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Symbolische Dimension des Wohnens in der Stadt. Monika Arlt
Читать онлайн.Название Symbolische Dimension des Wohnens in der Stadt
Год выпуска 0
isbn 9783844258653
Автор произведения Monika Arlt
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Zeitgenössische Architekturqualität, Kunst am Bau, Baukunst werden von manchen Wirtschaftsexperten für überflüssiges Alltagsdekor gehalten.
Zweifelsohne hat der Verlust der Baukunst mit der Veränderung des Bauherrntypus zu tun. Anders als frühere Fürsten oder verantwortliche Unternehmer bauen und verkaufen Projektentwickler heute mit der Absicht, damit größtmögliche Renditen zu erzielen. Sie haben nicht die Absicht „begehrenswerte Liebesobjekte“ zu bauen. Die Absicht, eine gute Performance zu machen und Akzeptanz zu erzeugen, lässt aber griffige, verständliche Lösungen zu, die auch Absatz finden. Was heute manchen Architekten und Künstler mit dem Geld versöhnt, ist das „anything goes“, der vitale Dienstleistungsgeist. Kunst als Investment auf dem Kunstmarkt kann Höchstpreise erzielen, Wohnungen und Büros in angesagten Immobilien ebenfalls.
Die „Macht der Baukunst“ geht aber weit über solche Renditeabsichten hinaus. Sie gründet darauf, dass die symbolische Qualität von Gestaltung mit etwas Universellem und Allgemeinem verknüpft ist, dabei ins Innerste dringt und das Unbewusste weckt. Nicht im Sinne von Offenbarung aus dem Seelengrund, sondern als Selbstrepräsentanz im Sinne von Zugehörigkeit zu dem, was das Objekt, das Bauwerk, das Kunstwerk an Gefühl, Denk- und Erkenntnisprozessen auslöst: Die Idee des Objektes im Kontext der Idee vom eigenen Leben, von Freiheit, Gemeinschaft, Gerechtigkeit, Transparenz, Festigkeit, Teilung, Trennung, Tod ...
Einleitung
„Symbolik“ im Kontext von Wohnen und Stadtgestalt klingt seltsam fremd, unkonventionell und schwer verständlich. In den meisten Publikationen zum Thema Wohnen und Stadtgestalt spielt die symbolische Dimension auch keine Rolle. Über das Zähneputzen wissen die meisten Menschen mehr, als über die Bedeutung von Symbolen und damit auch über die Bedeutung von Symbolen als Gefühlspartner und Identitätsstifter in ihren Leben.
Dabei gibt es in allen Gesellschaften einen kulturellen Symbolismus, der die Gemeinsamkeiten und Vereinbarungen der jeweiligen Gesellschaft zum Ausdruck bringt. Selbstverständlich wollen die meisten Berlinbesucher durch das Brandenburger Tor hindurch oder einen Blick auf die Gedächtniskirche werfen, selbstverständlich wollen viele Parisbesucher auf den Eiffelturm und wollen in New York die Besucher die Freiheitsstatue sehen. Viele andere Bauten und Orte demonstrieren ihre Symbolkraft nicht so offensichtlich oder nicht für so viele Menschen.
Die Kulturen der Welt und aller Zeitalter waren immer auch von ihren Mythen und Symbolen bestimmt. Symbole schaffen Verbindungen — über solche Verbindungen gestalten sich Lebensräume in ihren Bedeutungen im Bewusstsein und im Unbewussten ihrer Bewohner. Um Hinschauen zu können, muss etwas sichtbar sein, und vor dem Hintergrund des Wissens, der Assoziationen und des Empfindens der Bewohner und der Betrachter nehmen die Symbole Einfluss auf den Gemütszustand — heimlich, unheimlich, real, irreal. Einsicht in diese symbolische Dimension menschlichen Lebens, wie sie durch die Bilder der Stadt ermöglicht wird, ist für das Leben und Wohnen in der Stadt von unschätzbarem Wert. Wo gebaute Objekte in den Städten, Gemeinden und Landschaften emotionales Erleben auslösen, wo Menschen durch die symbolische Qualität von Ereignissen berührt werden, entstehen solche Gemeinsamkeiten, entsteht Identifikation. Allerdings lässt sich nur das, was bewusst wird, auch korrigieren und verändern.
