ТОП просматриваемых книг сайта:
Fritz I - ein Knirps wehrt sich. Bernd Franzinger
Читать онлайн.Название Fritz I - ein Knirps wehrt sich
Год выпуска 0
isbn 9783738016789
Автор произведения Bernd Franzinger
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Opa Karl führte einen Katzenkorb mit sich, den er nun auf dem Küchentisch abstellte. Fritz beobachtete ihn dabei. Hinter dem Metallgitter blitzten zwei gelbe Augen, und aus dem Maul des Ungeheuers fauchte es ihm bedrohlich entgegen.
Vielleicht ist dieses blöde Tier ja eifersüchtig auf mich, dachte der kleine Fritz, der sich eigentlich tierisch auf die Katze gefreut hatte. Oder es hat Angst, dass ich ihm seine Premium-Thunfisch-Häppchen wegesse. Nee, nee, Fisch erinnert mich zu sehr an Hubi.
Oma Paula befreite ihren einzigen Enkel von Strampelanzug und Windel. Anschließend tastete sie ihn vorsichtig ab. Überall. Und das kitzelte – und wie! Fritz konnte diesen taktilen Overkill kaum ertragen. Er krümmte sich und gluckste. Und das alles unter den Augen dieses bösartigen Stubentigers.
Mit dem ist garantiert nicht gut Kirschen essen, sagte Fritz zu sich selbst, obwohl er noch nie Kirschen gegessen hatte. Diese Redewendung hatte er schon oft gehört. Sie gehörte zu Hubis rhetorischem Standardrepertoire.
Wegen dieser Kirschen ist es an der Zeit, rechtzeitig ein abschreckendes Exempel zu statuieren, entschied Friedrich Karl Eckstein. Als Oma Paula ihn auf den Bauch drehte, spie er dem schwarzen Monster einen Schwall Kindspech ins Gesicht. Die Katze schrie Zeter und Mordio. Dabei sollte sie durch diese Aktion gar nicht ermordet werden – noch nicht.
Die Katze war eigentlich ein Kater und hieß Rousseau. Ein komischer Name für eine Katze, fand Fritz, obwohl er strenggenommen nur eine einzige Katze kannte, eben Rousseau. Rousseau war fett und verfressen – und litt unter Depressionen. Manchmal stierte er stundenlang in ein und dieselbe Ecke. Darunter litt Bea beträchtlich.
»Jetzt kotzt dieser Kerl schon wieder«, zeterte Hubi. »Das lasse ich mir nicht weiter bieten. Der muss dringend operiert werden.«
»Aber die Ärzte haben von einer Operation abgeraten, weil sie viel zu gefährlich sei«, wandte Bea ein.
»Quatsch«, zischte Dr. Hubert Wollenweber. »Die sollen mal nicht so’n Gedöns machen. Der übersteht diesen Eingriff garantiert. Der ist zäh wie Leder.«
Diesen Satz verstand der kleine Fritz nicht.
Hubi polterte weiter. »Was für eine Granatensauerei! Mein armer, armer Rousseau.«
»Jetzt reiß dich aber mal zusammen«, donnerte eine tiefe Stimme zurück. »Fritzchen hat das garantiert nicht mit Absicht getan.«
Darin irrte Opa Karl.
Während sich Bea und Hubi liebevoll um Rousseau kümmerten, drehte Paula ihren Enkel wieder auf dem Rücken. Fritz nahm nun seine Großeltern mütterlicherseits etwas genauer unter die Lupe.
Beide hatten Haare auf dem Kopf, Opa Karl jedoch nur an den Seiten. Auf seiner endlosen Stirn spiegelte sich die Deckenlampe. Oma Paulas dichtes graues Haar verschluckte dagegen das Licht. Sie hatte eine kleine Brille, aber eine große Nase. Ihr Mann hatte eine große Nase und eine große Brille – und große Ohren, fast wie Rhabarberblätter. Die beiden sahen ziemlich verwelkt aus und rochen nach ranziger Butter.
Sie sind viel älter als Bea und Hubi, stellte Fritz in Gedanken fest. Aber Opa Karl ist Beas Vater. Um Bea zu machen, muss er mit Oma Paula das Gleiche gemacht haben, das Hubi andauernd mit Bea macht. Damals. Aber heute machen die das bestimmt nicht mehr. Das kann ich mir nun beim besten Willen nicht vorstellen. Er musterte noch einmal seine Großeltern.
Nein, nein, wirklich nicht.
In den ersten drei Lebensmonaten ließ Bea ihrem Sohn lediglich die notwendige materielle Grundversorgung zuteilwerden. Zum einen, weil sich nach dem völligen Ausbleiben jeglicher Schwangerschafts-Brutlaune auch kein postnataler Nestrausch einstellen wollte.
Und zum anderen, weil sie schlicht und ergreifend keine Zeit hatte, sich intensiver um das eigene Gelege zu kümmern. Der Verlag kannte kein Erbarmen und beharrte eisern auf dem vertraglich festgelegten Abgabetermin, an dem sie das Manuskript ihres neuen Elternratgebers vorlegen musste. Es trug den Titel ›Baby-Turbo-Tuning – maximale Förderung bei minimalem Aufwand‹.
