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Wen oder was wir lieben. null michelle_werner
Читать онлайн.Название Wen oder was wir lieben
Год выпуска 0
isbn 9783847654254
Автор произведения null michelle_werner
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Freunde gibt es in seinem Leben kaum und er wüsste auch gar nicht, was er mit denen anfangen würde. Der einzige Mensch, dessen Nähe er fallweise sucht, ist Herr Oppolzer, der aber am unteren Ende der Wahnsinnsstraße auf Nummer 3 wohnt. Mit ihm teilt er seine Vorliebe für Gartenzwerge.
In den Monaten, in welchen die Tage kürzer werden, besuchen sie einander gelegentlich. Sie blättern und schwärmen dann gemeinsam – wie ein altes Ehepaar - in einem Katalog für Gartenzwerge. Natürlich haben sie einen ganzen Stapel an solchen Katalogen, nicht bloß zwei oder drei! In jeder Saison gibt es hunderte solcher Kataloge, die der arme Postbeamte den Berg hoch schleppen muss. Rein buchhalterisch führt Herr Halmer derzeit mit 17 zu 8 bei den Gartenzwergen und solange dieser Vorsprung erhalten bleibt, kann Herr Halmer mit Herrn Oppolzer auch gut auskommen.
Vor ein paar Jahren gab es einmal eine Krise in dieser Beziehung. Herr Oppolzer wollte damals bei einer Aktion 5 Gartenzwerge mit einem Sonderrabatt bestellen! Herr Halmer war damals in mehrfacher Weise schockiert. Natürlich wäre sein deutlicher Vorsprung an Gartenzwergen geschrumpft und wer weiß, vielleicht hätte ihn Herr Oppolzer womöglich eines Tages auf den zweiten Platz verdrängt. Da war aber noch etwas anderes Schockierendes. Wie konnte man solche Wesen mit einem Massenrabatt bestellen? Man bestellt sich auch keine fünf Freundinnen unter Anrechnung eines Mengenrabatts!
Da braucht es doch eines handverlesenen Auswahlprozesses, bei dem man genau prüft, ob man überhaupt zueinander passen würde! Man geht ja auch nicht mit jemand X-beliebigen eine Beziehung auf die Schnelle ein! Und dann noch mit fünf solchen Wesen! Dies grenzt an Bigamie in der schlimmsten Ausprägung, findet Herr Halmer. Nicht mal die Muslime haben 5 Frauen, die sie gleichzeitig zu sich nehmen.
Es dauerte drei Jahre und mehrerer untertänigster Entschuldigungen von Herrn Oppolzer, ehe Herr Halmer bereit war, sich mit diesem rohen, gefühlskalten Menschen wieder einzulassen. An Eides statt musste Herr Oppolzer versichern, dass er davon Abstand genommen hat und auch niemals in der Zukunft eine solche Überlegung mehr anstellen wird.
Seither ist die Beziehung der beiden Fans von Gartenzwergen wieder besser, wenngleich dies Narben an der Seele – jedenfalls an der von Herrn Halmer – zurückließ. Solche Seitensprünge sind eben eine sehr ernsthafte Angelegenheit.
Herr Halmer hat jetzt leider keine Zeit mehr für uns, denn er hat diese Woche eine wichtige Aufgabe zu lösen. Er hat in den letzten Wochen feststellen müssen, dass einzelne Kumpane ihre Aufgabe nicht zu seiner Zufriedenheit erfüllen. Offenbar sind diese mit der Problemstellung überfordert, oder aber, sie haben irgendeinen Kummer, eine Depression, einen unverarbeiteten Konflikt, vielleicht sogar eine Krankheit? Im besten Fall fühlen sie sich auch nur vernachlässigt. „Auch Menschen, die sich vernachlässigt fühlen, machen am Arbeitsplatz Patzer bei der Arbeit“, denkt Herr Halmer.
Er wird jetzt eine Runde durch den Garten machen und sich jeden einzelnen Zwerg vorknöpfen. Vor zwei Jahren hat er dafür sogar einen Bombologen gebraucht. Wer jetzt an etwas Gefährliches denkt, ist im Irrtum. Ein Bombologe ist ein Hummelforscher, der sich mit der Lebensweise dieser Tiere beschäftigt. Damals hatte ein Schwarm Hummeln sich in einem Zwerg eingenistet.
Jedenfalls muss er jetzt sehen, dass die Probleme bei seinen Zwergen wieder in Ordnung kommen. Aber dies versteht man eben nur, wenn man sich schon jahrelang mit dieser umfangreichen Materie beschäftigt hat.
