Banken wetten wollen. Wenn Sie weiterlesen, werden Sie den Eindruck gewinnen, dass sich die Verantwortlichen wie die Insassen eines Irrenhauses verhalten, die man sich selbst überlassen hat. Erstaunlich ist, dass alle entscheidenden Akteure hochintelligente, erstklassig ausgebildete Menschen sind, die nur deshalb in die Führungspositionen kamen, weil sie sich erfolgreich gegen ebenso tüchtige Konkurrenten durchgesetzt haben.

      Das Schema ist simpel: Die Banken geben den Staaten Kredite. Die Staaten geben ihnen Rabatte. Sie erwerben also Forderungen, die höher sind als das, was der Staat bekommen hat, Die Forderungen werden mit Gewinn an Spekulanten verkauft, die sie mit Gewinn weiter verkaufen. Auf dem Papier entstehen dadurch Gewinne, die für neue Spekulationen verwendet werden. Man nennt das „Investment Banking“.

      Ein Unterschied zwischen Investment Banking und dem Zocken im Casino besteht darin, dass der Staat kräftig mitverdient, wenn am Kartentisch gespielt wird. Beim Investment Banking geht der Staat leer aus. Ein anderer Unterschied: Die Spieler dürfen mit gezinkten Karten spielen und gewinnen darum meistens.

       Die ahnungslosen Experten

       Die Ökonomen treten auf der Stelle; sie haben seit Keynes keine besonderen Fortschritte gemacht.

      Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts betrachteten die Ökonomen die Weltwirtschaft als statisch. Der britische Ökonom John Maynard Keynes erkannte, dass die Weltwirtschaft ein dynamisches System ist. Es dauerte lange, bis sich diese Erkenntnis durchsetzte.

      Das war ein Fortschritt. Es genügt aber nicht, zu wissen, dass sich im System etwas bewegt. Das Wissen, dass es Meeresströmungen gibt, reicht nicht aus, um Klimavorhersagen zu machen. Keynes empfahl Eingriffe der Regierungen durch Erhöhung der staatlichen Verschuldung, um die Arbeitslosigkeit zu verringern und schnellstmögliche Rückführung der Verschuldung, um die Inflation, die von den zusätzlichen Geldströmen verursacht wird, zu bekämpfen. Das funktioniert sehr gut, wenn es darum geht, die Konjunktur anzukurbeln und zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Politiker, die das tun, bekommen breite Zustimmung. Die Rückführung der Verschuldung ist politisch kaum durchsetzbar, denn das erfordert eine Kürzung der Staatsausgaben, gegen die sich die Betroffenen wehren, um ihre Besitzstände zu verteidigen. Keynes war seiner Zeit voraus. Die Kybernetik gab es noch nicht. Heute wissen die Kybernetiker, dass Systeme komplexe Gebilde von Rückkopplungen sind, in die man nur äußerst behutsam eingreifen darf, will man keine Systemschwingungen erzeugen. Das kümmert aber die Ökonomen nicht, die hemmungslos unter Berufung auf Keynes ihre Rezepte verkünden.

      Darüber, wie die Weltwirtschaft funktioniert, gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Es kann auch keine geben. Schon deshalb nicht, weil die Tatsachen, die man kennen müsste, um eine seriöse Theorie zu begründen, Geschäftsgeheimnisse der Konzerne sind. Wer aber doch eine Theorie veröffentlichen möchte, ersetzt Fakten durch Vermutungen und beruft sich auf Autoritäten, die auch nur mit Vermutungen arbeiteten. Täte das ein Naturwissenschaftler, würden die Fachkollegen ihn notschlachten. Weil aber alle Ökonomen so arbeiten, wird die Methode nicht beanstandet. Sie wurde im Mittelalter von Theologen entwickelt, eignet sich aber nicht für eine Wissenschaft, die sich mit dem Diesseits befasst.

      Wenn ein Physiker eine neue Erkenntnis gewinnt, beschreibt er seine Beobachtungen in einer Fachzeitschrift und schlägt ein Experiment vor, das seine Erkenntnis bestätigen oder widerlegen würde. Das ist die einzig seriöse Weise, die Wissenschaft voranzubringen. Schafft es kein Kollege, die neue Hypothese zu „falsifizieren”, dann wird nach Jahren daraus eine Theorie, auf der neue Forschungen aufbauen. Das kann lange dauern.

      Neuerdings warnen Ökonomen davor, dass die durch die Weltfinanzkrise geschaffenen Probleme unlösbar sind und dass daher der Absturz zwangsläufig kommen wird. Dennoch verbreiten Ökonomen und Politiker unermüdlich ihre Patentrezepte.

      Dass sie keine Ahnung haben, behalten die „Experten“ für sich, damit man sie weiterhin für ihre Rezepte gut bezahlt. Die Politiker sind entschuldigt. Von ihnen erwartet man nicht, dass sie das Weltfinanzsystem verstehen. Die lassen sich von Ökonomen beraten, die ihnen von Leuten empfohlen werden, die die Qualifikation der Berater auch nicht beurteilen können.

      Sie können darauf wetten, dass die Banken mit ihren Wetten das Weltfinanzsystem in den Zusammenbruch treiben, den ich den „Absturz“ nenne. Sie haben sicher schon einmal einen Absturz Ihres Computers erlebt: Der Computer spielt verrückt und nichts geht mehr. So sollten Sie sich den Absturz des Weltfinanzsystems vorstellen.

      Wenn Sie auf den Absturz wetten wollen, müssen Sie mehr darüber wissen, wo die Schwachstellen des Systems sind. Die werde ich der Reihe nach beschreiben.

      „Das System überwinden“ wollten schon die Achtundsechziger. Das misslang, weil sie das System nicht verstanden, die falschen Feinde bekämpften und aussichtslose Methoden anwendeten. Man kann nämlich kein System überwinden, wenn man selber eines der Bestandteile ist. Man kann ein System an ausgewählten Schwachstellen austricksen.

       Parallelen zur Antike

       Das Verhalten der selbsternannten Wirtschaftsexperten erinnert fatal an die Antike. Damals wusste niemand, wie es zu Blitz, Donner, Mondfinsternissen, Kometen und anderen Naturereignissen kommt. Die Vorstellungen, die man sich damals machte, waren so unzutreffend wie heute die Vorstellungen vom Wesen des Weltfinanzsystems.

      Um die Götter, die man für die Urheber der erschreckenden Vorgänge hielt, zu besänftigen, wurden kultische Tänze aufgeführt, es gab rituelle Menschenopfer und Weissagungen. Man glaubte, aus den Bewegungen der Planeten Schlüsse auf die Zukunft ziehen zu können. Das nützte zwar nichts, hatte aber für die Experten des Altertums den Vorteil, dass sie ein angenehmes Leben auf Kosten der geplagten Bevölkerung führen konnten.

      Die kultischen Tänze finden heute in Form von Talkshows statt. Je nach politischer Couleur und Bindung an Interessengruppen werden mehr oder weniger abwegige Dogmen verkündet. Mitgebrachte Gleichgesinnte klatschen dazu Beifall.

      Die Menschenopfer sind heute nicht mehr blutig. Es gibt sie aber. Wenn ein deutscher Zentralbanker das Verhalten seiner Kollegen unverantwortlich findet und das öffentlich sagt, muss er in Pension gehen. Im Altertum hätte man ihn gesteinigt. Daran erkennt man den humanitären

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