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die dritte Möglichkeit entschieden.«

      Cridan lachte leise. »Unübersehbar, ja. Hättet Ihr eine andere Möglichkeit vorgezogen?«

      Mert starrte auf den Becher in seinen Fingern und leerte ihn mit schnellen Schlucken. Ungefragt schenkte Cridan ihm nach, und Mert stürzte auch den zweiten Becher in sich hinein, ohne abzusetzen.

      »Hattet Ihr keine vierte Möglichkeit?« Die Worte kamen hastig, abgehackt.

      Cridan dachte einen Moment lang nach.

      »Keine, die ich auf die Schnelle gesehen hätte«, gab er dann zu. »Fällt Euch eine ein?«

      »Nein«, gestand Mert. Er griff nach dem Krug, füllte seinen Becher und hob ihn an die Lippen. Doch er trank nicht, sondern setzte ihn unvermittelt wieder ab, und die Worte brachen nur so aus ihm heraus:

      »Aber das macht es nicht besser, verdammt noch mal! Erst entgehe ich dieser Gruppe Halsabschneider nur um Haaresbreite, und dann das! Anstatt Euch in einem verlassenen Lagerhaus abzuholen, stehe ich plötzlich inmitten von lauter Leichen! Und Ihr mittendrin, zwei Schwerter in der Hand und… so!« Er machte eine Geste auf Cridan, setzte den Becher an und trank ihn in einem einzigen Zug aus.

      »Ein Dämon seid Ihr, ein verfluchter Dämon! Jetzt weiß ich, warum sie Euch so nennen!«

      Cridan neigte zustimmend den Kopf, schenkte sich selbst nach und machte eine fragende Geste auf Merts Trinkgefäß. Mert schob ihm wortlos seinen Becher zu, und Cridan füllte ihn ein weiteres Mal.

      Dann lehnte er sich zurück, setzte den Becher auf dem Knie ab und sah Mert aufmerksam an.

      »Ja, ich bin das, was man einen Dämon nennt. Aber wer seid Ihr, Mert?«

      Mert runzelte die Stirn. »Wie meint Ihr das?«

      Cridan lächelte erneut. »Wie ich es gesagt habe. Wer seid Ihr? Welche Rolle spielt Ihr wirklich in dieser ganzen Geschichte? Für einen Handlanger seid Ihr viel zu klug. Ihr habt Angst vor mir, aber Ihr wusstet es bisher zu verstecken. Ihr habt Eure eigene Meinung zu den T'han T'hau und dem Plan, uns nach Gantuigh zurückzuholen, doch Ihr verbergt sie gut.«

      Er beugte sich leicht vor. »Ihr wart erschrocken, heute Nacht im Lagerhaus, ja, aber Ihr habt Euch sehr schnell wieder zusammengerissen. Ihr wusstet, was von Euch erwartet wurde, und Ihr wart in der Lage, Euer Entsetzen zumindest für eine Weile zu ignorieren. Ihr wisst es zu kontrollieren. Wenn ich Euch nicht so provoziert hätte, hätte Eure Fassade vermutlich gehalten.«

      Langsam lehnte er sich wieder zurück.

      »Ich sage es noch einmal: Ihr seid viel zu klug, viel zu gerissen und viel zu beherrscht für einen Handlanger und Laufburschen. Also, Mert, wer seid Ihr wirklich?«

      Mert drehte nachdenklich den Becher in seinen Händen. Dann sah er Cridan an. In seiner Stimme schwang Unsicherheit, aber auch ein klein wenig Trotz.

      »Was werdet Ihr mit mir tun, wenn ich Euch nicht antworte?«

      Cridan schwieg einen Moment.

      »Nun«, er zuckte belustigt die Achseln, »ich kann Euch schlecht kielholen lassen. Auch sehe ich keinen Sinn darin, Euch zu foltern oder zwei Tage lang an den Mast zu binden. Das wäre unüberlegt und dumm. Insofern… Ich werde nichts mit Euch tun, wenn Ihr mir nicht antwortet. Außer Euch jeden Tag aufs Neue zu fragen. Einmal, zweimal, dreimal… So oft, wie es nötig ist, bis Ihr mir antwortet.«

      »Und wenn ich Euch anlüge?«

      Jetzt lachte Cridan.

      »Ich sagte Euch schon: Ihr könnt mich nicht anlügen. Ich spüre es, wenn Eure Worte nicht wahr sind. Aber Ihr könnt es natürlich versuchen.«

      Er stand auf.

