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die auf dem Tisch stand. Dann nahm er den Becher in eine Hand und legte die andere dicht über die Flamme.

      Einige Sekunden lang geschah nichts und nur ein aufmerksamer Beobachter hätte erkennen können, dass Marc sich auf etwas konzentrierte, das außerhalb der normalen Wahrnehmung passierte. Mit halb geschlossenen Augen saß er auf seinem Stuhl, bis langsam Dampf von dem Kaffee aufstieg. Dann, so als ob er gerade nichts anderes getan hätte als nachzudenken, zwinkerte er kurz und nahm die Hand aus der Flamme. Vanessa nahm den Becher mit einem dankbaren Lächeln entgegen und nahm vorsichtig einen Schluck von dem heißen Kaffee.

      »Hmmm. Super. Danke. Ich muss das irgendwann auch mal richtig lernen.« Marc hatte ihr bereits mehrere Male versucht, beizubringen, wie man das machte. Alles, was sie erreicht hatte, war ein Anstieg um maximal drei Grad Celsius beim Kaffee und Brandblasen an der Hand.

      »Das ist alles eine Frage des Gleichgewichts.« Marc lächelte und wischte sich den Ruß von der Hand, die keinerlei Zeichen zeigte, dass sie die letzten zehn Sekunden offenem Feuer ausgesetzt gewesen war. Er blickte auf die Uhr. Auch er musste los.

      2

      Das Auto hielt am Straßenrand, die Scheinwerfer erloschen. Nichts an der Gegend wies auf etwas Ungewöhnliches hin. Einfamilienhäuser mit den dazugehörigen Zäunen, Hecken und mehr oder weniger gepflegten Gärten säumten die Straße und vermittelten den Eindruck einer ruhigen und soliden Wohngegend der gehobenen Mittelklasse.

      Die Türen des Wagens öffneten sich und zwei Frauen und ein Mann stiegen aus. Die kleinste und jüngste der drei Personen blickte sich nervös um, als ob sie damit rechnete, dass ihnen jemand gefolgt war.

      »Entspann dich«, sagte die ältere Frau und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. »Keiner weiß, dass wir hier sind. Wir sind zurück, bevor jemand merkt, dass du weg warst.«

      »Hmmm.« Es klang nicht wirklich überzeugt. Jedoch beließ sie es dabei und folgte den beiden anderen, die bereits zielstrebig auf ein etwas abseits stehendes Haus zugingen. Äußerlich unterschied es sich kaum von den anderen, wenn es vielleicht auch weniger aufgehübscht und der allgemeine Zustand etwas mehr heruntergekommen war als der Rest der Häuser in der Gegend. Durch die Fenster waren Lichter zu sehen, die darauf hindeuteten, dass jemand zuhause war. Sie beeilte sich, zu den beiden aufzuschließen. Der schwarze Samtumhang flatterte ihr um die Beine. Insgeheim kam sie sich ein wenig albern vor in ihrer Aufmachung. Allerdings war der Umhang ein Geschenk und eines, wie sie fand, dem Anlass würdig.

      »Das wird super«, meinte die ältere Frau. »Du wirst sehen.«

      »Hmmm.« Trotz des skeptischen Tons war die junge Frau nervös. Dies würde es sein! Kein Kinderkram mehr hiernach. Nach heute Abend würden ihre beiden dämlichen Geschwister einsehen müssen, dass sie eine vollwertige Magierin war. Sie freute sich schon darauf, Marcs Gesichtsausdruck zu sehen.

      »Was passiert heute eigentlich genau?«, fragte sie.

      »Eine Séance«, lautete die Antwort. »Wir treten in Kontakt mit der Zwischenwelt.«

      Nadja erinnerte sich daran, wie Marc und Vanessa über den Kontakt mit Geistern dachten. Als sie das Ouija-Board der Familie vor einem Jahr zufällig in einer Kiste entdeckt hatte, hatte Marc es sofort an sich genommen und auf dem Dachboden eingeschlossen. Vanessa hatte versucht, ihr zu erklären, wie gefährlich der Kontakt mit anderen Ebenen, wie zum Beispiel der Geisterwelt war, doch Nadjas Meinung nach waren die beiden einfach der Meinung, dass sie zu jung war für solche Übungen. Wenn doch nur ihre Eltern noch da wären. Die hätten mit Sicherheit nicht so reagiert. Ihre Eltern hätten ihr erklärt, was es mit Beschwörungen und Geistern auf sich hatte.

      »Ist das sicher?«, fragte sie dennoch. Ein kleiner Teil von ihr war immer noch nicht völlig davon überzeugt, dass sie das Richtige tat. Wenn Marc oder Vanessa hiervon erführen, würden sie ihr beide den Kopf abreißen. Die ältere Frau lachte gutmütig.