Obwohl Friedrich Karl Eckstein nie schrie und deshalb als ausgesprochen pflegeleichtes Baby zu bezeichnen war, wurde er trotzdem fast täglich zu Beas Eltern abgeschoben.
»Wenn er da ist, kann ich mich nicht auf meine Arbeit konzentrieren«, argumentierte seine Mutter.
Der kleine Fritz trug ihr dies nicht weiter nach. Er vermisste sie nicht, Hubi ebenfalls nicht – und Rousseau sowieso nicht. Diesem heimtückischen Stubentiger traute er nämlich nicht über den Weg.
Aus gutem Grund, denn eines Morgens, als er im Flur auf Oma Paula wartete, sprang das haarige Monster auf ihn und erstickte ihn fast mit seinem schweren, massigen Körper. Einfach so, mir nichts, dir nichts. Heimtückische Bestie!
Was tun, was tun?, pochte es unter Friedrich Karl Ecksteins Schädeldecke.
Glücklicherweise hatte der liebe Gott gerade Zeit und flüsterte ihm eine pfiffige Idee ein. Fritz bedankte sich und setzte die Inspiration sogleich in die Tat um: Der kleine Kerl begann zu husten – und wie! Das Gemeine an diesem Husten war die Tatsache, dass es sich wie Hundegebell anhörte. Rousseau reagierte umgehend und suchte das Weite.
Ja, Fritz war eben kein hundsgewöhnliches Baby. Nein, er war etwas ganz Besonderes, ein ganz besonderes Gottesgeschöpf. Fand er jedenfalls.
Seine Eltern waren diesbezüglich offenbar anderer Meinung, denn sie gebärdeten sich ihm gegenüber ausgesprochen kühl und reserviert.
Was zum einen darauf zurückzuführen war, dass Bea die Psychopharmaka absetzen musste.
Und was zum anderen darauf zurückzuführen war, dass Hubi ihn immer noch liebend gerne gegen ein Cabriolet eingetauscht hätte.
Ab und an grübelte Fritz darüber nach, worin wohl der Grund für diese offenkundige Ablehnung der eigenen Brut liegen mochte, denn überall, wo ihm bei den Frischluft-Trips mit Oma Paula andere Babys begegneten, traf er auf fröhliche, stolze und fürsorgliche Eltern. Manchmal hatte Fritz Angst, dass diese Leute aus lauter Liebe ihren eigenen Nachwuchs auffressen könnten.
Warum ist das bei mir nicht so?, fragte er sich dann jedes Mal.
Die Antwort fand er nicht etwa auf dem Kinderspielplatz, sondern bei sich zu Hause, und zwar im Flur. Eines Tages stellte Hubi die Baby-Safety-Schale vor dem Garderobenspiegel ab. Und da sah sich der kleine Fritz zum ersten Mal in seinem Leben so, wie ihn andere Menschen sahen. Schlagartig war ihm alles klar.
Sein äußeres Erscheinungsbild ähnelte noch nicht einmal ansatzweise dem der knuddeligen Babys, die ihm im Laufe seiner ersten Lebensmonate begegnet waren. Sein derbes, kantiges Gesicht und die fast quadratische Kopfform entsprachen so ganz und gar nicht dem standardisierten Kindchenschema.
Zudem waren die tiefliegenden Augen eindeutig zu groß geraten und die kreisrunden, abstehenden Ohren erinnerten an kleine Satellitenschüsseln. Dieses eindrucksvolle Gesamtbild wurde von stracken schwarzen Haaren abgerundet, die über den zusammengewachsenen Brauen aus der Kopfhaut ragten und an eine Wurzelbürste erinnerten.
Im ersten Augenblick reagierte Fritz geschockt auf sein markantes Konterfei. Er wendete den Blick ab und grübelte darüber nach, wie er mit dieser Erkenntnis konstruktiv umgehen konnte.
Da er von Natur aus ein ausgesprochen positiver und optimistischer Mensch war, entschloss er sich, die noch nicht vorhandenen Zähne zusammenzubeißen und zu akzeptieren, dass er auch äußerlich anders war, als alle anderen Babys, die er bislang gesehen hatte.
Eins steht jedenfalls klipp und klar fest, sagte er zu sich selbst: Ich bin etwas ganz, ganz Besonderes.
An einem verregneten Apriltag hatte das Schicksal anscheinend nichts Besseres zu tun, als Friedrich Karl Ecksteins bisheriges Leben radikal auf den Kopf zu stellen. Bea hatte ihr Manuskript auf den letzten Drücker zur Post gebracht und ihn anschließend in die Volkshochschule zu einer sogenannten Krabbelgruppe geschleppt, obwohl er noch nicht einmal richtig sitzen, geschweige denn krabbeln konnte.
Freiwillig hatte sie dies nicht