ТОП просматриваемых книг сайта:
Darwins Prophezeiung. Manuel Biener
Читать онлайн.Название Darwins Prophezeiung
Год выпуска 0
isbn 9783738008883
Автор произведения Manuel Biener
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Die Bauern sind also nicht überzeugt von seinen Ideen“, stellte ich fest.
„Am Anfang hatten sie sich davon etwas versprochen, aber inzwischen sind sie eher enttäuscht. Im Grunde ist das alles ja nichts wirklich Neues. Manche bauen auf ihren aufgegebenen Reisterrassen schon seit langem Gemüse an, für sich selbst und den Verkauf auf dem lokalen Markt. Damit lassen sich aber keine großen Geschäfte machen, da die Nachfrage nicht sehr hoch ist. Es lohnt sich deshalb nur für wenige. Ein Anbau in größerem Stil wäre theoretisch wohl denkbar, aber dafür fehlt schlicht der Bedarf. Es gibt hier weit und breit keine größeren Städte, und die Produkte über dreihundert Kilometer weit nach Manila zu transportieren, wäre zu aufwändig und zu teuer. Und, davon abgesehen, wäre dies auch das Ende der traditionellen Reisterrassen. Die zählen schließlich zum UNESCO Weltkulturerbe, und das heißt ja wohl, dass sie in ihrer jetzigen Form erhalten werden sollen. Diese ganzen Aspekte scheint Mister Butzmann aber nicht zu sehen. Die Bauern hatten sich von ihm auch praktische Hinweise zu den Anbaumethoden erhofft, wie man das von einem landwirtschaftlichen Berater erwarten sollte, aber da kam nichts. Entweder weiß er selbst zu wenig darüber oder es interessiert ihn alles nicht besonders. Im Übrigen ist er oft auch nicht da, wenn man etwas von ihm will. Um die ganzen Versuchsflächen kümmert sich hauptsächlich seine Frau. Also, irgendwie scheinen mir seine Aktivitäten hier ziemlich halbherzig zu sein“, schilderte Kitty ihre Eindrücke.
So, so, dachte ich. Gut zu wissen. Großer Beliebtheit erfreut er sich hier also nicht, und er war immer mal wieder unterwegs. Stellt sich natürlich die Frage, wo. Das musste ich noch irgendwie herausfinden. Aber alles in allem war das schon mal ganz aufschlussreich.
Da wir den Ort fast erreicht hatten, musste ich mir rasch überlegen, wie es heute noch mit Kitty weitergehen sollte. Insgesamt war der Tag mit ihr ja soweit recht positiv verlaufen. Man hatte sich auf verschiedenen Ebenen gut verstanden, und in ihren Blicken und Gesten glaubte ich, eine weiter gehende Sympathie zu erkennen. Aber das hatte ich ja gestern auch schon gedacht, und dann kam alles anders. Vielleicht war es aber auch so, wie es eine meiner Verflossenen einmal ausdrückte: ich sei „ein Mann für den zweiten Blick“. Also ein Mann, bei dem die Frauen bei einer Begegnung zweimal hingucken, weil sie ihn interessant finden. Dachte ich. Sie meinte aber, dass bei mir die Frauen erst auf den zweiten Blick feststellen, dass ich interessant sein könnte.
Ich fand Kitty jedenfalls auf den ersten Blick interessant genug, um mit ihr ins Bett zu wollen. Um herauszufinden, ob mir das gelingen würde, bedurfte es mindestens eines weiteren gemeinsamen, netten Abends, an dem ich dann auch etwas forscher vorgehen und vor allem Körperkontakt aufnehmen musste. Schließlich erwarteten Frauen auch, dass Männer zu gegebener Zeit die Initiative ergriffen. Ich würde sie also nachher zum Essen einladen, mich mit zwei, drei Bierchen in Stimmung bringen und sie gut unterhalten. Dabei musste ich sie auch immer mal wieder zum Lachen zu bringen. Aus vielen psychologischen Studien war ja bekannt, dass Humor zu den Eigenschaften zählt, die Frauen bei Männern am meisten schätzten. Hierfür hatte ich genügend bewährte Anekdoten auf Lager. In dieser Atmosphäre, es würde inzwischen auch schon dunkel sein, konnte ich dann die erste zärtliche Berührung wagen – ihre Hand streicheln, ihr sanft durchs Haar fahren, je nachdem, wie es sich am besten ergab. Heute würde ich sie jedenfalls nicht mehr einfach davonlaufen lassen.
Auf der Straße durch den Ort kamen wir soeben an meiner Lodge vorbei. Es kann nichts schaden, wenn Kitty das weiß, dachte ich spontan und blieb stehen. „Hier hab ich mein Zimmer“, erklärte ich ihr und zeigte auf das Gebäude.
„Ach so? Ja dann gib mir doch das Päckchen“, sagte sie und zog mir selbiges aus der Hand, „ich komme sowieso am Marktplatz vorbei und kann es dann gleich abgeben. Okay, Manuel, schönen Abend noch!“ Sie sah mir lächelnd in die Augen, bevor sie sich abwendete. Genau wie gestern.