      »Nadja.« Sie drehte sich um und blickte die junge Frau mit einem beruhigenden Lächeln im Gesicht an. »Habe ich dich in den letzten sechs Monaten einmal in eine Situation gebracht, in der du in Gefahr warst?«

      Nadja schüttelte den Kopf und blickte beschämt zu Boden. Erneutes Lachen erklang und Nadjas Kopf wurde sanft angehoben, so dass sie sich wieder anblickten.

      »Alles ist gut. Samael ist eine Koryphäe auf dem Gebiet und wir haben alles an Sicherheitsmaßnahmen getroffen, was möglich ist.« Sie lächelte. »Wir wollen doch nicht, dass unserer kleinen Hexe bei ihrer Initiierung etwas zustößt, oder?«

      Nadja blickte erst sie, dann den jungen Mann an, der neben ihr stand und ihr ebenfalls lächelnd zunickte. Sie schüttelte energisch den Kopf und nickte dann ebenfalls. Dies war das, weshalb sie hier waren, oder? Heute Nacht würde sie zu einer richtigen Hexe werden. Nach heute Nacht würde sie keine großen Geschwister mehr brauchen, die nicht erkannten, dass sie längst über den Punkt der magisch begabten kleinen Schwester hinausgewachsen war. Sie nickte ein letztes Mal entschlossen und schritt dann zielstrebig zwischen ihren Begleitern einher in Richtung Haus.

      »Sie ist vierzehn verdammt, deshalb!«

      Marc wandte sich ab und rollte frustriert mit den Augen. Er wusste, dass er diese Diskussion verlieren würde, schlicht und ergreifend, weil Vanessa recht hatte.

      »Ja, genau«, stimmte Vanessa ihm zu. »Sie ist vierzehn. Nicht vier. Wann soll sie denn damit anfangen? Wenn sie zwanzig ist?«

      »Nein. Natürlich nicht. Ich hatte an fünfundzwanzig gedacht.« Er stand auf und ging in Richtung Küche.

      »Marc!«

      Vanessa folgte ihrem Bruder. Sie hatte diese Diskussion in der Vergangenheit bereits mehrfach angestoßen, dieses Mal würde sie jedoch hartnäckig bleiben. Sie wusste, dass Marc keine Lust hatte, dieses Thema weiterzuverfolgen, speziell nach der Unterhaltung, die sie beide mit Nadja geführt hatten, als sie aus der Schule gekommen war. Das Krachen der Tür, mit dem ihre kleine Schwester die Diskussion beendet hatte, ließ darauf schließen, dass sie wenigstens 12 Stunden lang in ihrem Zimmer bleiben und schmollen würde.

      Sicher, streng genommen hatte Marc das letzte Wort, was die Ausbildung von Nadja betraf, und sei es nur, weil er damals offiziell zu Nadjas Vormund ernannt worden war und nicht Vanessa. Allerdings hatten sie sich vor langer Zeit stillschweigend darauf geeinigt, dass beide gleichberechtigt an der Erziehung ihrer kleinen Schwester teilhaben würden, sowohl, was den weltlichen Aspekt anging, als auch den magischen.

      Wären ihre Eltern am Leben gewesen, hätte sich die ganze Sache natürlich erheblich einfacher gestaltet. Nadja wäre mit vier magisch begabten Personen aufgewachsen und ihre Eltern hätten das Nesthäkchen der Familie ebenso behutsam an das Thema herangeführt, wie sie es bei Marc und Vanessa getan hatten, sobald sich die Begabung bemerkbar gemacht hätte. Aber diesen Luxus hatten sie nicht. Ihre Eltern waren vor knapp vier Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen. In den vergangenen vier Jahren hatten Marc und Vanessa sich um Nadjas Erziehung gekümmert, wohl wissend, dass dieser Tag irgendwann kommen würde.

      »Marc!«

      Vanessa nahm sich einen Stuhl und ließ sich ihrem Bruder gegenüber nieder, der missmutig sein Glas anstarrte.

      »Marc, wir müssen etwas unternehmen. Wie lange willst du denn warten?«

      »Bis sie sich ein bisschen stabilisiert hat«, knurrte er Vanessa an. Er begann an den Fingern abzuzählen. »Sie ist sprunghaft, sie ist unzuverlässig, sie macht sich nicht die leisesten Gedanken darüber, was ihre Handlungen für Folgen haben werden … «

      »Ich weiß. Sie ist vierzehn. Sie ist voll in der Pubertät. Was erwartest du denn? Das ist ein ganz normales Verhalten für jemanden in ihrem Alter.«

      »Toll«, meinte Marc sarkastisch. »Und so jemanden willst du darin ausbilden, mit dem Universum zu interagieren? Mit anderen Ebenen und mit Kräften, die ihre und unsere Umgebung in Schutt und Asche legen können?«

      Vanessa spürte instinktiv, dass sie gewonnen hatte. Der Anblick von Marc, der sorgenvoll

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