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nichts sagend. Ich lebe alleine, mit Frau und Kindern und in einer Gemeinschaft.

      Wie das geht, werde ich Ihnen ein andermal verraten, jetzt konzentriere ich mich auf den mittleren Teil meiner Antwort: Frau und Kinder.

      Ich bin Vater von unzähligen Kindern. Das ist kein Witz! Ich kann Ihnen nicht einmal genau verraten, wie viele Kinder ich habe, denn sie gehen in die Tausende, Zehntausende, Hunderdtausende, Millionen…

      Zuerst werde ich Ihnen verraten, wie viele Nachkommen ich in die Welt gesetzt habe – nämlich keine!

      Ich kann mir wirklich gerade vorstellen, und dies erfüllt mich Heiterkeit, wie Sie entweder noch dem Drang widerstehen, dieses Buch in die nächste Ecke zu pfeffern, bei all dem Blödsinn, den ich hier von mir gebe. Oder Sie setzen gerade einfach nur den ungläubigsten aller Blicke auf. Natürlich kann ich mir auch sehr gut vorstellen, dass ich Ihnen tierisch auf die Nerven gehe und Sie sich denken: „Ui, wie toll, der will mich mal wieder verwirren.“ Aber nein, das will ich nicht. Es bleibt nur wieder bei der Definition Kind.

      Ich habe keine gezeugt.

      Aber ich weile unter lieb gewonnenen, kleinen Wesen, die mein Haus mit Leben erfüllen.

      Denn da haben wir Furcht, der sich gerne unter dem Bett versteckt, wenn er nicht gerade von Bösartig hervorgezogen und von Wut verprügelt wird. Dann Sitzen neben mir meine kleinen Liebe, Neid und Interesse, die sich meine Geschichten ansehen und sie aufmerksam verfolgen. Liebe, weil sie meine Gefühle nicht verletzen will und ihr letztes Hemd für mich geben – ja – sich sogar für mich opfern würde; Neid, weil er immer auf ihren guten Draht zu mir eifersüchtig ist und Interesse, weil er meine Geschichten sehr interessant findet – wer hätte das gedacht?

      Meine beiden Frauen und ich haben je ein Lieblingskind.

      Fortuna mag Erleichterung am liebsten, weil sie oft über die Geschichte springt, wenn ihre Gabe des Glücks eine Situation gerettet hat. Am zweitliebsten mag sie dann Fröhlichkeit, die meistens folgt.

      Miseria mag Verzweiflung am liebsten, weil sie das Kind am besten quälen kann! Danach kommen Unmut, Trostlosigkeit und Hass.

      Meine Lieblinge sind Aufregung, Spontaneität und Überraschung, weil sie eine Geschichte am Leben erhalten.

      Aber es ist trotz allem nicht leicht, all diesen Kindern in Zaum zu halten, weil sie alle bevorzugt behandelt werden und diejenigen sein wollen, die in meinen Erzählungen und erfundenen Welten am meisten wirken dürfen.

      Außer Furcht, den ich immer erst suchen muss, wenn ich mal will, dass er sich mit einbringt.

      Oder Zurückhaltung, der alle anderen erstmal vorlässt und selbst erst abwartet, was dann passiert. Oder auch Gleichgültigkeit, der sich gar nicht für meine Geschichten interessiert.

      Dann haben wir noch ein paar Kinder, die sich von den Eigenschaften unterscheiden.

      Wenn Frühling sich mal blicken lässt, wird mir immer ganz warm ums Herz, allerdings findet Miseria dann Nacht und Winter am besten, wobei Fortuna Morgenrot und Sommer bevorzugt.

      Und wenn die Zeiten sich dann verziehen, erscheint des Öfteren Krieg bei mir und beschwert sich, dass es ihn so selten gibt, wobei ich ihn dann immer und immer wieder darauf hinweise, dass er wohl derjenige ist, der in fast jeder Geschichte vorkommt und das meist nicht nur einmal. Denn was könnte einen Helden in Geschichten heller erstrahlen lassen, als seinen heroischen Kampfgeist, der jedes Hindernis zu überwinden weiß. Und bei welchen Gelegenheiten kann man diesen sehr gut darstellen? Na klar, in einer alles entscheidenden, epischen Schlacht um Gut und Böse!

