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afrikanischen Staaten scheint es bisher aber kaum zu geben - dies gilt vor allem für die frankophonen afrikanischen Staaten und so auch für den Senegal4. Ergebnisse historischer Forschung über die Einführung des Fernsehens im Senegal, auf die man in der Einleitung dieser Arbeit verweisen könnte, scheint es nicht zu geben.

      1.3 Fragestellungen und Vorgehensweise

      Vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen (und zum Teil auch politisch schwierigen) Situation, die seit der Unabhängigkeit im Senegal herrschte, stellt sich die Frage, warum sich der senegalesische Staat für eine Einführung der kostspieligen Technologie des Fernsehens interessiert hat - zumal man sich damit in “technologische Abhängigkeit” der Industrienationen begab, von deren Einfluss man sich gerade befreien wollte. Wenn die damalige Kommunikationswissenschaft - und der von ihr bestärkte Glaube an die Allmacht des Fernsehens als Träger sozialen Wandels - einer der Gründe für das senegalesische Interesse am Medium Fernsehen gewesen sein sollte, schließt sich die Frage an, welche der damals aktuellen Kommunikationsmodelle die theoretischen Grundlagen bildeten für Befürwortung oder Ablehnung des Fernsehens auf senegalesischer Seite - und ob es eine Diskussion über einen solchen theoretischen Hintergrund oder über die Fernseheinführung ganz allgemein gegeben hat.

      Von Bedeutung ist ebenso die Frage, wer die senegalesischen Fernsehbefürworter und -gegner gewesen sind - und aus welchen Motiven sie gehandelt haben. Eng verknüpft mit diesen Motiven ist wiederum die Frage nach den jeweiligen Erwartungen und Befürchtungen, die mit dem neuen Medium verbunden wurden.

      Weiterhin muss die Frage gestellt werden, wie die Fernseheinführung im Senegal finanziert wurde - und falls es, wie zu vermuten ist, “externe” Sponsoren gegeben hat, aus welchem Interesse diese Geldgeber die Fernseheinführung unterstützt haben.

      Nicht zuletzt soll auch versucht werden zu beantworten, ob die unterschiedlichen Erwartungen an das Medium Fernsehen mit dessen Einführung im Senegal erfüllt wurden oder nicht.

      Im ersten Teil dieser Arbeit sollen einige kommunikationswissenschaftliche Theorien kurz dargestellt werden, die aus den 60er Jahren, aber auch aus jüngerer Zeit stammen. Ein kurzer Überblick über diese Theorien erscheint sinnvoll, weil einige von ihnen auch die Fernseheinführung im Senegal beeinflusst haben dürften - aber auch spätere Kommunikationsmodelle sind von Interesse, da sie verdeutlichen, unter wie vielen verschiedenen Gesichtspunkten man sich dem Zusammenhang von Kommunikation und gesellschaftlichem Wandel nähern kann.

      In einem weiteren Abschnitt, der den Großteil dieser Arbeit ausmachen wird, sollen die Ereignisse, Entscheidungen usw. rekonstruiert werden, die zur Einführung des Fernsehens im Senegal geführt haben. Eine solche Rekonstruktion ist zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen notwendig und muss im Rahmen dieser Arbeit erstellt werden, da eine solche Zusammenfassung der senegalesischen Fernsehgeschichte bisher nicht existiert.

      In dieser Rekonstruktion soll auch versucht werden, die geschilderten Ereignisse, Entscheidungen usw. immer wieder in den historischen Zusammenhang zu stellen, in dem sie stattgefunden haben. Aus eben diesem Grund soll auch am Anfang der Rekonstruktion die Situation skizziert werden, die zur staatlichen Souveränität der ehemals französischen Kolonien geführt hat. Auch wenn diese Ereignisse kaum etwas mit der Fernseheinführung im Senegal zu tun haben, so ermöglichen sie dennoch ein besseres Verständnis des Prozesses, mit dem sich diese Arbeit befasst.

      In einem Resümee sollen die wesentlichsten Punkte der Rekonstruktion zunächst noch einmal zusammengefasst und in Erinnerung gerufen werden, bevor die in der Einleitung aufgeworfenen Fragen beantwortet werden und die Arbeit mit einer Schlussbetrachtung abgeschlossen wird.

      2 Theorien über Kommunikation und gesellschaftlichen Wandel

      Die Forschung über die Zusammenhänge zwischen Kommunikation und gesellschaftlichem Wandel hat, sozialwissenschaftlicher Gewohnheit folgend, oft versucht, Gesetzmäßigkeiten in der untersuchten Materie zu entdecken und zu formulieren. So sind im Laufe der Jahre viele Theorien und Modelle entwickelt worden, die sehr unterschiedliche Forschungsparadigmen, Ideologien und Absichten widerspiegeln.

