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      Ernst Tegethoff

      Französische Volksmärchen in deutscher Sprache - 583 Seiten

      Eine eindrucksvolle Märchensammlung vom 12. bis zum 18. Jahrhundert (vom Mittelalter bis zum Ausgang des Rokoko)!

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

       Kapitel 13

       Kapitel 14

       Impressum neobooks

      Kapitel 1

      Einleitung

       Geschichte des französischen Märchens

       Die Kultur des Abendlandes, welche heute rettungslos

       und müde wie ein welker Greis zu Grabe sinkt, erinnert

       sich gern ihrer Kindheitstage, die goldumstrahlt

       wie die Gletscher bei Sonnenuntergang in das hereinbrechende

       Dunkel herüberleuchten. Die Völker des

       Abendlandes hatten eine wilde Knabenzeit: rauflustig

       und grausam, wie Knaben einmal sind, traten sie auf

       das Welttheater und erledigten mit ein paar Faustschlägen

       die hohl und faul gewordene Antike. Der

       Zweck des Lebens war der Heldensang vom lächelnd

       ertragenen Tod, und jenseits des blutigen Walstattdunstes

       leuchtete der Nachruhm. Diese wilden Burschen

       hörten nicht gern auf die Märchen, welche als

       Schöpfungen abendlicher Abspannung und Ruhe eine

       gleichmäßige Heiterkeit, eine gewisse Müdigkeit der

       Seele und eine unbestimmte Tatenlosigkeit voraussetzen.

       Und dennoch kannten auch die alten Germanen

       eine beträchtliche Anzahl jener Motive, die, aus den

       Anschauungen und Gebräuchen der Urzeit geboren,

       sich je nach der Art der Komposition und Bindung in

       örtlicher und zeitlicher Hinsicht zu Mythus, Sage oder

       Märchen zusammenschlossen. Ja, wir können aus den

       geringen Resten altgermanischer Epik, die uns ein gütiges

       Geschick erhalten hat, auf das Bestehen bereits

       fertiger Märchen im germanischen Altertum schließen.

       Es waren dies solche Märchen, die der Abenteuerlust

       und dem Tatendrang der Zeit entgegenkamen,

       wie das vom Bärensohn, der in die Unterwelt dringt

       und dort eine Jungfrau von einem hütenden Drachen

       befreit; weiterhin solche, die ihren Stoff aus dem Alltagsleben

       dieser wilden Jahrhunderte nahmen: die von

       herrschsüchtigen Frauen und treulosen Ratgebern erzählten,

       wie jenes von der unschuldig verklagten und

       gerichteten Königin, deren Unschuld sich dann doch

       offenbart, von der Braut, die einer falschen weichen

       mußte und dann doch wieder zu ihren Rechten

       kommt, von der trotzigen Jungfrau, die dann doch bezwungen

       wird. Die goldene Ferne lockte, und diese

       wilden Knaben traten aus dem Nebel ihrer Urwälder

       heraus, überschritten den Rhein und wandten sich zu

       den rebenumsäumten Hügeln der Marne und Oise, das

       Reich des Syagrius brach zusammen, und der germanische

       Bauernkönig residierte in Soissons. Doch wurden

       die Unterworfenen milde behandelt, und so kam

       es, daß jede Neigung zu nationalen Gegensätzen im

       Keime erstickt wurde. Frankreich wurde der Brennpunkt

       dieser jungen Kultur. Hier kreuzten sich Einflüsse

       der verschiedensten Art: die Sagen und Märchen

       der Antike lebten in den Trümmern der Römer-

       städte fort, die keltische Urbevölkerung bewahrte ihre

       Erzählungsstoffe, welche, im ewigen Nebel der

       Sümpfe und des Nordseegestades erwachsen, die gigantischen

       und grotesken Formen eines Nebelbildes

       zeigen und zugleich die leise Wehmut und dann wieder

       die ausgelassene Lustigkeit des keltischen Stammes

       mitbringen. Die noch heute in Frankreich fortlebenden

       Geschichten von Midas, von Polyphem und

       von Perseus und Andromeda, von den Sirenen und

       vom Orkus weisen auf die Antike, während die keltische

       Feenwelt weit über Frankreichs Grenzen hinausgedrungen

       ist. Zu dieser Doppelheit kamen als dritter

       Faktor die erobernden Franken, welche, als Träger der

       neuen Kultur berufen, die Dämonen und die Sagen der

       endlosen Wälder ihrer Heimat mit in das sonnige

       Frankreich brachten. Diese drei Bestandteile mischten

       sich zu jenem stark individuell ausgeprägten Gesamtbild,

       das im mittelalterlichen Frankreich der literarischen

       Kultur Europas ihre Eigenart verlieh. Auf neufränkischem

       Boden entstand wahrscheinlich zur Völkerwanderungszeit

      

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