      »Ich mache Euch einen Vorschlag zur Güte. Ich werde Euch eine Weile allein lassen und dafür sorgen, dass ich etwas… tauglicher für Eure Gesellschaft bin, und Ihr bleibt so lange hier sitzen und denkt darüber nach, wie viel besser es wäre, mir ehrlich zu antworten.«

      Über Merts Gesicht flog ein gezwungenes Lächeln.

      »Ich werde Euer Angebot überdenken. Nun gut, angenommen, wir lassen das mit dem Lügen sein. Erlaubt mir eine Gegenfrage: Warum wollt Ihr das überhaupt wissen?«

      Cridan hob die Schultern.

      »Ich bin neugierig«, entgegnete er fast beiläufig. »Und ich habe noch eine Menge Fragen mehr. Was immer Ihr mir sagen könnt über Gantuigh, es ist möglicherweise wertvoll für mich. Vergesst nicht: Ich weiß noch immer nicht, ob wir vielleicht nur in eine geschickt gestellte Falle laufen.«

      Mert schüttelte den Kopf. »Das tut Ihr nicht. Und wenn doch, dann ist es eine, von der ich nichts weiß.«

      Cridan lächelte.

      »Das klingt nach einem guten Anfang. Hier«, er schob Mert den Krug zu. »Aber lasst mir etwas übrig.«

      Ohne ein weiteres Wort stellte er seinen Becher ab, drehte sich um und ging zurück an Deck.

      Tiko sah ihm stirnrunzelnd dabei zu, wie er den Waffengurt löste und ihn gemeinsam mit den Stiefeln sorgfältig in einer Ecke verstaute, so dass er nicht von Bord rutschen konnte.

      »Was hast du vor?«

      Cridan wies mit einer Geste auf sich selbst: »Mert hat Recht – ich sehe fürchterlich aus. Und vermutlich rieche ich auch nicht besonders angenehm. Also werde ich mir ein Bad gönnen und meine Kleider waschen, zumindest so gut es geht. Hast du irgendwo ein Netz gesehen?«

      »Unter dir«, nickte Tiko und wies auf die Klappe zu Cridans Füßen. »Da liegen ein paar davon.«

      Cridan zog sich aus, holte ein Netz heraus und legte seine Kleidung hinein, bevor er es an ein Seil band und hinter dem Schiff ins Wasser warf. Das Seil machte er an der Reling fest und prüfte den Knoten zweimal. Danach bückte er sich wieder in die Abseite und holte einen der Eimer heraus, die ebenfalls dort verstaut waren. Mit Hilfe eines weiteren Seils ließ er den Eimer vom Vorschiff aus an der Backbordseite des Schiffes ins Meer gleiten und zog ihn, sowie er sich gefüllt hatte, wieder nach oben.

      Breitbeinig stellte er sich in den Bug, packte den Eimer mit beiden Händen und leerte ihn über seinem Kopf aus.

      Der dicke Schwall Meerwasser lief über seine Schuppen, brannte in dem Schnitt auf seinem Oberarm und weichte alles Blut, die Krusten und anderen Reste des Kampfes auf, die auf seinem Panzer klebten. Unwillkürlich entrang sich Cridan ein halblautes, erleichtertes Grunzen.

      »Kalt?« rief Tiko mit gutmütigem Spott zu ihm hinüber.

      Cridan schüttelte sich, dass die Tropfen nur so flogen.

      »Nein«, gab er zurück. »Salzig!«

      Tiko lachte, während Cridan den Eimer zum zweiten Mal ins Wasser hinabließ.

      Es brauchte eine Weile und fast ein Dutzend Eimer voll Meerwasser, bis auch der letzte Rest Blut von Cridans Panzer verschwunden war und die Schuppen wieder in ihrem alten Glanz schimmerten.

      Einen Moment lang blieb er reglos stehen, schloss die Augen und genoss das Gefühl des Sonnenlichts und des Winds auf seiner Haut, dann bückte er sich, hob Seil und Eimer auf und packte beides wieder in die Abseite.

      »Willst du so hinuntergehen?« fragte Tiko. Über seinem Nasenrücken stand eine steile Falte.

      »Eigentlich schon«, erwiderte Cridan. »Bis meine Kleider wieder sauber sind, wird es noch eine Weile dauern. Darauf will ich nicht warten. Man soll das Eisen schmieden, so lange es heiß ist.«

      »Meinetwegen«, entgegnete Tiko. »Aber zieh dir etwas an. Mert hat schon genug Angst vor dir.«

      »Und du meinst, nackt bin ich noch furchteinflößender?«

      Tiko schenkte ihm einen kurzen Blick.

      »Ja«, antwortete er knapp. »Also zieh dir was an.«

      »Und was, wenn ich fragen darf?« gab Cridan süffisant zurück. »Ich

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