Scheiß-blödes Missverständnis, ärgerte ich mich immer noch, als ich unter der Dusche stand. Sie hatte wohl angenommen, dass ich mich mit meinem Hinweis für heute verabschieden wollte. Und ich hatte mal wieder nicht fix genug reagiert. Als ich es richtig kapierte, war sie schon weg.
Aber vielleicht hatte sie ohnehin schon etwas anderes vorgehabt, und ich war damit einer Abfuhr entgangen. Es wäre allerdings schon interessant zu wissen, wo sie eigentlich die Nacht verbrachte. Wahrscheinlich bei Bekannten oder Verwandten, weil es billiger war als in einer Lodge. Vielleicht aber auch bei einem Liebhaber, wer weiß. Womöglich dieser Joel, obwohl es dafür keine Anhaltspunkte gab. Ich hatte die beiden ja genau beobachtet.
An sich war es gar nicht mal so schlecht, wenn Kitty glaubte, dass ich den Abend allein verbringen wollte. Ich durfte schließlich auch nicht den Fehler machen, ihr wie ein Dackel hinterher zu laufen. Das würde schnell aufdringlich wirken. Sie könnte sich dann eingeengt fühlen und auf Distanz gehen.
So gesehen war das jetzt kein Unglück. Und nun konnte ich die gewonnene Zeit auch nutzen, um mir das weitere Vorgehen in Sachen Butzmann zu überlegen, mit den neuen Informationen. Aber zuerst würde ich noch eine Kleinigkeit essen gehen. Wieder mit mir im Reinen, drehte ich den Duschhahn zu.
Mit zwei Flaschen San Miguel-Bier kehrte ich vom Marktplatz zurück (die vage Hoffnung, Kitty noch einmal zu begegnen, hatte sich nicht erfüllt) und lümmelte mich aufs Bett.
Also: Welche Fakten hatte ich inzwischen? Ich wusste jetzt, wo Butzmann wohnte. Das war schon mal gut. Er hatte eine Versuchsfarm, an der die Bauern aber nicht sonderlich interessiert waren. Und er war öfters mal weg. – Was noch? Ich nahm einen Schluck Bier und rief mir das Gespräch mit Joel und Kitty in Erinnerung. Ich hatte zugeben müssen, dass ich Butzmann kannte. Hatte sich leider nicht vermeiden lassen. Außerdem hatte ich angekündigt, ihn besuchen zu wollen. Das war keine so gute Idee. Eine etwas voreilige Äußerung, die mir da herausgerutscht war.
Und was bedeutete das jetzt?
Es bedeutete, dass es jetzt nicht mehr so einfach war, heimliche Ermittlungen anzustellen. Die Verbindung zwischen mir und Butzmann war nun bekannt, zumindest Kitty und diesem Joel. Und ich konnte nicht davon ausgehen, dass es dabei blieb. Vor dem Hintergrund dieser Unkraut-Geschichte war es sogar ziemlich wahrscheinlich, dass es auch noch einige andere Leute mitbekamen. Beide, Kitty und Joel, hatten hier weit reichende Kontakte und würden garantiert herumerzählen, dass ich jetzt dieser Sache nachging. Und früher oder später würde es auch Butzmann zu Ohren kommen, der ja ebenfalls Umgang mit den Bauern hatte.
Mist. Aber das war schließlich nicht vorauszusehen.
Jetzt musste ich mir was Neues einfallen lassen. Über Butzmann würde ich ohnehin nicht viel mehr erfahren, als ich bereits wusste. Ich konnte ja schlecht die Bauern fragen, wo er sich herumtrieb, wenn er nicht da war. Das würde verdächtig wirken.
Ich leerte die erste Flache Bier, stellte sie auf den Fußboden, griff nach der zweiten und öffnete sie mit meinem Feuerzeug.
Dann würde ich die Sache eben genau anders herum aufziehen. Nämlich auf Butzmann zugehen, um ein gutes Verhältnis mit ihm herzustellen. Damit er von sich aus mehr über seine Aktivitäten erzählte, woraus sich weiteres ergeben könnte. Im Idealfall würden wir mal etwas Gemeinsames unternehmen, einen Ausflug in die Gegend oder so. Wenn wir uns erst einmal gut verstanden, könnte ich ja durchaus einen solchen Vorschlag machen. Als Biologe interessierte ich mich natürlich besonders für die unberührte Natur. Sicher, intakte Bergnebelwälder gab es hier noch, aber nicht mehr gleich um die Ecke. Sondern eher in den ganz dünn besiedelten Gegenden der Cordillera. Ich gebe dir recht, Walter, das ist nicht ganz ungefährlich. Wenn da was passiert, hilft uns so schnell keiner, und Rebellen soll es dort auch geben. Aber wenn man was Besonderes erleben will, muss man halt auch mal ein kleines Risiko auf sich nehmen.
Also gut. Dann würde ich Butzmann also einen Besuch abstatten. So, wie ich es Kitty und Joel ja auch gesagt hatte. Am besten gleich morgen. Keine Zeit verlieren. Wann? So am frühen Nachmittag, dann würde Butzmann mich vielleicht auf ein Tässchen Löskaffee einladen.
Freitag, 14. April
Ich folgte der staubigen, unbefestigten Straße, die eher einem Feldweg glich, und ging im Kopf noch einmal meine Strategie durch, die ich