Jedes Ding das einen Bedeutungsüberschuss, ein „Mehr“ veranschaulicht, das über die Gegenständlichkeit des Objektes hinausgeht, kann Symbol, Sinnbild, Merkzeichen für jemanden werden: Das Auto ist für viele Besitzer ein Statussymbol, die „Manschettensprache“ als leicht identifizierbarer sozialer Code für Erfolg, ein Messer, das eigentlich zum Brotschneiden genutzt wird, als Statussymbol eines „Aufschneiders“, die Rose — das Symbol der Liebe, die Taube — ein Symbol für den Frieden, der Wolkenkratzer — ein Symbol für Potenz, die Freiheitsstatue … das Hakenkreuz …
Symbole gewinnen ihre kollektive Kraft erst dann, wenn eine Vielzahl von Menschen sich angezogen fühlt, gepackt wird, dem Zauber erliegt oder „das Ding“ einfach in seiner symbolischen Dimension versteht und respektiert. Die kollektive Kraft entwickelt sich aus dem Gemeinsamen und dem Einigenden, dem „Wir-Gefühl“, das sich in der gemeinsamen Gefühlsbeziehung vieler Menschen zu einem Symbol manifestiert. Die Aussage: Das ist ja nur ein Symbol, oder: Das ist ja nur symbolisch gemeint, zeugt von dem Unwissen über die enorme Kraft der Symbole, sofern sie bewusst eingesetzt wird, um unbewusst wirksam zu werden.
Es gibt dieses Unbestimmbare des Wohnalltags, die spezifische Atmosphäre einer Stadt, eines Ortes und es gibt eine Magie des Realen in dem, was fasziniert und berührt.
Wohnungen, Häuser, Straßen, Quartiere und auch die Städte als Ganzes „erzählen“ Geschichten, bergen mythische Orte und die „Stars“ dieser Orte sind die Symbole. Schwer fassbar aber real vorhanden nehmen die Bilder der Umwelt Einfluss auf den Gemütszustand der Bewohner in ihrem Wohnalltag. Gestalten und Bilder, Formen und Farben in der äußeren Realität korrespondieren mit Geschichten, Mythen und Symbolen des „Innen“ im Bewussten und Unbewussten der Bewohner und Besucher.
Die Bildsprache der gebauten Umwelt, die Ausstrahlung von Orten und Gegenständen wirken auf den Menschen ein, trüben die Stimmung oder hellen sie auf, öden ihn an oder lassen es prickeln.
So erlaubt die Bildsprache einer Wohnung beispielsweise eine symbolische Einsicht in eine angepasste, defizitäre, opulente, pompöse, erstarrte, vernachlässigte oder anderweitig charakterisierbare „Ein-Richtung“ eines Bewohners. Die Bildsprache einer Stadt oder eines Objektes erlaubt Eindrücke, die vermitteln, ob dieser Ort offen oder schwer zugänglich, lebendig, bedrohlich, angenehm oder erstarrt, verstopft oder in anderer Weise aus der Balance geraten ist. Die symbolische Dimension erstreckt sich auf dieses „Mehr“, auf die Bedeutung, die durch Formen, Farben, Gestalten, Ordnungen und Proportionen zum Ausdruck kommt und auf die Gefühle, die davon bei den Betrachtern und Nutzern ausgelöst werden.
Zentrales Element jeder Bildsprache ist die Symbolbildung. Je mehr, je komplexer die Geschichten — auch widersprüchliche — über die Bildsprache verbunden sind, desto stärker ist die Kraft des Symbols. Banale, billige Investorenarchitektur setzt ebenso Zeichen, ist ebenso Symbol für eine Einstellung zur gebauten Umwelt, wie eine stimmige, bedeutsame Architektur, die man sich von dem Ort, an dem sie sich befindet, nicht wegzudenken vermag. Die Geschichten der „Banalmoderne“ sind banal. Sie lassen sich auf Effizienz, Langeweile und Rendite reduzieren. Auch die Geschichten von Signalbauten sind oft banal, wenn sie keinen Bedeutungsüberschuss erlauben, und wenn sie keine Sinnbezüge generieren außer dem, durch ihre Größe oder durch ihre Theatralik Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Immer wieder gibt es aber Architekten, Ingenieure, Baukünstler und Künstler, die als „Form- und Farb-Magier“ Symbole nutzen und gute Verbindungen zwischen „innen und außen“ herstellen. Die Verbindung von inneren Mustern, den Zyklen des Lebens, Tag und Nacht, Licht und Dunkel, zu den Jahreszeiten, zu Pflanzen und Tieren, dem Kosmos, den Lastern und Tugenden, den Wünschen und Hoffnungen, zu Elementen, der ganzen Vielfalt des Lebens und seiner Geschichte ist die „Magie“, zu der sie fähig sind. Auf den Wechselwirkungen gründen sich die Netzwerke von Bildern, Zeichen und Symbolen in den Wohnungen und in Straßen, Quartieren und Plätzen der Städte. Transparent und lustvoll genutzt können sie stabilisierende Kräfte entfalten. Wer die Potenziale baukultureller, technischer und organisatorischer Innovationen erschließen will, wer neue Lösungen für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung entdecken will, hat es immer mit der symbolischen Dimension solcher Bilder zu tun.
Vielfach wird behauptet, starke Bilder ließen sich