      Im Folgenden sollen einige dieser Theorien kurz dargestellt werden, weil zumindest die älteren Kommunikationsmodelle unter ihnen in den 60er Jahren großen Einfluss auf die Politik in den jungen afrikanischen Staaten gehabt haben und insofern auch für die Einführung des Fernsehens im Senegal von Bedeutung waren. Eine kurze Analyse dieser Theorien, die sich grob in lineare und relationale Ansätze einteilen lassen, ist aber nicht zuletzt auch deswegen sinnvoll, weil sie verdeutlicht, unter wie vielen verschiedenen Gesichtspunkten und Prämissen man sich dem Zusammenhang von Kommunikation und Wandel nähern kann5.

      2.1 Lineare Ansätze

      Zu den linearen Ansätzen sind beispielsweise die Theorien der “Modernisierung”, des “Kommunikationsimperialismus” (Dependenztheorie) und der “Diffusion von Neuerungen” zu zählen. Ihr gemeinsamer Ausgangspunkt ist ein lineares Ursache-Wirkung-Modell, dass zur Annahme eines kausalen Zusammenhangs zwischen Medieneinsatz und Wandel führt. Die Forschung unter einer solchen Prämisse, die schon in der frühen Medienwirkungsforschung als “Stimulus-Response-Axiom” anzutreffen war, beschäftigt sich, da die Frage der Wirkweise bereits abschließend geklärt ist, hauptsächlich mit Medieninhalten und deren Wirkung.

      2.1.1 Modernisierungstheorie

      Gemäß der auf Darwin zurückgehenden evolutionistischen Theorie des sozialen Wandels bewegen bzw. entwickeln sich Gesellschaften zwangsläufig in eine bestimmte Richtung. Zur Beschreibung dieses Vorgangs bedienten sich die Evolutionisten mit Vorliebe eines Phasenmodells, demzufolge Gesellschaften von einem Urzustand über eine oder mehrere Übergangsphasen in ein Endstadium gelangen - worunter nichts anderes als das England des 19. Jahrhunderts zu verstehen war.

      Modernisierungstheoretiker können als Nachfahren der Evolutionisten betrachtet werden, denn auch sie verstehen Entwicklung bzw. Modernisierung als unilinearen Prozess, in dem es Pioniergesellschaften und Nachzügler gibt - nur als Endstadium sind zeitgemäß die derzeitigen politisch-ökonomischen Systeme Westeuropas und Nordamerikas fixiert.

      Allerdings handelt es sich bei der Modernisierungstheorie ursprünglich um eine makrosoziologische Theorie, die der Erklärung früherer Wandlungen in heute industrialisierten Gesellschaften dienen soll. Die Kritik an der Übertragung dieser Theorie auf Entwicklungsländer richtet sich hauptsächlich gegen deren Ideologiegehalt, die recht simple Einteilung in traditionelle und moderne Gesellschaften und gegen den ethnozentristischen Blickwinkel, der die Ursachen von Unterentwicklung ausschließlich in endogenen Faktoren zu erkennen vermag. Dass auch etwas anderes als die derzeitige westliche Industriegesellschaft das Ziel der angenommenen stufenweisen Entwicklung sein könnte, wird ausgeschlossen.

      Die Bedeutung von Massenkommunikation im Prozess der Modernisierung hat Daniel Lerner in seinem Buch “The Passing of Traditional Society” beleuchtet. Aufgrund einer 1950 in sechs Ländern des mittleren Ostens durchgeführten Studie erkannte Lerner das vermeintliche Hauptproblem seiner Probanden: “How to modernize traditional lifestyles, that no longer work to their own satisfaction?”6. Er unterstellt, dass moderne, westliche Lebensart der traditionellen islamischen überlegen sei und hält den Prozess der Modernisierung für unausweichlich.

      Dies begründet er damit, dass überall auf der Welt die Urbanisierung zunehme - und damit automatisch die Alphabetisierung und infolgedessen der Medienkonsum, womit der Weg ins Paradies einer westlichen Gesellschaftsordnung mit höherem Einkommen und politischer Partizipation nach dem Muster westlicher Demokratien bereits geebnet sei. Belege für die zwangsläufige Entwicklung in den Phasen Urbanisierung, Alphabetisierung, Medienkonsum und politisch-ökonomische Partizipation glaubt Lerner in statistischem Material aus 32 Ländern gefunden zu haben. Seine Studie widmet sich hauptsächlich der Frage, wie eine Gesellschaft von einer Phase in die nächste gelangt - und dafür bedürfe es, so

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