Скачать книгу

hellbraune Chucks. Eine Kombination, die der Hitze geschuldet ist. Denn ob Hosen oder Röcke - am liebsten mag sie es schwarz. Und eng.

      An dem quer über die Schultern gelegten Trageriemen hängt eine braune Businesstasche lässig über ihrem Po. Abgesehen von einem stecknadelkopfgroßen Diamanten in ihrer linken Nasenbeuge verzichtet sie auf Schmuck, nicht aber auf Verzierungen. Ihr rechtes Handgelenk umschlingt ein Tattoo, das einen Rosenstiel mit Dornen darstellt und auf den ersten Blick den Eindruck eines Armbandes weckt. Einmal von Dr. Metzelaars darauf angesprochen, bekannte sie sich unvorsichtigerweise zu einer weiteren Bemalung ›an diskreter Stelle‹. Auf Dr. Metzellaars Frage, ob er sie sehen dürfe, antwortete Edda: ›Heißen Sie etwa Caren?‹

      »Seien Sie gegrüßt Edda. Heute nicht in Schwarz!?«

      Schon seit Jahren benennt man sich beim Vornamen, bleibt aber förmlich beim Sie.

      »Die Hitze, Fritz, macht flexibel.«

      Dr. Metzelaars lächelt, nickt bestätigend und deutet auf seinen Anzug. »Frauen haben es da leichter.«

      »Wer zwingt Sie, bei dreißig Grad einen Anzug zu tragen.«

      »Die Konventionen.«

      »Blödsinn.«

      »Ich weiß, aber ...«

      »Sie könnten es zumindest versuchen. Was soll schon passieren?«, unterbricht ihn Edda.

      »Ich werde darüber nachdenken«, antwortet er, wohl wissend, dass ihn eine Veränderung diesbezüglich nicht interessiert. Er mag Konventionen. Die eigenen, die er der konservativen Erziehung seiner traditionsreichen Juristenfamilie verdankt und als Erwachsener mehr aus Bequemlichkeit denn Überzeugung kultivierte, sowieso.

      »Kommen wir zu Ihrem Anliegen, Edda. Es muss um Leben und Tod gehen, wenn Caren eure Bitte um einen kurzfristigen Termin derart eindringlich vorträgt«, scherzt er.

      »Sie bringen es auf den Punkt«, bestätigt Edda ernsthaft.

      »Was denn, dass mit Leben und Tod?«, fragt er verdutzt.

      »Richtig. Aber soweit wollen wir es besser nicht kommen lassen.«

      »Und schon, Edda, haben Sie es geschafft, meine Neugier zu wecken«, gibt Dr. Metzelaars zu und ergänzt ungeduldig: »Aber vielleicht - um beim Stichwort zu bleiben - sollten wir uns zunächst um unser leibliches Wohl kümmern, damit wir nicht vom Hunger gepeinigt tot vom Stuhl fallen«.

      »Ja, das könnte Ihnen leicht passieren, Fritz«. Edda schaut ihm provokant lächelnd in die Augen.

      »Ist ja gut Edda, ich esse halt für mein Leben gern.«

      »Ach was!?«

      Nach einem Blick in die übersichtliche Karte bestellt Edda einen kleinen gemischten Salat und Mineralwasser, Dr. Metzelaars Zaziki, frittierte Sardellen, gebratene Auberginen und ein Viertel Retsina.

      Edda berichtet über das Auftragsangebot. Am Ende ihrer Kurzfassung steht ein ebenso langer wie dürrer Kellner am Tisch und serviert die Getränke.

      Nach einem Toast auf die langjährige Zusammenarbeit versucht Dr. Metzelaars eine erste juristische Einordnung. »Trotz des bedauernswerten Hintergrundes erscheint mir der Wunsch nach einem Duell wahrlich ungewöhnlich«, beginnt er. »Weniger ausgefallen, als vielmehr exzentrisch, würde ich sagen. Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, dass in den letzten Jahrzehnten ein solcher Fall publiziert wurde. Wie auch immer ...« Er stellt das Glas ab. Dabei achtet er darauf, dass es exakt die Mitte des Getränkedeckels trifft. »Im heutigen Strafrecht werden Duelle nicht mehr besonders behandelt. Das war, soweit ich weiß, bis zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts, als Duelle hauptsächlich in der gehobenen Gesellschaft das verletzte Ehrgefühl wieder herstellen sollten, noch anders. Schon zu dieser Zeit waren sie offiziell verboten. Aber da natürlich auch Persönlichkeiten aus den Reihen der Justiz an Duellen teilnahmen, blieb man in der Verfolgung meist untätig. Inoffiziell wurden sie also geduldet. Die Beteiligten hatten in der Regel keine Strafe zu befürchten.«

      »Gewissermaßen ein normales gesellschaftliches Phänomen«, stellt Edda fest.