Auch wenn der Stil dieser Geschichten bewusst heiter gehalten ist, soll doch zum Ausdruck gebracht werden, dass jeder Mensch sein eigenes Objekt der Liebe hat. Oft sind es Menschen, in die wir uns verlieben, manchmal auch ein schönes Paar Schuhe, ein Oldtimer, eine Sammlung von Bonsai-Bäumchen oder was auch immer. Wen oder was wir lieben ist eine sehr individuelle Entscheidung. Nicht auszudenken, wenn alle sich auf das gleiche Objekt der Liebe stürzen würden. Stellen sie sich einfach vor, alle Männer verlieben sich in dieselbe Frau - oder – alle Frauen verlieben sich in denselben Mann. Wenn Sie jetzt noch daran denken, dass dies Ihr Partner wäre, dann ist Ihnen wahrscheinlich auch lieber, wenn jeder Mensch sich jemanden oder etwas zu lieben aussucht. Oder?
Die Nummer 1 – Der Kleingartenverein
Ganz am Anfang des Berges, auf Nummer 1, residierte früher der Kleingärtnerverband. Seine Adresse ist zwar noch immer Wahnsinnsstraße 1, aber es scheint dort niemand mehr zu wohnen.
Dieser Verband war ursprünglich ein Sparverein, der die Gartenbesitzer in der Umgebung einte und dem im Laufe der Jahre die Mitglieder abhandenkamen. Die Erben der ursprünglichen Grundstücksbesitzer verkauften die Grundstücke und die neuen Besitzer waren an diesem Vereinsleben nicht mehr interessiert. Daher sieht man dort auch nur selten jemanden hineingehen, höchstens wenn das Wasser oder der Strom abgelesen wird. Dennoch ist diese Adresse für die Bewohner der Wahnsinnsstraße von grundlegender Bedeutung.
Dieser Verein verfügt auf der Straße über eine Art von Schaukasten, der nur mit einem Häkchen geschlossen ist. Dadurch kann ihn jeder öffnen und wieder schließen. Wie man gut sehen kann, wird der Kasten langsam von den Bäumen und Sträuchern verschlungen, aber noch sieht man ihn und er ist auch noch in Betrieb.
Wenn nun der Briefträger etwas für Bewohner dieser Straße hat, so ist er nur selten bereit, den ganzen Berg hochzustapfen, überhaupt wenn er an diesem Tag schon reichlich unterwegs getankt hat. Selten ist sein Pegel unter einem Promille und dies sind dann die Tage, an denen man sagen kann, dass er nüchtern ist.
Besagter Postbote deponiert die Schriftstücke in diesem Schaukasten. Dabei achtet er auch genau darauf, wem diese Post gehört. Bei einigen wenigen Adressen gibt es wunderbare Schnäpse – als Entlohnung für seine Mühen – und die lässt er sich natürlich nicht entgehen.
Jeder der in der Straße wohnt, bleibt bei diesem Schaukasten stehen um zu sehen, ob für ihn oder sie Post dabei wäre. Die fremde Post wandert danach wieder in den Kasten. Dabei bekommen die Menschen natürlich – zufällig – auch mit, wer welche Post von wem bekommt. Da hat man dann schon etwas zu plauschen, wenn man mit dem Nachbarn mal ins Reden kommt. „Das Grundstück vom Gruber wird wahrscheinlich bald zu haben sein, der hat in diesem Monat schon eine zweite Mahnung bekommen, der packt es nicht mehr lang.“ Wenn dem Gruber nicht seine Außenstände Schwierigkeiten bereiten, so tun es bald die Gerüchte, die er nicht in den Griff bekommt. So ist es dann auch keine Überraschung, dass er ein Jahr später verkaufen muss.
Das Grundstück des Kleingartenvereins sieht inzwischen ziemlich verwildert aus, weswegen es auch nicht zu unserem Spiel gehört. Eigentlich ist hier nur der Schaukasten von Bedeutung.
STOP – kurze Unterbrechung – die Wahlmöglichkeit
Dieses E-Book bietet Ihnen zwei Möglichkeiten. An dieser Stelle steht nun Ihre Entscheidung an, wie Sie dieses Werk genießen möchten.
Die erste Möglichkeit besteht darin, es einfach zu lesen und sich daran zu erfreuen. Falls dies Ihren Vorstellungen am meisten entspricht, dann lesen Sie einfach weiter.
Die zweite Möglichkeit, die hier geboten wird, ist eine Premiere. Sie können dieses E-Book auch als Spiel konsumieren. Das Spiel ist ab zwei Personen möglich, wobei auch mehrere Spieler teilnehmen können – es gibt also keine Begrenzung. Alleine zu spielen macht freilich nicht so viel Spaß.
Für dieses Spiel gibt es bestimmte Regeln, die weiter hinten (siehe Inhaltsverzeichnis – das Spiel) genau beschrieben werden. Sie benötigen dazu nur Papier und Schreibzeug, aber keine sonstigen Utensilien. Ein bisschen Zeit wäre allerdings schon fein.