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nicht mehr ausgegangen, es war an der Zeit, mal wieder das Tanzbein zu schwingen.

      "Also, was ist das für ein neuer Club, in den du mich da locken möchtest?", fragte Lara. "Du sagtest, man könne dort auch tanzen. Ich hoffe, das ist nicht nur ein Alibi und die Bude ist in Wirklichkeit so ein rotlichtiges Dingsbums. Du weißt, ich bin nicht prüde, aber ich bin mit Nick zusammen."

      "Herzchen, jetzt krieg dich bitte wieder ein!" Nancy musste lachen, weil Lara sich schon wieder übertrieben viele Gedanken machte. "Ich erkläre es dir: Ja, es ist ein Tanzclub. Und ja, man kann da, außer Tanzen, noch viele andere schöne Dinge tun!"

      "Die da wären?"

      "Cocktails trinken, sich amüsieren, schöne Menschen sehen ..."

      "Also doch einer deiner Fick-Schuppen", nölte Lara etwas gehässig. "Du weißt doch, dass ich mich für solcherlei Locations wenig begeistern kann!"

      Aber Nancy ließ sich nicht von ihrer guten Laune abbringen und sagte: "Bis nachher, Honey, lass dich überraschen!"

      Dann legte sie mit einem lauten Lachen auf.

      Nach wie vor hatte Lara keine Lust, wegzugehen. Andererseits hatte sie sich schon ein paar Mal bei dem Gedanken ertappt, wie bequem sie geworden war. Seit sie mit Nick zusammen war, ging sie abends kaum noch vor die Tür. Stattdessen schauten sie gemeinsam fern. Und es war ja auch nicht so, dass sie das nicht gern tat – sie liebte entspannte TV-Abende zu zweit mit leckerem Wein und schönem Essen – sie und Nick nah aneinander gekuschelt. Schon oft musste sie sich von Nancy deswegen Vorwürfe gefallen lassen, von wegen sie würde zuhause versauern. Aber so lange Lara es nicht ebenso empfand, gab es keinen Grund, irgendetwas an diesem Umstand zu ändern. Sie schaute aus ihrem Fenster, die Stadt roch nach Flieder und Liebe – also weshalb um alles in der Welt sollte sie zuhause glucken und sich grauhaarig ärgern, nur weil ein gewisser Mr. O’Mara der Meinung war, sich nicht bei ihr melden zu müssen? Sie summte Cindy Laupers 'Girls Just Want To Have Fun' vor sich hin und schnippte den Bilderrahmen, der vor ihr auf der Fensterbank stand und Nick bei einem Segeltörn an der Ostküste zeigte, mit einer raschen Handbewegung um.

      2. Kapitel

      "Da bist du ja endlich! Was hat denn da wieder so lange gedauert? Musstest du deine Klamotten erst noch nähen oder was?" Nancy warf Lara einen genervten Blick zu, als sie ins Auto stieg. "Herzchen, wenn ich sage, Mitternacht, dann meine ich Mitternacht! Und nicht gefühlte zwei Stunden später. Jetzt ist es schon wieder zwanzig Minuten nach! Musst du immer so bummeln? Wir stehen auf der VIP-Liste, da müssen wir pünktlich sein."

      Nancy hatte Lara von zuhause abgeholt. Das tat sie allein schon deshalb, weil sie genau wusste, dass sie sich ansonsten wieder rausreden würde. "Nichts da, keine faulen Ausreden", hatte sie gesagt, "du kommst gefälligst mit. Kneifen kannst du ein anderes Mal". Wenigstens war Nancy trotz ihres Gemeckers aufgefallen, dass Lara all ihre Anweisungen befolgt und sich außerordentlich hübsch gemacht hatte. Sie trug ein schwarzes, figurbetontes Kleid und ihre Pumps mit den goldenen Sternchen, die Nick ihr von einer seiner Geschäftsreisen mitgebracht hatte.

      Ihr langes Haar hatte sie geflochten, seitlich lugten ein paar Strähnen hervor, die ihre hohen Wangenknochen umschmeichelten. Ihre Augen hatte sie mit Kajal umrandet und auf den Lippen trug sie dezenten Lippenstift. Sie mochte es nicht, wenn sie aussah, als sei sie in einen Tuschkasten gefallen. Lara schminkte sich stets nach dem Entweder-Oder-Prinzip. Wenn sie die Lippen betonte, verzichtete sie auf auffälliges Augen-Make-up und andersrum. Abgesehen von Nancy, die sich je nach Tageslaune auch schon mal nach der Devise schminkte, viel hilft viel.

      Obwohl die beiden Freundinnen nicht unterschiedlicher hätten sein können, verstanden sie einander blind und passten, wie Nancy es in ihrer süffisanten Art auszudrücken pflegte, "wie Arsch auf Eimer" zusammen.

      "Hey, du siehst ja verschärft aus!", sagte Nancy. "Für das Outfit brauchst du einen Waffenschein!"

      Gutgelaunt machten sie sich in Nancys Firmenwagen auf den Weg ins "Lovelight" - dem angeblich heißesten Geheimtipp der Stadt.