      »Könnte man sagen, ja«, bestätigt Dr. Metzelaars. »Aber heutzutage unterliegen die Folgen von Duellen den allgemeinen Strafrechtsvorschriften. Das bedeutet, je nach Ausgang des Duells und der Beurteilung durch die Strafverfolgungsbehörden ist mit Vorwürfen wegen gefährlicher Körperverletzung, schwerer Körperverletzung oder Körperverletzung mit Todesfolge zu rechnen. Also kein Kavaliersdelikt, wie Sie sich denken können. Allerdings muss der Täter vorsätzlich gehandelt haben. Vorsatz bezeichnet das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung - hier also der körperlichen Misshandlung oder Gesundheitsschädigung.«

      Der leptosome Kellner serviert das Essen. Die Teller stehen noch nicht komplett auf dem Tisch, da fingert Dr. Metzelaars eine Sardelle, stippt sie in Zaziki, schiebt sie in den Mund und trinkt einen Schluck Retsina hinterher. Die Gesichtszüge entspannen sich, er lächelt zufrieden. Essen, Trinken, Lächeln - den Ablauf wiederholt er, bis das Schälchen geleert ist.

      »Sollte jemand getötet werden, könnte der Vorwurf sogar Totschlag oder Mord lauten«, fährt er fort. »Denn die Voraussetzung, dass bei einem Duell ein Tötungsvorsatz vorliegt, erscheint ja nicht gerade abwegig. Gott sei Dank handelt es sich in eurem Fall weder um ein klassisches noch um ein echtes Duell. Hier wäre eine andere Variante denkbar: Nämlich, dass jemand getötet wird, aber weder ein Tötungs- noch ein Verletzungsvorsatz vorliegt. Dann könnte man unter Umständen von fahrlässiger Tötung ausgehen.« Er gabelt eine Scheibe der gebratenen Auberginen auf. »Jedenfalls handelt es sich in allen Fällen um Offizialdelikte, das heißt, dass diese von Amts wegen verfolgt werden und kein Strafantrag gestellt werden muss. Im Gegensatz zur einfachen und fahrlässigen Körperverletzung. In diesen Fällen muss dieser Antrag extra gestellt werden. Aber, vorausgesetzt euer Auftraggeber würde wirklich verletzt werden - welchen Grund gäbe es für ihn, einen Strafantrag gegen euch zu stellen?« Er schiebt sich die Auberginenscheibe in den Mund und fährt kauend fort. »Allerdings wird Körperverletzung in zwei Ausnahmen nicht als Straftat verfolgt. Zum Ersten bei Körperverletzung im Sport. Da geht man davon aus, dass die Teilnahme an einem sportlichen Wettkampf die Einwilligung in die für den Wettkampf typischen Gefahren für den eigenen Körper beinhaltet. Grobe Regelverstöße sind natürlich ausgenommen. Aber das hilft euch nicht weiter. Denn selbst bei bestem Willen würde kein Richter ein Duell als Sportart klassifizieren.«

      Auf dem Bürgersteig balanciert eine kurvige Blondine in gewagtem Minirock, knappem T-Shirt und allerlei am Körper verteilten Schmuck auf etwas Hochhackigem am 'Eleon' vorbei. Ihr Gesicht wird von einer Sonnenbrille, deren Gläser die Ausmaße von Donuts erreichen, fast vollständig verdeckt. In ihrer rechten Hand spannt eine Hundeleine, an deren Ende ein Zwergpudel in Sichtweite kommt, der sich vergeblich gegen das an der Leine zerrende Frauchen stemmt.

      Dr. Metzelaars schaut ihr hinterher. Einen spontanen Schnalzer kann er nicht mehr vollständig unterdrücken, sodass ihm ein »tsch« entweicht. Es ist ihm unangenehm in Eddas Gesellschaft. Mit dem vorgetäuschten Genuss eines Schluck Weines versucht er, von seiner auf die Blondine gerichteten Aufmerksamkeit abzulenken. Vergeblich.

      »Fritz, Sie haben Familie«, ermahnt ihn Edda lachend.

      »Nichts für Sie, Edda?«, kontert dieser übereilt und kneift die Lippen zusammen.

      »Was denn, Familie oder Blondie?«

      »Blondie.«

      »Fritz, erkannten Sie etwa Ähnlichkeiten mit Caren?«

      »Ähh, nein.«

      »Sehen Sie«. Edda grinst. »Und für Sie, Fritz?«

      »Ähh ...« Er findet keine spontane Antwort. »Kommen wir zurück zum Thema«, lenkt er ab.

      »Gerne, Fritz.«

      »Und die zweite Ausnahme, bei der Körperverletzung nicht als Straftat verfolgt wird«, setzt er seine Ausführungen fort, »bezieht sich auf die Einwilligung des Opfers. Eine Einwilligung des Opfers bleibt allerdings unbeachtet, wenn die Tat gegen die guten Sitten verstößt.

Скачать книгу