      Ja, das sind unsere Kinder und sie spielen und zanken miteinander und immer wieder einmal schnappt man sich dann eines von ihnen und wirft es in seine Geschichten hinein. Meistens nicht die Eigenart, Zeit oder das Geschehnis, das man gerade anwenden wollte, aber eben zur Hand hat. Das hat dann zur Folge, dass die Geschichte sich irgendwann von selbst erzählt.

      Ich hoffe, Sie habe diese kleine Anekdote so verstanden, wie ich sie Ihnen übermitteln wollte.

      Wenn man es so sieht, sind dann natürlich meine anderen Kinder die Figuren einer jeden Geschichte. Demnach hätte ich dann schon bestimmt an die Milliarden. Ein geradezu erschreckender Gedanke. Wie soll ich das bloß meinem Kind Geiz erzählen, das mich immer wieder wütend anschreit, wenn ich es von seinen Lieblingsbruder Vermögen trennen muss, weil Scheidung und Alleinerziehend mich bei Unterhalt verpetzt haben?

      10. Der unverzeihliche Fehler

      Diese Schmerzen!

      diese verdammten, ungerechten Schmerzen, die ihn jeden frischen Tag aufs Neue quälten. Sie durchbohrten seinen Rücken und seine Brust wie glühende Dolche, die sich in seinem Fleisch verhakten!

      Er hasste es!

      Oh, wie sehr er es hasste!

      Und er verfluchte seine Unfähigkeit, in Situationen, die Selbstbeherrschung erforderte, Ruhe zu bewahren.

      Sein loses Mundwerk brachte ihm nur Schwierigkeiten ein. Doch konnte er die Klappe halten? Nein, natürlich nicht!

      Und mehr noch als sich selbst hasste er Satan und seinen treuen Handlanger Chutriel, die strenge, grausame, rechte Hand des Höllenfürsten.

      Chutriel, das sadistische Gehirn Satans, arbeitete an immer ausgefeilteren Methoden, seine Opfer zu quälen und zu demütigen.

      Er hielt Mephisto in Gefangenschaft, der wie jeden beginnenden Tag gefesselt an seinen Ketten hing, kniend auf dem harten Steinboden des Schlosskerkers, sodass die Haut am Berührpunkt zu den kalten Fliesen rot gescheuert war und der Knochen darunter sich anfühlte, als würde er sich allmählich selbst zermalmen!

      Ja, Teufel konnten Schmerzen spüren!

      Und manchmal wünschte sich der junge Teufel nichts sehnlicher, als wenn dieser Makel – diese einzige Schwäche – nicht bestehen würde. Doch er machte sich nichts vor, dies würde nicht geschehen. Und es hatte einen Grund.

      Dem Höllenfürsten und seinem Bestrafer musste die Möglichkeit offen stehen, Ungehorsame und Tölpelhafte in die Schranken zu weißen. Und wenn nicht durch höchst grausame Qualen, wie denn dann? Man konnte den Teufeln nichts wegnehmen und in deren Seele den Wahn und das Leid einzupflanzen war nicht Chutriels Aufgabe, sondern Mephistos. Und dieser würde sich wohl kaum selbst bestrafen – zumindest nicht in dieser Weise.

      „Komm steh auf, es wartet eine Aufgabe auf dich!“

      Mephisto sah erschrocken auf. Wieder einmal war Chutriel erschienen, genau in jenen Moment, da er in seinen Gedanken vertieft gewesen war. Und es folgte der so verhasste Tag, der für den zukünftige Höllenfürsten wie eh und je schlecht begann.

      So wie meistens!

      So wie immer!

      Auch wenn er sich jedes Mal freute, wenn die Nacht vorbei war und er sich endlich wieder bewegen konnte, so erschöpfte ihn die Tatsache, dass er seit Jahrhunderten kein Auge zugetan hatte.

      „Gefällt es dir, Chutriel?“, begann er mit Verbitterung in der Stimme und Hass im Gesicht.

      Der angesprochene Dämon, der sich schon am Hinausgehen befunden hatte, blieb stehen und wandte sich mit einem erstaunten Gesicht um. „Was?“, fragte er argwöhnisch.

      „Gefällt dir deine Aufgabe hier?“

      Der achtsamen Miene folgte ein hämisches Lächeln. „Selbstverständlich, was denkst du denn? Auch wenn es von Anfang an nicht so gewesen wäre, würde ich es nach etwa tausend Jahren wohl gelernt haben zu lieben. Allerdings war das nicht nötig!“ Mit einer fiesen Grimasse fügte er hinzu: „Ich mochte es von Anfang an!“

      

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