      "Du meine Güte! Willst du mich veräppeln?", kreischte Lara, als sie auf das Privatgelände rollten. "Ich glaube kaum, dass ich da rein möchte!"

      Lara verdrehte die Augen. Schon als sie im Schritttempo durch das große gusseiserne Tor fuhren, traf sie fast der Schlag, als links und rechts an ihrem Wagen halbnackte Menschen vorbeischlenderten. Männer mit freien Oberkörpern und nur in engen Hosen bekleidet, halbnackte Frauen, die nichts bis auf ein Netzkleid trugen – Lara stand der Schock ins Gesicht geschrieben. "Hör mal, Nancy, die Rede war von einem Tanzclub. Und du sagtest, ich solle mich sexy anziehen, aber hier rennen lauter Nackte rum! Ich fühle mich unwohl bei der Sache, ich glaub`, ich will heim!"

      "Du spinnst wohl, kommt nicht in Frage!", sagte Nancy im Ton einer Gouvernante, "du kommst gefälligst mit und schaust es dir an! Wenn’s dir nicht gefällt, kannst du dir ja immer noch ein Taxi rufen. Ich zahle das gern, aber ich garantiere dir, das wird nicht von Nöten sein. Vertrau mir!"

      Lara machte ein genervtes Gesicht, das sich auch nicht entspannte, als sie sah, während Nancy den SUV in eine der letzten freien Parklücken bugsierte, wie eine Frau ihrer halbnackten Begleitung eine Hundeleine um den Hals legte. Jesus Maria, sagte sie zu sich selbst und verdrehte abermals die Augen, wohin hat diese Irre mich diesmal nur wieder geschleppt?

      Vor dem Club stand eine fünfzig Meter lange Schlange Halbnackter. Lara schaute auf gepiercte Brüste, tätowierte Oberkörper und Hintern in knallengen Jeans. Was sie zusätzlich irritierte war, dass alles an Körpern vertreten war, was die Natur zu bieten hatte. Sie sah also nicht nur schöne, schlanke und junge Menschen, sondern auch jene, die in die Jahre gekommen waren. Und sie alle wirkten gelassen und selbstbewusst. Sie sah Herren mit dicken Bäuchen und Haarkranz und "Old Ladys" an der Seite von Toy-Boys, die vom Alter her ihre Enkel sein konnten. Widerwillig stakste Lara Nancy, die forschen Schrittes an der Schlange vorbeilief und direkt den Türsteher anvisierte, hinterher.

      "Hey, Mike, schön dich zu sehen." Ihre Stimme wechselte in einen dominanten, aber dennoch bezirzenden Ton. "Ich habe eine neue Spielgefährtin mitgebracht!"

      Lara ignorierte Nancys Worte, obschon sie ihr am liebsten einen Vogel gezeigt hätte. Unbeeindruckt schaute sie zu Boden, als der Türsteher plötzlich an sie herantrat, und seine Hand unter ihr Kinn legte, um es leicht anzuheben und ihr prüfend in die Augen zu schauen. Laras Herz begann augenblicklich in ihrer Brust herumzuhüpfen, weil dieser Hüne seinen Blick nicht von ihr abwendete. Normalerweise ließ sie sich von Fremden nicht berühren, aber jetzt stand sie wie ein Schulmädchen da und wusste nicht, was sie tun sollte, während Mike seine große Hand unter ihrem Kinn hatte und ungefragt mit seinem Daumen über ihre Oberlippe fuhr.

      "Wer so hübsch ist, sollte den Kopf nicht hängenlassen!", sagte er und lächelte.

      Lara presste ein gequältes Grinsen hervor, auch wenn sie das Gefühl hatte, dass dieser Türsteher sie mit seinen Blicken förmlich auszog. Dann widmete er seine Aufmerksamkeit wieder Nancy. Die beiden wirkten vertraut, fast schon zu vertraut, wie Lara sich des Gefühls nicht erwehren konnte. Und ehe sie sich versah, ging dieser Mike vor ihr auf die Knie und küsste Nancys stramme Waden. War das etwa der Typ von dem sie ihr erzählt hatte? Sie ärgerte sich, dass sie Nancy abgewürgt hatte, als sie von diesem "tollen Sklaven" Bericht erstatteten wollte. Und das nur, weil Nick zuhause war und Lara befürchtete, er würde mithören und wieder Sprüche machen.

      "Ist das dein Sklave?", fragte Lara. Doch anstatt zu antworten, schob Nancy sie in den Vorraum des "Lovelights", in dem der nächste Schock bereits lauern sollte.

      "Lara darf ich vorstellen: das ist Janine, sie ist verantwortlich für die Türpolitik", sagte Nancy und gab Janine einen Kuss auf die Wange.

      Sie standen in einem halbdunklen Raum mit hohen Decken. In den Ecken hingen rote Lampen, auf den Stehtischen, gleich hinter dem Eingang, lagen Ketten, seitlich befand sich eine Garderobe, daneben war ein Vorhang, durch den spärliches Licht und Bässe drangen. Die Garderobiere, eine hübsche Frau in einem Blumen-Overall und hellblonden, hochgesteckten Haaren, sah Lara an und lächelte.

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